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Werther, der Werwolf - Roman

Titel: Werther, der Werwolf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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ihm anerzogenen Respekt fahren lassen, in Lottes Stube stürzen und sie zur Rede stellen.Wie der erste beste Gehörnte wollte, mußte er erfahren, was mitWerthern gewesen und wievielAnteil Lotte selbst an dem Geschehen gehabt. Doch er bezwang sich, der Nüchterne in ihm gewann die Oberhand.Wenn dieAlte wahr gesprochen, würde er sich heute nacht anWerther rächen, wenn nicht, so erlegte er zumindest einen gefährlichenWolf. In beiden Fällen war die Sache ausgestanden, er würde zu Lotte gehen, ihr berichten und an ihren Mienen ablesen, was es ihr bedeutete, daß der Hausfreund nimmer wiederkehren würde.Albert versicherte sich, dies sei die beste Lösung, erst zu handeln und danach zu fragen.
    Von niemandem im Haus bemerkt, ging er auf seine Stube, legte sich in Montur aufs Bett und wartete die Stunde ab, da er erneut aufbrechen konnte. Die Kugeln aber, das geheimnisvolle Geschenk, tat er sichtbar bereit und warf immer wieder einen Blick auf sie. Silberkugeln! man hatte schon davon gehört, daß ein Mittel wie dies dazu geeignet sei, Kreaturen, die über außernatürlichen Schutz verfügten, unschädlich zu machen.Albert sank in Halbschlaf und träumte, wie die drei Kugeln inWerthers Herz sich bohren würden. Da lächelteAlbert im Schlaf.

Abend.
    Ich will, besterWilhelm, den Ritus würdig begehen, will bereit, gewappnet sein, bin ich ja öfter in den fremden Körper schon hineingezwungen worden und als der alteWerther bald darauf wiedererwacht. Ich habe während derVerwandlungen manches Beinkleid zerschlissen, zwei gute Röcke zerfetzt, hab einige Stiefel imWald verloren, die derWolf fortspringend mitgeschleppt. Damit ist es ab heute ein Ende, in Reinheit bin ich gewillt, in dasAndere einzugehen. Kaum daß die Sonne hinter den Kamm getaucht und dieWelt blau ward, legte ich meine Kleider ab, tat sie sorgfältig zusammen und verstaute sie im Schrank. Um mein Haus ist nun alles grau,Wilhelm, jetzt wird das Licht der Luft entzogen, jetzt dunkelt’s und nichts ist draußen als die große Mutter Natur. Ich hoffte und hoffe weiter, der gute Graf von W . möge kommen und mich durch die Nacht der Nächte leiten; noch zeigte er sich nicht. Mein Nero ist wie stets ruhig, besonnen bleibt er in meiner Nähe, und nichts an ihm zeigt an, daß etwas Unglaubliches,Wunderbares geschehen mag, dieVerwandlung eines Sterblichen in ein urtümlichTier. Ich bin bereit,Wilhelm, und muß auch Dir Lebwohl sagen, ich zweifle, ob ich morgen mit meinen Klauen die Feder noch zu halten vermöchte – dies ist der letzte Brief an Dich.
    Ich bin heiter, glaubst Du’s? in mir ist weder Zweifel nochAngst, ich habe erlitten, was das Schicksal mir zu erleiden aufgegeben, ich habe mich gewehrt, nun nehm ich’s an, willig, glücklich, da ich auch mit Lotten meinen Frieden gemacht. Sie mag meine Zeilen schon bekommen haben, was tut sie? liest sie unterTränen, läuft sie aufgewühlt im Haus umher, versucht gar, mich zu hindern, ist sie unterwegs?AchWilhelm, ich verlier mich schon wieder: so wird’s nicht kommen, anders ist meinWeg beschlossen, nun trete ich ihn an.
    Ich höre Geräusch von ferne, kein vertrautes desWaldes, Störung fürchte ich, muß hinaus, nachsehen. Ist es der Graf? Nein, mehrere Pferde höre, wittre ich, sollte Lotte sich aufgemacht haben, doch warum in Begleitung? Ich muß,Wilhelm, die Zeilen an Dich – muß hinaus, verzeih – vielleicht bleibt später mir noch Zeit, dir zu berichten – –
    O Freund, es ist abscheulich, schrecklich! Ich habe es getan. Ich! nicht der, in den ich verwandelt werden soll! ich habe – ich kann nicht sagen, woher mir die Kräfte zuwuchsen, habe getötet!Albert fiel von meiner Hand! Ich weiß nicht, wie ich – Freund, Freund! ich,Werther, den Du seit langem wertgeschätzt, der Dir den innerstenWinkel seiner Seele anvertraut,Werther hat den Nebenbuhler zuTod gebissen!
    Nun fühle ich, dieVerwandlung naht, ich knurre, die Hand will sich krümmen über dem Papier, Klauen wollen die Feder mir entwinden, Schmerz mir den Sinn umnebeln – ich laß es nicht, noch nicht! muß noch eins, eins muß ich tun! – –
    Ich schieb den Brief an Dich beiseite, etwas anderes muß geschrieben sein, ich setze die Buchstaben mit Bedacht, der Zettel muß sauber ausfallen, soll meinWunsch, die Bitte, der Befehl ausgeführt werden! – –
    Es ist getan, Freund! der Brief abgeschickt, ein Knabe aus dem nächsten Haus hat’s übernommen. Er war nicht argwöhnisch, das Grauen der Nacht schien zu ihm und den

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