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Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft

Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft

Titel: Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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andererseits … hätte Gia solche Geschenke angenommen, wäre Nellie wohl nicht so versessen darauf, sie ihr anzubieten. Gias Widerstand gegen Gefälligkeiten wirkte wie ein rotes Tuch vor Nellies Nase – dadurch war sie nur noch erpichter darauf, Wege zu finden, um ihr zu helfen.
    Sie machte sich auf die Auseinandersetzung gefasst und trat hinaus in den Flur.
    »Ich habe ihn gesehen.«
    »Was ist damit passiert?«
    »Ich habe die Rechnung bezahlt.«
    Gias Unterkiefer klappte herunter. »Du hast was getan?«
    Nellie knetete gespielt reumütig die Hände. »Bitte glaube nicht, dass ich dir nachspioniere, Kleines. Ich wollte nur sehen, ob Eunice dir auch alles recht macht, und da sah ich die Rechnung auf dem Sekretär liegen. Ich war sowieso gerade dabei, ein paar Rechnungen zu bezahlen, und da habe ich das mit überwiesen.«
    Gia stürmte die Treppe hinunter und hieb mit der flachen Hand auf das Geländer.
    »Nellie, dazu hattest du kein Recht.«
    Nellie blieb standhaft. »Unsinn! Ich kann mein Geld ausgeben, wie es mir gefällt.«
    »Du hättest mich wenigstens vorher fragen können!«
    »Das hätte ich.« Nellie tat ihr Bestes, zerknirscht zu wirken. »Aber du weißt ja, ich bin eine alte Frau und schrecklich vergesslich.«
    Diese Behauptung hatte den gewünschten Erfolg: Gias finstere Miene bekam Risse, führte einen vergeblichen Kampf gegen ein Lächeln, und dann begann sie zu lachen. »Du bist ungefähr so vergesslich wie ein Computer.«
    »Ach, Kleines.« Nellie schob sich neben sie und legte ihr einen Arm um die Hüften. »Ich weiß, ich habe dich von deiner Arbeit ferngehalten, als ich dich gebeten habe, dich hier bei mir einzuquartieren, und das bringt dich in finanzielle Engpässe. Aber ich habe dich und Victoria doch so gern hier.«
    Und ich brauche dich hier, fügte sie in Gedanken hinzu. Ich könnte es nicht ertragen, wenn ich hier ganz allein und nur noch Eunice da wäre. Ich würde vor lauter Kummer und Sorge den Verstand verlieren.
    »Vor allem Victoria. – Ich möchte behaupten, sie ist das einzig Anständige, das mein Neffe in seinem ganzen Leben zustande gebracht hat. Sie ist so ein liebes Mädchen. Ich kann einfach nicht glauben, dass Richard dafür verantwortlich ist.«
    »Naja, jetzt hat er jedenfalls nicht mehr viel mit ihr zu tun. Und wenn es nach mir geht, dann wird das auch dauerhaft so bleiben.«
    Das Gesprächsthema war Nellie unangenehm. Ihr Neffe war ein Nichtsnutz, eine Schande für den Namen Westphalen.
    »Umso besser. Übrigens – ich habe es dir noch nicht gesagt, aber ich habe im letzten Jahr mein Testament geändert. Wenn ich abtrete, dann erbt Victoria den größten Teil meiner Besitztümer.«
    »Nellie …«
    Nellie hatte Einwände erwartet und war darauf vorbereitet. »Sie ist eine Westphalen – die Letzte der Westphalen, es sei denn, Richard heiratet noch einmal und zeugt noch ein Kind. Und das bezweifle ich stark. Ich will, dass sie ihren Teil des Westphalen- Vermögens erhält, inklusive Fluch und allem anderen.«
    »Fluch?«
    Wie war ihr das nur herausgerutscht? Sie hatte es nicht erwähnen wollen. »Nur ein Scherz, Liebling.«
    Gia schien plötzlich nicht mehr ganz sicher auf den Beinen. Sie musste sich an Nellie anlehnen.
    »Nellie, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Aber ich hoffe, es wird noch eine sehr, sehr lange Zeit dauern, bis es so weit ist.«
    »Das sehe ich auch so! Aber bis dahin musst du mir schon die kleine Freude gönnen, dir dann und wann etwas auszuhelfen. Ich habe so viel Geld und mir sind so wenige wirkliche Freuden im Leben geblieben. Du und Victoria, ihr seid zwei davon. Alles, was ich tun kann, um dir dein Los zu erleichtern …«
    »Ich bin kein Sozialfall, Nellie.«
    »Das ist sehr richtig. Du gehörst zur Familie«, sie schenkte Gia einen vorwurfsvollen Blick, »auch wenn du wieder deinen Mädchennamen angenommen hast. Als angeheiratete Tante bestehe ich auf meinem Recht, dir dann und wann auszuhelfen. Und jetzt will ich davon nichts mehr hören!«
    Mit diesen Worten gab sie Gia einen Kuss auf die Wange und stolzierte in ihr Schlafzimmer zurück. Aber sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, spürte sie, wie ihre vorgeschobene Tapferkeit in sich zusammenbrach. Sie stolperte durch das Zimmer und sank auf das Bett. Es war so viel leichter, den Schmerz über das Verschwinden von Grace in der Gesellschaft von anderen zu ertragen. Wenn sie vorgab, gefasst zu sein und alles im Griff zu haben, glaubte sie das beinahe sogar selbst. Aber wenn

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