Wie die Iren die Zivilisation retteten
von
drei Frauen im Kriegshandwerk unterrichtet – eine erstaunlicher als die andere. Den Kriegsgott, der im Tain kurz erwähnt wird, stellen die drei Kriegsgöttinnen in den Schatten, die regelmäßig die Szene
bestimmen. (Eine von ihnen, die Göttin Badb, wird in der Beschreibung von Cuchulainns Anfall genannt.) Derdriu, die Conchobor, dem König von Ulster, versprochen ist, läuft mit Noisiu und seinen Brü-
dern – den Söhnen von Uisliu – davon, wird aber aufgespürt und
gefangengenommen, wobei Noisiu erschlagen wird. Obwohl sie
Conchobor akzeptiert, lächelt Derdriu wieder. Voller Wut beschließt Conchobor, sie mit Eogan Mac Durthacht, dem König von Fernmag,
zu teilen, der Noisiu tötete, um sich bei Conchobor beliebt zu machen
– nicht in einem fairen Kampf, sondern durch einen Hinterhalt. »Am nächsten Tag machten sie sich zum Markt von Macha auf. Sie war
hinter Eogan im Wagen. Sie hatte geschworen, daß niemals zwei
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Männer gleichzeitig sie besitzen sollten. ›Das ist gut, Derdriu‹, sagte Conchobor. ›Für mich und Eogan bist du ein Schaf zwischen zwei
Böcken.‹ Ein großer Steinblock stand vor ihr. Sie rammte ihren Kopf gegen den Stein und zerschmetterte ihn und war tot.«
Ein Selbstmord ja, aber anders als der von Dido. Hier sind Frauen, die im Leben wie im Tod ihre Willensstärke und die Kraft ihrer Leidenschaft beweisen. Es folgt ein Teil von Derdrius Klage um Noisiu; sie trägt sie den königlichen Musikern vor, die sie aufheitern sollen: Schön anzusehen kehrten mit feurigem Schritt
die plündernden Männer nach Emain zurück.
Noch edler schritten die drei stolzen
Söhne von Uisliu nach Hause:
Noisiu trug den besten Met
- ich wusch ihn am Feuer –,
Ardan mit einem Hirsch oder Wildschwein,
Anle, der seine Last auf der Schulter trug.
Der Sohn von Nes [König Conchobor], kampfesstolz,
trinkt, sagt ihr, den besten Met.
Noch besseren – ein ganzes Meer -
habe ich oft getrunken.
Der bescheidene Noisiu bereitete
im Waldboden eine Kochstelle.
Süßer war als jeder Met
der Sohn von Uisliu, honigsüß.
Für euch sind die Zeiten süß
mit Pfeifern und Trompetern,
ich schwöre heute, ich kann nicht vergessen,
daß ich viel süßere Lüfte gekannt habe.
... Noisiu: sein Grabhügel ist errichtet
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und trauernd besungen.
Der größte Held – und als er starb
verschüttete ich den tödlichen Trank.
Ich liebte sein lockiges goldenes Haar,
den edlen Körper – ein gerader Baum.
Weh mir, ich brauche heute nicht
auf den Sohn von Uisliu zu warten.
Ich liebte den bescheidenen, mächtigen Krieger,
liebte sein kräftiges Begehren,
liebte ihn bei Tagesanbruch, wenn er sich ankleidete
am Rand des Waldes.
Diese blauen Augen, die Frauen schmelzen ließen
und Feinde einschüchterten, liebte ich:
dann, am Ende unseres Wegs durch den Wald,
seinen Gesang unter den dunklen Bäumen.
Ich schlafe nicht mehr,
noch färbe ich meine Fingernägel rot.
Was habe ich mit Willkommensfreude zu tun?
Der Sohn von Indel kommt nicht.
Die Beständigkeit, mit der bestimmte Muster und Gefühle in der
irischen Literaturtradition auftauchen, ist geradezu unglaublich. Hier ein Ausschnitt aus einer anderen Klage, die von einer anderen Frau um ihren ermordeten Mann angestimmt wird – achtzehn Jahrhunderte nach Derdriu!
Meine Liebe und meine Freude,
Am Tag, als ich dich zum erstenmal sah
Neben dem Markthaus Hatte ich nur Augen
Und Liebe für dich.
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...
Du gabst mir alles.
Salons wurden für mich geweißt.
Schlafzimmer für mich gemalt,
Ofen für mich angeheizt,
Laibe für mich gebacken,
Braten für mich zerteilt,
Betten für mich gemacht,
Damit ich es auf der Matratze bequem hatte
Bis zur Melkzeit
Oder später, wenn es mir gefiel.
...
Meine Liebe und mein Glück,
Es ist ein schweres Los
Für einen Riesen, in einem Leichentuch
Und einem Sarg zu liegen -
Für einen großherzigen Helden,
Der in Gebirgsflüssen fischte
Und in hellen Hallen
Mit weißbrüstigen Frauen trank.
...
Mein Reiter mit den strahlenden Augen,
Was ist gestern mit dir geschehen?
Ich fühlte dich in meinem Herzen,
Als ich dir deine schönen Kleider kaufte,
Ein Mann, den die Welt nicht besiegen konnte.
Der Reiter mit den strahlenden Augen wurde von einem gierigen
Engländer eines Nachts im Jahre 1773 erschossen, weil er seine herrliche Stute nicht für das schäbige Angebot von fünf Pfund verkaufen 83
wollte. Zu dieser Zeit hatten die englischen Besatzer die
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