Wesen der Nacht
Edgington’s in ein paar Wochen sogar bedauern. Im Augenblick jedoch fiel es mir schwer, überhaupt hinzuhören, was Riley erzählte, während Pepper trotz all ihrer Neugier und Ungeduld fröhlich drauflosplauderte. »S ag bloß, du brauchst das Geld?«
»I ch will nach dem Abschluss ein paar Monate durch die USA reisen.«
»W arum zahlt dein Dad die Reise nicht?«, hakte Pepper nach. »D er hat doch genug Kohle.«
Ich versuchte mich daran zu erinnern, was Rileys Vater für einen Job hatte, aber mir fiel es nicht ein. Wahrscheinlich hatte ich es nie gewusst. Es war mir ja nicht einmal gelungen, ihr überhaupt einen Namen zuzuordnen.
»I ch finde, dass es irgendwie dazugehört, sich die Reise selbst zu verdienen. Erste Schritte ins Leben und so.« Sie zuckte die Schultern. »I ch weiß auch nicht, aber das macht es einfach zu etwas Besonderen– im Gegensatz zu einem ›Trip sponsored by Daddy‹.«
Riley erzählte noch mehr, doch ich wurde abgelenkt, als ich ein Prinzessin in meinem Kopf vernahm. Im Gegensatz zu vorher spürte ich dieses Mal keine eisige Furcht, sondern eine leise, kribbelige Freude. Trotzdem war jetzt nicht der passende Zeitpunkt, um mich mit ihm zu unterhalten.
Später, Cale, übermittelte ich ihm. Ich bin nicht allein und kann jetzt nicht.
Cale sagte nichts, doch ich spürte, wie er sich aus meinem Geist zurückzog, während Pepper bestellte.
»W as nimmst du?«, fragte mich Riley.
»H eiße Schokolade und einen Schokomuffin, bitte.«
Sie nickte und verschwand hinter der rustikalen Theke, nur um kurz darauf mit unserer Bestellung an den Tisch zurückzukommen. »E inmal Schoko, fest und flüssig.« Sie stellte eine große, dampfende Tasse und den Muffin vor mir ab und wandte sich dann Pepper zu. »U nd einmal Schoko und Fisch. Lasst es euch schmecken.«
Sie huschte an einen anderen Tisch, um dort eine Bestellung aufzunehmen und ich starrte auf Peppers Teller. »H eiße Schokolade und ein Lachsbagel? Gleichzeitig? Wie schaffst du das, Peps?«
»A lles eine Frage der Willenskraft«, gab sie ungerührt zurück. »U nd jetzt, bitte, bitte, schieß endlich los, bevor ich noch platze.«
»P latzen? Du? Wer hat sich denn gerade in aller Seelenruhe mit Riley unterhalten?«
»H ey, Beziehungen und Bekanntschaften zu pflegen ist wichtig. Außerdem«, fügte sie hinzu, »h ast du mich jetzt so lange hingehalten, dass es die zwei Minuten auch nicht mehr rausreißen.«
»S agtest du nicht gerade, du würdest gleich platzen?«
Pepper verdrehte die Augen und stöhnte. »O h Mann, erzähl endlich, sonst passiert das wirklich noch!«
Einen Moment lang saß ich da, beobachtete Pepper, wie sie nach ihrer Tasse griff und suchte nach den richtigen Worten. Da ich keine Ahnung hatte, wo– oder wie– ich anfangen sollte, entschied ich mich schließlich dafür, Gus’ Taktik zu übernehmen und einfach mit der Tür ins Haus zu fallen. »E r ist ein Bär.«
»W er? Mr Miller?« Pepper atmete fast ihren Kakao wieder durch die Nasenlöcher aus, so heftig musste sie lachen. Als ich jedoch ernst blieb, stellte sie ihre Tasse auf den Tisch zurück und starrte mich an. »D as war kein Witz, oder?«
Haarklein berichtete ich ihr davon, wie ein riesiger Bär auf mich zugaloppiert war, mich angegriffen und schließlich zu Boden geworfen hatte. Ein Bär, der nach Aftershave gerochen und die Augen eines mir bekannten Menschen gehabt hatte.
Die Leute um uns herum tranken Tee und Kaffee, aßen Kuchen, Bagels und Sandwiches. Ein paar Tische weiter war Riley in ein Gespräch mit einem Gast vertieft. Alles war vollkommen normal. Nur mein Leben schien aus den Fugen geraten zu sein. Um zu sehen, wie sehr, musste ich nur Peppers Miene beobachten, die während meiner Erzählung das gesamte Gefühlsspektrum durchlief. Abwechselnd runzelte sie die Stirn, zog die Augenbrauen hoch oder riss voller Unglauben die Augen auf. Ohne Frage hing sie gebannt an meinen Lippen, nur konnte ich nicht sagen, ob sie lediglich für eine spannende– oder verrückte– Geschichte hielt, was ich ihr erzählte, oder ob sie begriff, was für eine unglaubliche Sache mir passiert war.
Keine von uns beiden rührte ihre Tasse oder das Essen an, bis ich mit meiner Geschichte fertig war– lange bevor Cale ins Spiel kam. Aus irgendeinem Grund, den ich selbst nicht kannte, brachte ich es immer noch nicht über mich, über ihn zu sprechen. Vielleicht musste ich mir selbst erst ganz sicher sein, dass ich nicht verrückt war, bevor ich mein Wissen über
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