Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
ihrem mexikanischen Urlaubsort. Eventuelle anfängliche Sorgen schienen unbegründet. Ein Pärchen ging schick essen und besuchte erstmals ein Restaurant außerhalb der Hotelanlage. Sie saßen sich gegenüber und erfreuten sich an dem Hauptgericht, als ein Hells Angel das Restaurant betrat. Wortlos richtete er seine Pistole auf den Hinterkopf des Mannes und schoss. Er war auf der Stelle tot. Seine geschockte Frau wurde von umherfliegenden Blut- und Gehirnspritzern und Knochensplittern ihres Mannes getroffen. Jetzt hatte der Krieg begonnen. Der Schütze wurde noch vor Ort gefasst, aber nur ein Jahr in einem mexikanischen Gefängnis festgehalten. Danach wurde die Anklage fallen gelassen und er verließ Mexiko als freier Mann. Schmiergeldzahlungen in harten Dollars sollen die korrupten mexikanischen Behörden dazu veranlasst haben.
In Kanada stieg der Druck auf die Rock Machine, und viele Beobachter der Auseinandersetzung glaubten schon an ein Ende der führerlosen Gruppe. Doch dann erschien Fred Faucher auf dem Schlachtfeld. Er war schon in jungen Jahren wegen Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags auf einen Supporter-Club der Angels, den Evil One, ins Gefängnis gekommen. Bei seiner Entlassung aus der Haft war er erst 24 Jahre alt. Dem ambitionierten Mitglied war schnell klar, dass die Rock Machine für diesen Krieg einen Verbündeten brauchte, der über einen ähnlichen internationalen Background verfügte wie die Hells Angels. Die Kanadier streckten die Fühler zu den amerikanischen Bandidos aus, doch dieser Versuch blieb erfolglos. Also flog Faucher kurzentschlossen nach Europa, wo gerade der skandinavische Rockerkrieg wütete.
Die europäischen Bandidos empfingen ihn deutlich freundlicher als ihre amerikanischen Brüder und akzeptierten ihn schnell als neuen Verbündeten. Die Skandinavier nahmen die Rock Machine außerdem als möglichen Beitrittskandidaten in die Bandido Nation auf.
Der Krieg zwischen der Rock Machine und den Hells Angels tobte seit 1994 in der gesamten Provinz Quebec und darüber hinaus. Die Angels verschafften sich dabei den Ruf, die blutrünstigsten und brutalsten Einprozenter der Welt zu sein. Sie setzten in Quebec zwei Teams ein: ein »Baseball« und ein »Football Team«. Das Baseball-Team »überredete« nach Unabhängigkeit strebende Drogendealer so lange mit ihren Baseballschlägern, bis diese ihr Vorhaben aufgaben und die Seiten wechselten. Die Spezialitäten des Football-Teams waren Sprengstoffanschläge und Mord.
Einen großen Anteil an diesem Ruf hatte das Hells-Angels-Charter der Nomads in Montreal, das sich aus den gefürchtetsten und berüchtigtsten Bikern der Region gebildet hatte. Eine Eliteeinheit, die extra für den Bikerkrieg aufgestellt worden war.
Wenn heute alle Nomads-Charter der Hells Angels pauschal und weltweit als Eliteeinheiten bezeichnet werden, so liegt der Ursprung dieser Überinterpretation im legendären Ruf des Nomads-Charters aus Montreal.
Nomads-Charter gehören keinem lokalen Charter an und beschränken ihre Aktivitäten auch nicht auf eine Stadt oder ein Gebiet. Dadurch sind ihre Aktionen weder von der Polizei noch von verfeindeten Clubs vorauszuahnen. Genau dies hatte auch Maurice Boucher im Sinne, als er die Nomads Montreal gründete und diese Mitglieder rücksichtslos für Gewalttaten einsetzte. Die kanadischen Behörden bringen das Nomads-Charter mit unzähligen Morden, Sprengstoffanschlägen, Drogenhandel und blutigen Vergeltungsaktionen in Verbindung. So schätzte die kanadische Polizei den Profit des Nomads-Charters aus dem organisierten Drogenhandel innerhalb von zwei Jahren auf über 110 Millionen Dollar. Ein Polizeiinformant wusste den Behörden später zu berichten, dass es dieses Nomads-Charter war, das auf einer Versammlung der Hells Angels den entscheidenden Antrag stellte, die Konkurrenten der Rock Machine aus dem Drogenhandel zu drängen und zu beseitigen. Da erst erfolgte der Aufruf zum Krieg gegen die Rock Machine und ihre Verbündeten.
Die Rock Machine hatte im Laufe der folgenden Gemetzel den höheren Blutzoll zu beklagen. Ihr Mitgliederverzeichnis schien direkt von Gevatter Tod abgearbeitet zu werden.
Pierre Bastien wurde von unbekannten Tätern direkt vor den Augen seiner Tochter erschossen. Einen der Gründer der Rock Machine, Johnny Plescio, erwischte ein Heckenschütze durch das Fenster seines Hauses. 32 Mal feuerte der Schütze. Plescios Bruder Tony richteten die Mörder in einer McDonald’s-Filiale hin, während dort
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