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Wernievergibt

Wernievergibt

Titel: Wernievergibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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Boden schlurten. Sie trugen Röcke und Kopftücher.
    »Was meinen Sie?«
    »Man kolportiert, dass Clara Persona non grata geworden ist«, legte ich nach. Juliane hockte unbeteiligt neben Isolde. Sie schonte sich für den entscheidenden Schlag.
    »Das halte ich für übertrieben«, sagte Isolde nur.
    »Gibt es nicht bereits böses Blut?«
    »Das ist nichts, was die Öffentlichkeit angeht. Unsere Kinder, die Begabtesten unter ihnen, sind sehr auf eine Förderung angewiesen. Sie wissen, wie es in Georgien steht. Die wenigsten Menschen können sich Privatunterricht leisten. Es reicht oft nicht für das Nötigste.«
    Ich wollte fragen, wer eigentlich all die BMWs und anderen Monsterkarossen fuhr, die die Straßen der Hauptstadt zu potenziellen Todesfallen machten.
    »Warum finden Sie keine betuchten Spender in Georgien?«
    »So verstehen Sie doch: Wir sind ein deutscher Chor!« Isolde stand auf. Ihre Lippen so schmal, dass sie in ihrem Gesicht zu verschwinden drohten. Ein Mensch ohne Mund.
    »Ist man in Balnuri verärgert, weil Clara den Chor bisher nicht nach Deutschland eingeladen hat?«
    »Alles ist so kompliziert. Allein die Visa für die Kinder zu besorgen«, Isolde winkte ab. »Lassen Sie uns gehen.«
    »Wie geht es dem Chor finanziell?«, fragte ich.
    »Gut. Wir können uns keine großen Sprünge leisten; für das Alltägliche reicht es.«
    »Dank Clara?«, fragte Juliane sanft.
    »Dank Clara. Ja.«
    »Singt Ihr Sohn auch im Chor?«
    Ich starrte Juliane verdutzt an. Wir schlenderten zum Ausgang. Auf dem Vorplatz fielen die Windböen über uns her.
    »Nein. Tedo ist sehr begabt am Klavier.« Wenn Isolde sich über Julianes Frage wunderte, dann gab sie es nicht zu erkennen.
    »Er ist noch recht klein, oder?«
    »Fünf Jahre.«
    »Und schon solch ein Interesse an Musik!« Juliane schüttelte in ungläubiger Bewunderung den Kopf.
    »Nur wer früh an die Musik herangeführt wird, kann eine Karriere aufbauen.«
    »Wünschen Sie sich das für Ihren Sohn?«
    »Natürlich. Als Mutter wäre es für mich die größte Genugtuung.«
    »Haben Sie einen Sponsor für Ihr Kind?« Der Wind richtete Julianes raspelkurzes Haar senkrecht auf.
    »Mein Mann und ich stemmen das allein. Leider haben meine Eltern auf musikalische Förderung bei mir nicht so viel Wert gelegt.«
    »Sie sind doch auch sehr erfolgreich«, wandte Juliane zuckersüß ein.
    »Sicher. Der Chor ist mein Leben. Ich gebe außerdem Klavierstunden. Als Chorleiterin verdiene ich keinen Lari.«
    »Wie das – sind Sie nicht angestellt?«, platzte ich heraus.
    »Liebe Frau Laverde!« Isolde drehte sich zu mir um. »Setzen Sie sich einmal mit den Bedingungen in diesem Land auseinander. Der Chor lebt von der Allgemeinheit, die ihn ideell unterstützt, und der Großzügigkeit einiger weniger. Mittel für ein Gehalt haben wir nicht. Das ist reines Ehrenamt. Es macht mich stolz, diesen Chor zu leiten. Verstehen Sie?«
    Wir trabten die Stufen hinunter zum Tor. Ich ließ die Schultern hängen. Das Gespräch hatte ich vermurkst.
    Am Teich hingen ein paar Kinder herum und bewarfen die Schwäne mit Steinen.
    »Dumm für den Chor, dass Mira sich abgesetzt hat«, sagte Juliane zu mir. »Sie hätte darüber berichtet.«
    Isolde stolperte und hielt sich an mir fest.
    »Sie haben Mira nach dem Palmsonntagskonzert eingeladen, mit ins Restaurant zu gehen. Wollte sie über den Auftritt schreiben?«, insistierte Juliane.
    Ich sah zu ihr hinüber. Ihre Kreolen schaukelten und blitzten in der Sonne.
    »Ich hatte ihre Zusage. Aber dann ist sie nicht wieder aufgetaucht.«
    »Und nun sind wir da.« Juliane lächelte breit.
    Schweigend traten wir durch das Tor auf den Parkplatz. Das Taxi wartete. Isolde ließ uns einsteigen und reichte dem Fahrer ein paar Scheine.
    »Sie werden ins Hotel gebracht«, sagte sie. »Ich habe hier noch etwas zu erledigen.«
     
    »Ich hab’s versaubeutelt«, sagte ich zerknirscht, während das Taxi sich durch den Verkehr fraß und den Hang hinunter auf den Fluss zusteuerte.
    »Im Gegenteil.« Juliane gluckste vor Lachen. »Du hast die Wahrheit aus ihr rausgekitzelt.«
    »Welche Wahrheit?«, fragte ich sauer. »Und wollte Isolde uns nicht ins Restaurant ausführen? Mir hängt der Magen auf halb acht.«
    Juliane beugte sich vor und sprach mit dem Fahrer. Nach einer kurzen Debatte wendete er mitten auf der Brücke unter dem Protest der anderen Verkehrsteilnehmer.
    »Was hast du ihm gesagt?«
    »Dass wir ein nettes Restaurant mit Blick auf die Stadt suchen.«
    »Er

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