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Wider die Unendlichkeit

Wider die Unendlichkeit

Titel: Wider die Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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zurückhielt, so daß sie nicht zu weit vorpreschten und der alte Mann sich nicht überanstrengen mußte, um Schritt zu halten. So war sein Vater: groß und hart und doch nachgiebig, wenn jemand seine Belastungsgrenze erreichte.
    Sie überraschten einige Roller, die mit idiotischer Sturheit aus den Ammoniakbächen schlürften. Die Männer pickten sich die mißgebildeten heraus und schossen schnell, bevor alle verschwinden konnten. In dieser Höhe gab es nicht viel Leben, und schon bald sahen sie nichts außer Steinkauern, die stoisch Kiesel zermalmten, und als sie noch höher kamen, Krauchies, die nach methanreichen Teichen suchten. Ihre Körper waren aufgebläht von den Speichersäcken, in denen sie während ihres Winterschlafs die kohlenstoffhaltigen Rückstände zu günstigeren Verbindungen verarbeiten würden.
    Die Männer setzten sich zusammen mit einem Tier einzeln in abzweigende Täler ab, bis noch vier übrig waren. Der Colonel winkte Manuel herbei, als sie an eine Stelle kamen, wo die Talwand sich teilte, als hätte eine Riesenhand sie mit einem Faustkeil aufgestemmt. In dem Felseinschnitt zog sich eine flache Schlucht zwischen gezackten Gipfeln entlang.
    »Die Satelliten-Zeitstufenkarte zeigt, daß es hier kaum noch Geröllschutt gibt«, sagte der Colonel. »In den letzten Wochen hat’s hier viel geregnet. Alles weggespült.«
    Old Matt schloß zu ihnen auf. »Wo verläuft die Druckscheide?«
    Colonel López blickte nach links, wo seine Helmscheinwerfer die entsprechende Stelle in grünen und roten Konturlinien heraushob. »Läuft von dem Spalt dort hinab.«
    »Meinst du, es kommt zu Rutschen?« fragte der alte Mann.
    »Bruchfehlerlinien fächern sich nach Norden auf. Auf dieser Seite sieht es nach Fehlanzeige aus.«
    »Satelliten können nicht alles sehen.«
    »Si. Du gehst mit Manuel, hm. Den Cañon hinauf. Paß auf, daß er sich nicht die Beine wegpustet oder in einen Eisrutsch gerät!«
    »Klar.«
    Die beiden nahmen Slicky mit und bewegten sich auf die Schlucht zu. Ein kleiner Bach löste klingelnde Echos von den eisüberzogenen Wänden. Rosiger Ammoniakdunst stieg aus ihm auf. Der Junge stapfte hinter Old Matt her, dachte an die zerquetschte Stahlplatte von Short Stuff und die schrillen Schreie, die die Tiere vorher ausgestoßen hatten. Geschmolzener Schnee und Eis nährten den Bach und zermantschten unter seinen Füßen. Der Mann redete mit Slicky, ließ ihn sich ein wenig austoben und sprach dann wieder zu ihm. Das Tier hörte auf, sich zu bewegen und reihte sich hinter ihnen ein. Die gelben Keramikplatten rieben gegeneinander und klapperten ab und zu, wenn es über einen Bachlauf sprang, doch sonst blieb es geräuschlos, geduldig und eifrig zugleich. Abgesprengte Felsblöcke waren in die Schlucht gestürzt, und als sie weitergingen, bedeckten Eisschollen den Boden und verkürzten die Schlucht, bis sie nur noch ein flacher Trog war. Old Matt musterte unablässig die steilen Schneewehen und Felswände.
    Schwer atmend blieb er stehen und sagte: »Ab jetzt leise!«
    »Du meinst …«
    »In dieser Höhe wird nichts sein, nicht mal Steinkauer. Hier bedeutet alles, was sich bewegt, etwas.«
    Manuel nickte. Er stampfte mit den Füßen auf, um sich zu wärmen. Old Matt öffnete einen Schlitz in seinem Anzug und sagte: »Erledige das jetzt!«
    Urin strömte heraus und zerspritzte auf Felsgestein. Manuel tat es ihm nach. Er dachte, damit sollte späterer Ablenkung vorgebeugt werden, aber in der Stille des Cañons dröhnte das Knistern und Zischen des gefrierenden Urins in seinen Ohren, und er begriff, daß es darum ging, Lärm zur falschen Zeit zu vermeiden.
    »Was ist mit den Anzuggeräuschen?«
    »Nichts daran zu machen. Die Umkehrosmose ist so leise, wie es nur geht. Das einzige, was wir tun könnten, wäre, den Heizer abzustellen, und in dieser Höhe würden deine Lungen in einer halben Stunde steinhart frieren.«
    Manuel nickte. Sie gingen jetzt mehr anstatt zu springen, um das Klappern von Steinen unter ihren Stiefeln möglichst geringzuhalten. Alle paar Minuten gab sein Anzug überschüssiges Kohlendioxid ab, das er nicht verarbeiten konnte, und die Gaswolke knackte laut, als sie gefror und zu Boden fiel. Doch im übrigen senkte sich eine sonderbare Stille über den Jungen, und er hörte nur seinen eigenen Atem. Seine äußeren Mikro-Mikros erfaßten nicht einmal das Murmeln einer Brise; die Atmosphäre war hier zu dünn. Über dem Rücken trug er ein neues Gewehr, das sein Vater ihm am Morgen gegeben

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