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Whisky: Mord im schottischen Schloss (German Edition)

Whisky: Mord im schottischen Schloss (German Edition)

Titel: Whisky: Mord im schottischen Schloss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannette Hoffmann
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interviewt. Es fehlen nur noch die Männer aus der Destille. Aber ich fürchte“, er sah auf die Uhr, „die haben schon Feierabend. A propos, wollen wir nicht essen gehen?“
    Russell nickte und erhob sich.
     
    Camilla hatte sich, nachdem sie aus Russells Zimmer gestürzt war, den Trainingsanzug vom Leib gerissen und ihn gegen ein Wollkleid ausgetauscht. Dann stellte sie sich vor den Spiegel, frisierte sich sorgfältig die Haare und schminkte sich. Die Ränder unter den Augen überdeckte sie mit Make-up. Sie sah sich das Ergebnis an, war zufrieden und fragte sich im gleichen Moment, wofür, oder besser, für wen sie diesen Zauber veranstaltete. Die Antwort lag auf der Hand.
    Sie hatte seinen Kuss genossen, sein Drängen, die Art, wie er sie angesehen hatte, seinen festen Griff… Sie gestand sich ein, dass sie gern noch einen Schritt weitergegangen wäre.
    Aber dieser Kerl war zu gefährlich, und beinahe hätte er es geschafft. Hinterher, im Bett, von zärtlichen Worten eingelullt, hätte sie ihm wahrscheinlich nicht nur ihre gesamte Lebensgeschichte, sondern auch sämtliche Ereignisse der letzten Tage haarklein erzählt, und dann hätte sie einpacken können. Gab es in England eigentlich noch die Todesstrafe, fragte sie sich.
    Sie war wütend, unglaublich wütend auf ihn. Ihr so ein Theater vorzuspielen, nur für seinen beruflichen Erfolg. Und sie dumme Kuh hatte sich einen Moment lang beschützt, begehrt und getröstet gefühlt, sie hatte Leidenschaft empfunden – lang vermisste.
    Oder war es möglich, dass er tatsächlich etwas für sie empfand? Sein Blick – konnte jemand so schauspielern? Anscheinend ja.
     
    Sie setzte sich zu Georg. Isabelle und McLeish an den Tisch. Unauffällig suchte sie den Speisesaal ab. Dort, an einem Zweiertisch, saß Woodrow mit seinem Kollegen. Auch er sah unverwandt zu ihr hinüber, hob sein Glas und prostete ihr andeutungsweise zu. Schnell warf sie einen Blick in die Runde. Niemand hatte etwas davon bemerkt. Sie wollte sich mit ihrem Essen beschäftigen, aber es gelang ihr nicht; ihm anscheinend ebenso wenig. Die Stimmen, das Geschirr- und Besteckgeklapper und die allgemeine Geräuschkulisse rückten in den Hintergrund; all die Menschen um sie und ihn herum vereinigten sich zu einer grauen Masse. Wie durch ein Zoom-Objektiv sah sie nur noch sein Gesicht und seine blauen Augen, mit denen er sie ansah und gleichsam hypnotisierte. Tausend Botschaften, Fragen und Antworten, wurden zwischen ihnen hin- und hergeschickt. Allmählich verschwand die Umwelt völlig, sie hatte das Gefühl, als wenn nur noch ihre und seine Augen im Raum wären. Langsam verzogen sich seine Mundwinkel und er schickte ihr ein leichtes, warmes Lächeln hinüber. Sie konnte nicht anders und lächelte zurück.
    „Einen Penny für ihre Gedanken“, sagte McLeish. Plötzlich waren all die Geräusche und die Menschen um sie herum wieder da. Ihr wurde fast schwindelig.
    „Ich war in Gedanken“, antwortete sie.
    „Das habe ich gemerkt“, lachte McLeish. Sie zwang sich weiter zu essen. Das gepflegte Menü schmeckte ihr wie Heu.
    „So, ich habe noch etwas zu tun“, sagte Abbot und stand auf. „Schönen Abend noch.“
    In die Runde nickend verschwand er.
    „Wollen wir heute Abend noch eine kleine Pub-Tour machen?“ fragte Isabelle.
    Camilla sah das Mädchen an. Sie verspürte keine Lust mehr, mit ihr zusammen zu sein. Das gleiche galt für Abbot. An diesem Tag hatte sie sich innerlich von den beiden distanziert.
    „Nein, ich bin zu müde.“
    Das Mädchen sah ihr forschend ins Gesicht, drängte aber nicht weiter. Dann stand auch sie auf und verabschiedete sich.
    „Du solltest deine Missbilligung nicht so deutlich raushängen lassen“, sagte Georg.
    „War es so schlimm?“
    „Hm.“
    „Billigst du denn, was sie getan haben?“
    Georg dachte nach.
    „Wir wissen doch gar nicht genau, was geschehen ist. Abbot sagte zwar, es sei einer von ihnen gewesen, aber ich denke eher, dass sie eine Kollektiv-Tat begangen haben.“
    „Ja, zu dem Schluss bin ich auch schon gekommen.“
    Sie schob den Teller von sich.
    „Ich weiß nicht, was ich überhaupt denken soll. Sie haben uns tagelang Theater vorgespielt. Gut, vielleicht dachten sie in der Nacht, Nanna zu ermorden wäre die einzige Lösung. Viel Zeit zum Nachdenken hatten sie ja auch wirklich nicht. Aber das ganze Drumherum – die Leiche zu verstümmeln und wie ein mittelalterliches Mahnmal in die Erde zu stecken, wäre das wirklich nötig gewesen? Sie hätten

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