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Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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auf eine Tür im hinteren Teil der Feste und sah einen etwa dreißig Jahre alten Mann, der einen Schafsfell- Cojoc trug und ins Freie trat. In der einen Hand hielt er einen kleinen, mit Mörtel gefüllten Behälter. Er kehrte dem Major den Rücken zu, als er in die Hocke ging und einige hohle Stellen neben dem Türrahmen verputzte.
    »Was machen Sie da?« fragte Wörmann scharf. Er hatte bisher angenommen, dieses Kastell stünde leer.
    Der Mann sprang erschrocken auf und drehte sich um, aber seine zornigen Züge glätteten sich sofort wieder, als er die Uniform erkannte und begriff, auf deutsch angesprochen worden zu sein. Er brummte einige rumänische Worte, die Wörmann nicht verstand. Wahrscheinlich muß ich mir einen Dolmetscher suchen oder die fremde Sprache lernen, wenn wir längere Zeit hier stationiert sind, dachte er verärgert.
    »Sprechen Sie Deutsch! Ich will wissen, was Sie hier machen.«
    Der Rumäne schüttelte verwirrt den Kopf, rief etwas, das wie »Papa!« klang.
    Weiter oben entstand Lärm, als ein älterer Mann einen Fensterladen aufstieß. Wörmanns Hand schloß sich fester um den Kolben der Luger, während sich die beiden Rumä nen kurz unterhielten. Schließlich sagte der Vater auf deutsch: »Ich komme nach unten.«
    Wörmann nickte und spürte, wie die Anspannung von ihm wich. Er trat wieder an eins der Kreuze heran und betrachtete es aufmerksam. Messing und Nickel – es sah fast nach Gold und Silber aus.
    »Es gibt hier insgesamt sechzehntausendachthundertundsieben solche Kreuze«, erklang eine Stimme hinter ihm. Der Akzent war unüberhörbar.
    Wörmann wandte sich um. »Sie haben sie gezählt?« Er schätzte den Mann auf gut fünfzig, und seine Züge wiesen unverkennbare Ähnlichkeit mit dem Gesicht des jüngeren Rumänen auf. Beide trugen Wollhemden und Kniehosen, der Ältere außerdem auch noch eine Mütze. »Oder wollen Sie damit Besucher beeindrucken?«
    »Ich bin Alexandru«, lautete die steife Antwort. Er deute te eine Verbeugung an. »Meine Söhne und ich arbeiten hier. Wir veranstalten keine Besichtigungstouren.«
    »Das wird sich ändern. Mir wurde mitgeteilt, daß niemand in der Feste wohnt.«
    »Ihre Informationen sind richtig. Abends kehren wir ins Dorf zurück.«
    »Wo ist der Eigentümer dieses Bauwerks?«
    Alexandru zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
    »Wie heißt er?«
    Wieder das kurze Schulterzucken. »Ich weiß es nicht.«
    »Wer bezahlt Sie denn?«
    »Der Wirt im Ort. Jemand bringt ihm zweimal im Jahr Geld, sieht sich in der Feste um, macht sich Notizen und verschwindet wieder. Wir bekommen unseren Lohn monatlich vom Wirt.«
    »Und wer gibt Ihnen Anweisungen für die Arbeit?« fragte Wörmann.
    »Niemand.« Alexandru stand völlig gerade und sprach betont würdevoll. »Wir wissen, worauf es ankommt, was es zu tun gilt. Unsere Aufgabe besteht darin, die Feste in einem perfekten Zustand zu halten. Mehr brauchen wir nicht zu wissen. Wir legen dort Hand an, wo es nötig ist. Mein Vater hat sein ganzes Leben auf diese Weise verbracht – und auch sein Vater vor ihm. Meine Söhne und ich folgen dieser Tradition.«
    »Sie verbringen Ihr ganzes Leben damit, dieses Gebäude instand zu halten? Nicht zu fassen!«
    »Es ist größer, als Sie glauben. Hinter den Mauern, die Sie dort sehen, befinden sich viele Zimmer. Der Keller unter uns besteht aus weiteren Räumen und Korridoren, ebenso der Teil der Feste, der in den Berg getrieben wurde. Es gibt immer etwas zu tun.«
    Wörmanns Blick glitt über die grauen Wände, über die nun erste Schatten krochen, über den Hof, der bereits dunkel zu werden begann, obwohl es noch Stunden bis zum Abend dauerte. Wer hatte die Feste erbaut? Und wer bezahlte dafür, sie in einem perfekten Zustand zu erhalten? Es ergab überhaupt keinen Sinn. Er beobachtete die Schatten, überlegte dabei, daß er die Bastion auf der anderen Seite des Passes errichtet hätte, wo es mehr Sonnenlicht gab. An diesem Ort kroch die Nacht wesentlich früher heran.
    »Na schön«, sagte er zu Alexandru. »Sie können Ihre Ar beiten fortsetzen, nachdem wir uns hier niedergelassen ha ben. Aber in Zukunft müssen Sie sich jedesmal bei den Wachen melden, wenn Sie kommen und gehen.«
    »Sie dürfen nicht hierbleiben.«
    »Und warum nicht?«
    »Es ist verboten.«
    » Wer hat es verboten?«
    Wieder zuckte Alexandru mit den Schultern. »Es ist schon immer so gewesen. Wir halten die Feste in Ordnung und achten darauf, daß sie niemand betritt.«
    »Und ich wette, bisher

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