Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
diesen Geschäftserfolg war eines unerlässlich: die uneingeschränkte Herrschaft über den Drogenmarkt und die kriminelle Szene, Kanadas, besonders die in Quebec. Quebec war in den Siebzigern für sein hartes kriminelles Milieu bekannt und berüchtigt. In den Vierteln der Metropole wehte ein rauer Wind, Schießereien und Gewaltexzesse aus geringstem Anlass waren keine Ausnahme, sondern stellten die Regel dar.
Um ihre Expansion zu beschleunigen, forcierten die Hells Angels das Mitgliederwachstum durch Aufnahme etablierter kanadischer Bikergangs. Dazu gehörten beispielsweise die Para Dice Riders, ein harter Motorradclub, der in der Toronto Area sein Unwesen trieb, Last Chance, ein kleinerer Club aus Ontario, Death Riders, Gitanes aus Sherbrooke und Vagabonds. Später stießen in Quebec noch die Vikings, die Iron Coffins und die Satan’s Guard zu den Angels. Ende der 90er-Jahre traten die Grim Reapers in Alberta den Hells Angels bei und den Alberta Rebels wie den Saskatchewan Rebels wurde eine Anwärterschaft gewährt. 1997 wechselten auch die Manitoba Los Bravos aus Winnipeg in die rot-weiße Bruderschaft.
Satan’s Choice war eine der gefürchtetsten Motorcycle Gangs in Kanada, die mit sieben Chaptern bis zur Ankunft der Big Red Machine die Provinz Ontario dominierte. Sie wählten den entgegengesetzten Weg und schlugen sich zuerst auf die Seite der ebenfalls weltweit agierenden Einprozenter vom Outlaws MC. Doch diese Verbindung war der Übermacht der Höllenengel geschuldet und war von Anfang an intern umstritten. So verwundert es nicht allzu sehr, dass die strittige Notgemeinschaft 20 Jahre später aufgehoben wurde und Satan’s Choice letztendlich doch im globalen Hells-Angels-Netzwerk aufging.
Selbst wenn Rivalen durch das Schmieden von Allianzen vorübergehend ihre Position stärken konnten, beeindruckte das die Angels nicht im Geringsten. Im Gegenteil, es schien ihren Expansionsdrang herauszufordern und allenfalls weiter zu beflügeln. Von Montreal aus breiteten sie sich unaufhaltsam von Stadt zu Stadt und von Provinz zu Provinz aus und beherrschten bald ganz Kanada.
Nachdem die Hells Angels erfolgreich Kräfte gesammelt und formiert hatten, machten sie sich daran, ihre Macht in harte Dollar zu verwandeln. Für einen ersten Vorstoß wählten sie die Stadt Quebec in der gleichnamigen Provinz aus, in der 500 000 der insgesamt 7,5 Millionen Einwohner der französischsprachigen Provinz wohnen.
Ihre Dominanz in Quebec brachte die Höllenengel zu dem Entschluss, ein Monopol im lukrativen Drogenhandel, explizit im Kokainhandel, zu errichten und nötigenfalls mit aller Gewalt durchzusetzen.
Die Angels agierten teilweise arbeitsteilig in einer Vereinigung, die »das Konsortium« genannt wurde. Das Konsortium bestand aus den Hells Angels, der Rizzuto-Familie (italienische Mafia) und der West End Gang (irische Mafia). Alle Beteiligten einte das Motto der Angels, das trefflich ihr Geschäftsmodell umschrieb: »taking care of business.«
Das ist mehr als nur ein prahlerischer Ausdruck. Es beschreibt ihren Charakter gleich einem Glaubensbekenntnis und gilt für jeden Rivalen als unmissverständliche Drohung. »Jeder und alles, was ihren Geschäftsinteressen zuwiderläuft, wird bekämpft und aus dem Weg geräumt«, umschrieb ein kanadischer Journalist seinen Eindruck vom Vorgehen der Angels.
Der Zusammenschluss der Angels mit den italienischen und irischen Mobstern war jedoch kein Bund fürs Leben. Dafür waren die Hells Angels zu machtbesessen und ihr Hunger auf die Profite des Drogenhandels zu groß. Doch nicht alle alteingesessenen Rocker und Drogenhändler beugten sich dem Diktat der Hells Angels. Der Widerstand organisierte sich im »Bündnis zum Kampf gegen die Angels«, aus dem sich später der Club Rock Machine bildete.
Zwei der unerbittlichsten und wichtigsten Kriegsherren der nächsten Jahre waren die beiden Freunde Salvatore Cazzetta und Maurice Boucher. Beide waren 1982 gemeinsam in einer Motorradgang organisiert, die rassistische Ideologie von der Überlegenheit der Weißen (white supremacy) vertrat. Der Name des Clubs war eindeutig und ließ keinerlei Zweifel an seiner Gesinnung offen: SS.
Als die Hells Angels in Kanada rücksichtslos expandierten, waren Cazzetta und Boucher zunächst hoffnungsvolle Kandidaten für eine Vollmitgliedschaft in der Bruderschaft der Höllenengel, doch dann überschlugen sich im Jahr 1985 die Ereignisse.
Das Lennoxville-Massaker
Ein Fischer warf am 24. März 1985 im
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