Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
Sankt-Lorenz-Strom, etwa 140 Kilometer östlich von Montreal, sein Netz aus und hoffte auf reiche Beute. Doch etwas anderes verfing sich in seinem Netz: die teilweise verweste Leiche eines Mannes.
Die alarmierte Polizei suchte mithilfe von Tauchern den gesamten Boden des Flusses ab. Bald darauf wurde sie fündig. Die Taucher entdeckten ein Massengrab.
Im Flussbett befanden sich vier weitere Leichen, in Schlafsäcken einbetoniert. Diese waren mit Ketten beschwert und auf den Grund des Flusses gesenkt worden. Es kostete einige Mühe, bis die Spezialisten am Ende die fünf Männer identifizieren konnten. Es handelte sich ausnahmslos um Mitglieder des Hells-Angels-Charters Laval, Kanada. Die Opfer waren der Präsident des Charters, Laurent »l’Anglais« Viau, Jean-Guy »Brutus« Geoffrion, Jean-Pierre »Matt le Crosseur« Mathieu, Michel »Willie« Mayrand und Guy-Louis »Chop« Adam. Die polizeilichen Ermittlungen dauerten zwei Jahre und nach der Festnahme von 39 Hells Angels gelang es, die Motive und die Tat zu rekonstruieren.
Die fünf Toten waren Opfer einer clubinternen Säuberungsaktion geworden. Ihnen war vorgeworfen worden, zu viel Kokain selbst konsumiert statt profitträchtig weiterverkauft zu haben. Die Situation war zusätzlich dadurch verschärft worden, dass sie bei anderen Hells Angels mit hohen Summen in der Kreide gestanden hatten. Außerdem hatten sie durch ihr zügelloses und nicht zu kontrollierendes Benehmen unnötige Auseinandersetzungen mit anderen Gruppen der organisierten Kriminalität verursacht.
Der ehemalige Präsident des Charters Montreal, der wegen fünffachen Mordes verurteilte Réjèan Lessard, bestätigte 20 Jahre später anlässlich einer Bewährungsanhörung die Motive des Massakers: »Es war eine extreme Situation, ein interner Konflikt. Ein Leben in der Welt der Hells Angels war nichts wert und Mord war eine akzeptable Lösung für Probleme im Drogenhandel.«
Den Höllenengeln aus Montreal waren ihre Brüder im Charter Laval zu wild und unberechenbar geworden. Sie töteten zu unkontrolliert, zu schnell und aus geringstem Anlass. Sie waren zu einer Gefahr für ihre Geschäfte geworden, die es zu beseitigen galt. Endgültig.
Lessard berichtete später von einem Treffen mit Hells Angels der Führungsriege, bei dem das Problem besprochen wurde. Man einigte sich schnell, sprach ein Urteil aus und setzte es sofort um. Ihre Brüder lockten die todgeweihten Höllenengel im März 1985 unter einem Vorwand in das Clubhaus des Charters Sherbrooke. Dort überwältigten sie die Männer und schossen ihnen nacheinander in den Kopf.
Eine fünffache Hinrichtung.
Die nach eigenen Angaben vier grundlegenden Werte der Bruderschaft der Hells Angels lauten: Ehrlichkeit – Zuverlässigkeit – Respekt – Freiheit.
Sie wandelten sich in dieser Nacht zu: Skrupellosigkeit – Brutalität – Verrat – Mordlust.
Insgesamt 17 Hells Angels wurden aufgrund der Aussagen von drei Überlebenden des Lennoxville-Massakers Adressaten einer Mordanklage. Sie hatten sich an der Hinrichtungsorgie beteiligt, wurden überführt und rechtskräftig zu Haftstrafen verurteilt, wobei die meisten aber weit unter dem Strafmaß für die Haupttäter Réjèan »Zig-Zag« Lassard, Jacques Pelletier und Luc »Sam« Michaud blieben. Deren Strafmaß lautete auf fünfmal »lebenslänglich«. Michaud wurde 20 Jahre nach der Tat, im Juni 2005, auf Bewährung entlassen. Pelletier und Lessard kamen erst im Oktober 2008 in Freiheit. Nach 23 Jahren Haft hatte man den beiden fünffachen Mördern gestattet, die Haftanstalt tageweise zu verlassen, um an Resozialisierungskursen teilzunehmen und ihre Familien zu besuchen. Schließlich wurden sie im selben Jahr noch unter strengen Auflagen dauerhaft auf Bewährung entlassen.
Doch das Morden nahm auch nach dem Massaker kein Ende. Weitere in Ungnade gefallene Biker verschwanden für immer in dem bis zu neun Meter tiefen und 1200 Kilometer langen Sankt-Lorenz-Strom. Andere Mitglieder des Laval-Charters wurden verschont, aber gezwungen, sich auf andere Dependancen der Hells Angels in Montreal zu verteilen.
Mitglieder des Hells Angels MC Quebec waren maßgeblich an dem Lennoxville-Massaker beteiligt. Sie erwarben sich mit diesen und weiteren Gewalttaten den Ruf, die weltweit brutalsten Biker zu sein.
Der höllische Massenmörder Yves »Apache« Trudeau
Eines der vorgesehenen Opfer des Lennoxville-Massakers verpasste seinen Tod, da der Mann sich unerwartet in eine Drogenentzugsklinik
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