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Wesen der Nacht

Wesen der Nacht

Titel: Wesen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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Haus stürmte. Dank des Elektroschockers in meiner Tasche fühlte ich mich sicher genug, um den Schulweg allein zu bewältigen. Selbst mit dem Wissen um das Jenseits kam ich erstaunlich gut klar. Jetzt konnte ich endlich verstehen, warum unsere Familie so war, wie sie nun einmal war. Und das war mir lieber, als weiterhin im Dunkeln zu tappen und mich ständig über all die kleinen Ungereimtheiten meines Lebens zu wundern. Plötzlich leuchtete mir sogar ein, warum Mom sich von Dad getrennt hatte. Dass sie sich immer noch liebten, war offensichtlich. Jetzt jedoch verstand ich, dass sie es getan hatte, um mich zu schützen. Vielleicht auch Trick. Nur, dass der lieber in Dads Fußstapfen zu treten schien, statt sich behüten zu lassen.
    Als ich mein Schließfach erreichte, erwartete mich Pepper bereits.
    »D u hast es echt drauf, die Spannung zu steigern«, empfing sie mich. »M ir einfach auf die Mailbox zu quatschen und mich zu vertrösten, wo du doch genau weißt, wie schlecht ich meinen Wissensdurst kontrollieren kann.«
    Es läutete zum Unterrichtsbeginn. »I ch fürchte, du wirst jetzt erst einmal einen anderen Wissensdurst stillen müssen«, grinste ich und wedelte mit meinen Mathenotizen.
    »D u scheinst den Schock ja schnell verdaut zu haben, so gut gelaunt wie du bist.«
    »O der es ist so viel anderes passiert, dass ich keine Zeit mehr hatte, darüber nachzudenken.« Ich schlug die Schließfachtür zu und wir machten uns auf den Weg zum Klassenzimmer.
    Pepper zog eine Augenbraue hoch. »W ie zum Beispiel, dass du plötzlich in der Lage bist, deine beste Freundin gnadenlos auf die Folter zu spannen?«
    »E ntweder das«, erwiderte ich todernst, »o der andere Dinge, die dein Weltbild für immer verändern werden.«
    »S erena!« Pepper stöhnte. »W ie soll ich jetzt bis zur Pause durchhalten, ohne vor Neugier zu platzen?«
    »I ch fürchte, du wirst es sogar bis nach der Schule aushalten müssen.«
    »W as?!«
    »D as alles ist einfach zu… umfangreich, um es in den Pausen abzuhandeln.«
    »D as ist nicht dein Ernst.«
    Wir hatten das Klassenzimmer erreicht. Ich blieb auf der Schwelle stehen und sah Pepper an. »T odernst.« Dann machte ich kehrt und ging zu meinem Platz.
    Es war Pepper hoch anzurechnen, dass sie den Tag überstand, ohne mich zu erwürgen oder durch Folter zu zwingen, ihr alles sofort und auf der Stelle zu erzählen. Tatsächlich fiel es auch mir nicht leicht, so lange damit zu warten. Aber wenn ich erst einmal anfing, würde ich unmöglich wieder aufhören können, bevor alles raus war. Weil das bedeutet hätte, mehrere Stunden zu schwänzen und Ärger mit der Schule und mitMom zu bekommen, zwang ich mich, die Klappe zu halten.
    Ich wollte nicht riskieren, dass meine oder Peppers Mom etwas von unserem Gespräch aufschnappen konnten, also schlug ich vor, ins Edgington’s zu gehen. Das Edgington’s war ein kleines Café in einer Seitenstraße der Oxford Street, wo man in gemütlichen Sesseln oder auf kleinen Sofas sitzen und stundenlang plaudern konnte. Seit meinem Umzug waren Pepper und ich nicht mehr dort gewesen. Jetzt schien es genau der passende Ort zu sein.
    Als wir den Laden betraten, waren die Tische nicht einmal zur Hälfte besetzt. Die Stimmen der Gäste mischten sich mit der leisen Musik, die aus den Lautsprechern kam. Es roch nach Kaffee und frischem Gebäck und die Luft war dank der großen Deckenventilatoren im Vergleich zu draußen angenehm kühl.
    Wir verzogen uns in eine gemütliche Ecke, an einen Tisch mit zwei reichlich abgenutzten Sesseln, ein wenig abseits von den anderen Gästen. Kaum saßen wir, kam auch schon die Bedienung an unseren Tisch, ein Mädchen mit honigfarbenen Locken und einer niedlichen Stupsnase, das ich aus der Schule kannte, nur dass mir im Augenblick ihr Name nicht einfiel.
    »H i, Riley«, begrüßte Pepper sie. Natürlich, Riley Summers, das war ihr Name. Sie war eine Klasse über uns und würde nächstes Jahr ihren Abschluss machen. Pepper kannte sie aus dem Kunstunterricht, den ich bei der ersten Gelegenheit abgewählt hatte. »I ch wusste gar nicht, dass du hier arbeitest.«
    »S eit drei Monaten.«
    Pepper sah mich überrascht an. »S o lange waren wir schon nicht mehr hier?«
    »F alls ihr den Laden mögt, solltet ihr die nächsten vier Wochen ausnutzen. Danach wird hier dichtgemacht.« Riley seufzte resigniert. »U nd ich muss mir einen neuen Job suchen.«
    Die Nachricht hätte mich treffen sollen und vielleicht würde ich die Schließung des

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