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Whiskey für alle

Whiskey für alle

Titel: Whiskey für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John B. Keane
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Wort am falschen Platz und zur falschen Zeit reicht völlig aus. Da brauchen nur mehrere Leute am Abendbrottisch zu sitzen, und einer von ihnen kriegt das fette Fleisch, der Fettes überhaupt nicht mag, während anderen, denen es egal ist, ob sie Fettes oder Mageres auf dem Teller haben, gerade das Magere vorgesetzt wird, und prompt haben wir den Streit. Ich habe so was schon erlebt. Das mag ein lachhafter Anlass sein, doch der Benachteiligte empfindet das als große Ungerechtigkeit. Ihm ist das ganze Abendbrot verdorben, und in der gottverlassenen Gegend hier freut sich jeder aufs Abendessen, ist es doch die einzige Abwechslung am Tage, bevor man sich die Bettdecke über den Kopf zieht.«
    Er ruckelte an den Zügeln und rief sein »Hotte hü!«. Im Fell des sich vor uns auf und ab bewegenden Rückens des Ponys zuckte es. Es richtete die Ohren auf, die Beine griffen stärker aus, das Tempo zog an. Der Fahrtwind sauste uns um die Ohren, wir mussten lauter reden, um uns zu verständigen. So flogen wir über die Ebene dahin. Als der Weg nach Hause anstieg und wir die Hügelkette überwinden mussten, verlangsamte sich der Schritt. Erst dann konnte ich über Dinnys Betrachtungen nachdenken.
    Das Haus, das wir eben verlassen hatten, war ein strohgedecktes, einstöckiges Bauernhaus wie unseres auch. Eigentlich war es gar nicht anders als alle Bauernhäuser in der Gegend, nur mit dem Unterschied, dass das Strohdach der Behausung, aus der wir gerade gekommen waren, grau und verrottet war. Nicht ein Schimmer des einst strahlenden Gelbs war ihm geblieben. Die ehemals weiß gekalkten Wände hatten braune Flecken von dem stinkenden, schwärzlichen Regenwasser, das durch das faulige Strohdach sickerte und tropfte. Die kleinen, tief ins Mauerwerk eingelassenen Fenster ließen nur wenig oder fast gar kein Licht ins Innere. Dazu muss man sich vorstellen, dass sie seit Jahren nicht mehr geputzt worden waren, bis auf den Fleck, den jemand mit dem Handballen frei gerieben hatte, um eventuelle Besucher rechtzeitig auszumachen. Die Felder und Wiesen, die zu dem heruntergekommenen Gehöft gehörten, wurden Jahr um Jahr an einen Nachbarn verpachtet. Die Zufahrt von der Hauptstraße war kaum von den mit Unkraut überwucherten Feldern zu unterscheiden, durch die sie führte. Eine große Herde mageres, unterernährtes Vieh stand muhend hinter dem Haupttor und wartete aufs Heu. Die Tiere erweckten den Eindruck, als hätten sie seit Tagen nichts zu fressen bekommen. Das Ganze bot ein Bild der Verwahrlosung.
    »Die Zeichen standen auf Sturm, als wir ankamen, und auch, als wir gingen«, schnappte ich später aus dem Gespräch zwischen Dinny und meiner Mutter auf.
    Der Bauernhof gehörte Neddy Leary. Bei unserem Besuch waren außer ihm seine Frau Dolly und seine Schwester Bridgeen in der Küche. Wir überraschten sie bei ihrem Nachmittagstee. Jeder von ihnen hockte an einem anderen Tisch, Neddy an dem großen, in der Mitte des Raums stehenden Küchentisch, seine Frau und die Schwester links und rechts neben der Herdstelle, auf der ein Torffeuer unter einem mächtigen schwarzen Eisenkessel glühte. Jeder hatte sich in einer eigenen Teekanne den Tee aufgegossen und sich damit an der besagten Stelle niedergelassen. Brot, Milch, Butter und Zucker waren Gemeinschaftssache und standen an einem Ende des Haupttisches. Die restliche Tischfläche war verbotenes Terrain und nur Neddy Leary vorbehalten. Die kleineren Tische, an denen die Frauen saßen, waren in Wirklichkeit nichts weiter als umgestürzte Butterkisten, die man mit einem Stück Segeltuch bedeckt hatte.
    Schon als wir uns dem Haus näherten, war unüberhörbar, dass man sich heftig stritt. Alle drei schrien sich geradezu hysterisch an. Sowie meine Mutter anklopfte, herrschte Totenstille. Ein schmuddliges Gesicht erschien am Fenster, und gleich darauf rief eine Stimme: »Herein!« Dinny Colman, der sich um Höflichkeit und Anstand wenig scherte, hatte aber die Tür bereits geöffnet. Dass wir sie überrumpelt hatten, war gleich zu spüren.
    »Gott segne alle, die hier wohnen.« Dinny nutzte die Segensformel, um seine Vorwitzigkeit zu überspielen. Dolly Leary und ihre Schwägerin sprangen von der Herdstelle auf, griffen sich ihre Teekannen und was noch dazu gehörte. Geräuschlos verschwanden sie in der angrenzenden Stube.
    »Herein, immer nur herein!«, begrüßte uns Neddy Leary fröhlich, als hätte es nie zuvor Meinungsverschiedenheiten gegeben. Dinny Colman ging ohne Umschweife zum Kamin,

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