Wesen der Nacht
vernichten.
»D as ist doch ideal! Dann solltest du dich mit denen zusammentun.«
»L ieber nicht.«
»W arum nicht?«
»W eil diese Typen versucht haben, mich zu entführen.«
»D er Überfall? Im Ernst?«
Ich nickte und dieses Mal erklärte ich ihr alles, was ich über die unterschiedlichen Interessengemeinschaften wusste und davon, dass diese Hüter vorgehabt hatten, meinen Dad mit meinem Leben zu erpressen. »I ch bin mir nicht einmal sicher, ob dieses Jenseits wirklich etwas Schlechtes ist«, sagte ich am Ende meines Berichts. »I ch meine, wenn es so wäre, würde Dad dann nicht versuchen, diese Tore zu vernichten, statt sie nur zu bewachen? Würde Gus mir helfen, wenn er mich eigentlich lieber fressen würde? Für mich sieht es so aus, als ob längst nicht alle Wesen, die von dort kommen, böse oder schlecht sind.«
Unwillkürlich dachte ich an Cale, an seine Freundschaft und die Wärme, die er mir immer gegeben hatte. Am liebsten hätte ich Pepper von ihm erzählt. Wenn ich ihr jedoch gestand, dass der Junge, dessen Stimme der Auslöser für meinen Abstecher in die Psychiatrie gewesen war, tatsächlich existierte, würde sie darauf bestehen, ihn kennenzulernen. Aber wie sollte ich ihr jemanden vorstellen, dessen Stimme nur in meinem Kopf existierte? Himmel, bei Licht betrachtet, klang das ziemlich schräg und reichlich verrückt. Nein, solange ich keinen Beweis für seine Existenz hatte, sollte ich lieber die Klappe halten.
12
Als ich an diesem Abend nach Hause kam, wollte ich erst einmal nichts mehr über das Jenseits hören. Peppers Fragen waren immer weniger geworden, bis sie schließlich in grübelndes Schweigen verfallen war. Ich wertete das als Zeichen, dass ihre Aufnahmefähigkeit, was welterschütternde Neuigkeiten anging, für heute erreicht war. Jede in ihre eigenen Gedanken vertieft, hatten wir das Edgington’s verlassen und uns auf den Heimweg gemacht.
Ich hatte kaum die Tür aufgesperrt und einen Fuß über die Schwelle gesetzt, als Mom schon aus der Küche geschossen kam.
»W o bist du gewesen?«, fuhr sie mich an.
Erschrocken suchte ich nach einer Antwort. Ich konnte mich nicht erinnern, ob ich ihr heute Morgen noch einmal die Geschichte mit dem Schulprojekt aufgetischt oder einfach vergessen hatte, überhaupt etwas zu sagen. »M it Pepper unterwegs, das weißt du doch.«
Meine Stimme klang fest. Da ich mir allerdings nicht sicher war, ob meine Augen mich womöglich verraten würden, drückte ich die Tür hinter mir ins Schloss und bückte mich, um meine Schuhe auszuziehen. Auf diese Weise musste ich Mom zumindest für ein paar Sekunden nicht ansehen.
»D u bist nicht an dein Telefon gegangen!«
Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass es geklingelt hatte. Als ich es aus der Tasche zog, um einen Blick darauf zu werfen, zeigte das Display sieben Anrufe in Abwesenheit an. Alle von Mom, kein einziger von Dad oder Trick. Verflucht!
»I ch habe nicht darauf geachtet.« In der Hoffnung, Mom würde das Thema dann fallen lassen, fügte ich noch ein »T ut mir leid« dazu.
In Wahrheit tat es mir nicht im Mindesten leid. Tatsächlich war ich einfach nur wütend, und es fiel mir schwer, diese Wut unter Kontrolle zu halten. Seit Tagen überschlugen sich die Ereignisse, ich erfuhr Dinge über mein Leben und das meiner Familie, die bisher alle sorgfältig vor mir verborgen hatten, und statt mich einzuweihen, weigerte sich Mom hartnäckig, auch nur einen Ton darüber zu verlieren. Das war vielleicht ungerecht von mir, denn immerhin wusste ich, dass sie Angst um mich hatte. Trotzdem war ich der Meinung, dass diese Angst ihr nicht das Recht gab, die Wahrheit vor mir zu verschweigen. Sie ließ mich einfach in dem Glauben, dass ich nicht alle Tassen im Schrank hatte, und versuchte, mich weiter ihrem Kontrollwahn zu unterwerfen. Wenn ich mich diesem Gespräch nicht schnell entzog, konnte ich nicht für meine nächsten Worte garantieren. Mit einem gemurmelten »I ch muss Hausaufgaben machen«, wandte ich mich der Treppe zu.
»O h nein, meine Liebe, du bleibst hier und wirst dir anhören, was ich zu sagen habe.«
Innerlich stöhnend blieb ich stehen.
»D enkst du wirklich, mit einer Entschuldigung wäre es getan? Künftig will ich wissen, wo du bist!«
»M om, ich bin sechzehn– keine sechs!«
»U nd solange du nicht volljährig bist, tust du, was ich sage! Ich will wissen, wo du nach der Schule hingehst, ob jemand bei dir ist und wann du nach Hause kommst.«
»W ie bitte?«
»D u hast mich
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