Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
Internetauftritt einen professionelleren Eindruck vermittelt, als es der Wirklichkeit entspricht. Der Mongols MC scheint hierzulande hauptsächlich von dem Miri-Clan in Bremen am Leben gehalten zu werden, den eine Rivalität zu den Hells Angels antreibt. Die verbliebenen deutschen Mongols sollen auch über keine nennenswerte Unterstützung aus Amerika verfügen. Nichtsdestotrotz könnte die Clubgeschichte in Deutschland plötzlich eine unerwartete Wendung nehmen. Dann würden die Karten wieder neu gemischt werden.
Polizeiexperten registrierten erst einmal erleichtert, dass zum Beispiel in Köln nicht schwer kriminelle Migrantengruppen das Prospect-Chapter gebildet haben, sondern Männer, die durch weniger schwerwiegende Straftaten aktenkundig sind. Auch keiner der türkischstämmigen Ring-Paten wurde mit dieser Gründung in Verbindung gebracht. Doch erst die Zukunft wird zeigen, welche Konstellation gefährlicher für die Sicherheitslage ist: die Mitgliedschaft bekannter Rotlichtgrößen, die in diesem Umfeld schon Macht, Einfluss und Wohlstand angehäuft haben und dementsprechend viel zu verlieren haben, oder junge Draufgänger, die mit allen Mitteln einen vergleichbaren Status und Reichtum erlangen wollen.
Die Situation in Deutschland könnte schlagartig eskalieren, sollten die Mongols sich bei ihrer Expansionsstrategie am Vorgehen der Hells Angels, Bandidos oder der amerikanischen Mongols orientieren. Diese schlucken, wie beschrieben, gefährliche und gewaltbereite Gruppen und vereinnahmen sie für ihr globales Netzwerk. Solche Gruppierungen müssen nicht mal in einer Organisationsstruktur ähnlich der einer OMCG aufgestellt sein, sondern könnten bisher auch in Form einer Straßengang aufgetreten sein wie beispielsweise im süddeutschen Raum die Türstehervereinigung United Tribuns und die Black Jackets. Die Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit in Skandinavien belegen, wie dramatisch sich die Situation verschärfen kann, wenn neben den Rockerclubs noch ethnisch geprägte Gangs und Banden bei den Verteilungskämpfen im Drogenhandel und der Prostitution mitmischen. Dieses Schreckensszenario ist in ersten deutschen Großstädten wie Berlin und Hamburg, aber auch im Ruhrgebiet schon teilweise Realität geworden. Von der hohen Opferzahl in der jüngsten Zeit – man muss von rund einem Dutzend Ermordeten in Göteborg, Malmö und Kopenhagen sprechen – ist Deutschland noch entfernt. Noch.
7. Kapitel
Hells Angels vs. Bandidos, Teil II: der Bikerkrieg in Kanada
Schlacht um Quebec
In den 90er-Jahren kam es auch in Kanada zu einem brutalen Bikerkrieg. Die Ursachen für den guerre des motards in Quebec reichen aber bis ins Jahr 1977 zurück. Die amerikanischen Hells Angels hatten sich schon in beträchtlichen Teilen der USA ausgebreitet und den Sprung über den großen Teich nach Europa und nach Australien gemeistert. Jetzt stand der geflügelte Totenkopf vor seiner Expansion nach Kanada, dem flächenmäßig zweitgrößten Staat der Erde mit 34 Millionen Einwohnern und einer gemeinsamen Grenze mit den Vereinigten Staaten von 8890 Kilometern Länge. Die Hells Angels scheuten wieder einmal den mühseligen Weg, über lange Jahre aus eigener Anstrengung zu wachsen, eigene Charter aufzubauen und zu etablieren. Zur Ausdehnung ihrer Herrschaft nach Kanada schluckten sie einen besonders in Montreal berüchtigten Motorradclub, den Popeyes MC. Diese Männer waren schon seit den 60er-Jahren in Montreal aktiv und fielen der Polizei damals durch tödliche Revierkämpfe und einen schwunghaften Methamphetaminhandel auf.
Montreal liegt in der Provinz Quebec und ist mit 1,6 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Kanadas. Im Großraum Montreal leben über 3,7 Millionen Menschen. Außerdem verfügt die Wirtschaftsmetropole über den größten Binnenhafen auf dem amerikanischen Kontinent. Wie schon in den zuvor umkämpften Städten Hamburg, Kopenhagen und Marseille gilt der Hafen der Stadt als unkontrollierbarer Drogenumschlagplatz und als eifrig benutzte Transitroute, insbesondere für Kokain. Die US-Grenze liegt nur knapp 50 Kilometer entfernt und auch der profitträchtigste Drogenmarkt der Welt liegt keine 600 Kilometer südlich: New York City. Die Drogenkonsumenten aus der Stadt, die niemals schläft, erhalten bis heute einen Großteil ihres weißen Partystoffes aus Montreal. Die Herrschaft über die Unterwelt Montreals bedeutete, auf den Straßen und in den Bars und Clubs von New York pures Gold zu verdienen.
Doch für
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