Wider die Unendlichkeit
stecken. Die zunehmende gähnende Schwärze spiegelte die Leere des dunklen Himmels wider. Manuel wandte sich um, das nutzlose Gewehr in der Hand. Er sprang zur Seite, als sich der Felsboden unter ihm mit einem baßtiefen, knackenden Laut spaltete. Old Matt kämpfte sich bergab, versuchte, das Gleichgewicht zu halten. Der Junge wünschte sich ein Ziel herbei, etwas, gegen das er aktiv werden konnte. Slicky kläffte und schnatterte und begann zu rennen, weg von der wachsenden Wölbung in der Mitte des Dreiecks, das die beiden Menschen und das Tier bildeten.
Vorsichtig trat Manuel nach vorn, auf die Ausbeulung zu. Das Land ächzte und schwoll an, warf Manuel beinahe von den Füßen. Er nahm den heißen, kupfrigen Geruch wahr. Neue Risse öffneten sich im Eis, und er sprang zur Seite, um einem auszuweichen. Slicky rannte, den Rücken zu ihnen, und sah den Spalt nicht kommen. Schwärze tat sich schnell unter der panisch schlitternden Gestalt auf und hatte sie einen Augenblick später aufgenommen, hatte Stahl und Keramik verschluckt, als wären sie nichts, und bewegte sich dann weiter. Die Spalte erstreckte sich in die flache Schlucht wie immer länger werdende Arme. Und dann – endete ihre Bewegung. Das hohle, mahlende Geräusch, das der Junge von den anderen nicht getrennt hatte, schwand. Das Eis stellte seine Bewegung ein, hielt inne und begann sich dann mit peinigender Langsamkeit zu senken. Erneut krachten Steine, als das Eis sich neigte, die Risse sich verengten, die Wölbung zurücksank.
Nach wenigen Augenblicken war es vorbei. Manuel stand atemlos da und wartete mit aufgerichtetem Gewehr, aber es kam nichts mehr. Die Risse schlossen sich vollständig. Er war immer noch wachsam und musterte den Boden um sich herum, als Old Matt sich ihm näherte und den Helm an seinen legte.
»Keinen Nahbereichsfunk, noch nicht«, sagte der Mann.
»Was … Es … es hat sich nicht gezeigt … Nur …«
»Manchmal ist es so. Es kam, um sich umzuschauen.«
»Aber es ist nicht herausgekommen, kein …«
»Hat es nicht nötig, schätze ich. Es wußte, wir waren hier oben, und hat uns wissen lassen, daß es einen Blick auf uns geworfen hat.«
»Slicky.«
»Es hat einen Bissen gekriegt. Glaub’ nicht, daß es deshalb gekommen ist. Könnte sogar sein, daß es deswegen abgebrochen hat.« Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Nein, wahrscheinlich stimmt das nicht. Der größte Fehler ist, über es so nachzudenken, wie wir über alles andere denken. Der allergrößte Fehler.«
»Slicky hat zu entkommen versucht.«
»Richtig.«
Schweigend gingen sie durch die Schlucht zurück. Im Kopf des Jungen mischten sich Gedanken, Gefühle und Konfusion. Beim nächsten Mal würde er anders handeln, etwas tun, einen Weg finden – aber ihm fiel nicht ein, was er sonst hätte tun können, und die schlichte Unverrückbarkeit dieser Tatsache war es, die ihn sich besser fühlen ließ. Ob er überhaupt etwas anderes tun würde oder nicht, zumindest war er sicher, es würde ein nächstes Mal geben. Es könnte morgen kommen oder zu einem späteren Zeitpunkt, aber es würde kommen, und als er daran dachte, entdeckte er etwas, das ihn von seiner Furcht lossprach, denn es lag keine Schuld darin, etwas zu fürchten, das sich jedem Begreifen entzog, sich blind und unerbittlich durch die Jahre bewegte und die sterbliche Bürde, die ein Mensch zu tragen hatte, achtlos abtat. Er schmeckte den Kupfergeruch in seiner Nase und erkannte ihn wieder. Und empfand auch davor keine Furcht mehr.
Von den anderen Männern und den Tieren kamen die Berichte: viele Roller erlegt und hier und da ein Grollen gespürt, aber nichts gesehen, keine Begegnung erlebt. Auch das verschaffte ihm ein gutes Gefühl. Es war arrogant zu glauben, er wäre auserlesen worden, aber er hatte Glück gehabt – das Glück des Anfängers. Von nun an würde er sich aufs Glück verlassen. Eines Tages würde er das Ding sehen, dessen war er sich jetzt sicher. Wenn es durch Beharrlichkeit zu erreichen war, dann würde er es sehen. Vielleicht morgen, vielleicht nächste Woche.
Wie sich herausstellte, dauerte es mehr als ein Jahr.
Teil 2
ALEPH
1.
Die Biosphäre aufzubauen war eine Langzeitaufgabe, beinahe ein Akt der Hingabe an die künftigen Generationen. Und so erlebte diese Arbeit aufgrund der plötzlich auftretenden Notwendigkeiten der Gegenwart Ebben und Fluten. Die Asteroidenwirtschaft expandierte und erforderte immer größere Lieferungen an Wasser, Nahrung,
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