Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
betreten.
Weitere Angels strömen ins »Harrah’s«. Die Stimmung kippt.
Der Kampf bricht aus, als der Angel Ray Foakes einem Mongol mit voller Wucht einen Karatetritt gegen den Brustkorb hämmert.
Blitzschnell füllen sich die Hände der Angels und der Mongols mit Waffen aller Art. Der ATF-Bericht listet später Pistolen, Messer, Hämmer und schwere Mag-Lite-Taschenlampen auf. Rücksichtslos setzen die besser ausgerüsteten Angels ihre Waffen ein. Der offiziell amtierende Präsident der Mongols, Roger Pinney, bricht nach einem Messerstich in den Rücken zusammen, überlebt aber. Der Mongol Anthony »Bronson« Barrera – er könnte ein Zwilling des Schauspielers Charles Bronson sein – hat weniger Glück. Auch ihn erwischt ein Messer, doch er rührt sich nicht mehr. In der Nähe liegt ein weiterer Mongol mit einer Schuss- und Stichverletzung auf dem Casinoteppich. Trotz der Verletzung schafft er es, seine Waffe zu ziehen und zurückzufeuern. Jetzt bricht ein Angel zusammen. Er wird nie wieder aufstehen. Patronenkugeln schwirren durch das Casino. Alle Beteiligten sind geübte Kämpfer und reagieren instinktiv, als die Schießerei immer weiter um sich greift. Sie suchen Deckung oder werfen sich zu Boden. Chaos herrscht im überfüllten Casino. Kampflärm, umgestürzte Barhocker, Schmerzensschreie und immer wieder hallen Schüsse durch das Hotel. Es ist eine Schlacht.
Der Polizei bot sich ein unglaublicher Anblick. Sie hatten nur zwei Minuten gebraucht, um das »Harrah’s« zu erreichen, und dennoch sah es dort aus wie auf einem Schlachtfeld.
Die Polizisten trennten die beiden Gruppen und setzten sie in unterschiedlichen Gebäudeteilen fest. Ärzte versorgten die Verletzten. 13 Beteiligte mussten zu weiteren Behandlungen in Krankenhäuser transportiert werden, einige der Kombattanten waren so schwer verletzt, dass sie per Hubschrauber in Spezialkliniken ausgeflogen wurden.
Drei Männer verloren ihr Leben. Anthony Barrera, 43 Jahre alt, erlag seinen schweren Stichverletzungen, und zwei Hells Angels, Jeramie Bell, 27, und Robert Tumelty, 50, blieben erschossen auf dem Teppich des Casinos zurück.
Aber es war noch nicht vorbei. Eine Stunde nach dem Angriff auf die Mongols wurde einem 35-jährigen Hells Angel des San-Diego-Charters, der auf seinem Motorrad auf der Interstate 40 unterwegs war, in den Hinterkopf geschossen. Seine Leiche wurde erst einige Zeit später auf dem Highway gefunden, der oder die Täter aber nie ermittelt. Genauso wenig wie der Schütze, der unmittelbar nach dieser Nacht in Arizona einen Angel erschoss.
Nachdem die Polizeibehörden die Aufnahmen der Casinokameras eingesehen hatten, verhafteten sie mehrere Hells Angels. Landesweite Schlagzeilen und eine plakative TV-Berichterstattung sandten diese Bilder in die ganze Welt.
»Der River Run Riot von Laughlin«, ein Bandenkrieg mit Massenschlägerei, Messerattacken, Schießereien und Toten flackerte weltweit über die Bildschirme und bezeugt noch heute auf YouTube den erbitterten Rockerkrieg. Die stummen Bilder der Hotelkameras von der Choreografie des Kampfes geben die tödliche Auseinandersetzung auf surreale Weise wieder.
Das Presseecho war vernichtend, die Outlawbiker erschienen als die pure Inkarnation des Bösen. Das sowieso schon schlechte Image aller Beteiligten wurde brutal bestätigt. Außerdem verpestete der Gewaltexzess von Laughlin die angespannte Stimmung zwischen den OMCGs nachhaltig. Kein Club, kein Biker und kein Supporter konnte sich noch Neutralität leisten. Jeder musste Stellung beziehen und sich auf eine der beiden Konfliktparteien festlegen.
Die Gerichtsprozesse gegen alle Beteiligten zogen sich über Jahre hin. Die angeklagten Hells Angels machten einen Deal mit der Staatsanwaltschaft und legten ein Teilgeständnis ab, was ihnen in Form milderer Strafen vergütet wurde. Sechs Hells Angels wurden zu Haftstrafen von 30 Monaten verurteilt. Die Anklagen gegen 36 weitere beschuldigte Angels wurden fallen gelassen. Ein niedergestochener Mongol gestand, in Notwehr Todesschüsse auf die zwei Höllenengel abgegeben zu haben, und erhielt für dieses Entgegenkommen ebenfalls eine geringere Strafe. Allein dessen Rechtsbeistand, ein Top-Anwalt, kostete den Mongols MC nach eigenen Angaben 600 000 Dollar Honorar. Das Urteil lautete nach amerikanischer Eigenart 18 bis 45 Monate Gefängnis. Sechs weitere Mongols erhielten zudem Gefängnisstrafen von 2,5 bis fünf Jahren Dauer.
Bis heute ist die Rolle der Polizei in jener Nacht
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