Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Dunne
Vom Netzwerk:
Er sah seine eigenen Umrisse im Schlafzimmerfenster, dahinter einen Ausschnitt Wiese. Da spiegelten sich ein Kopf, ein Oberkörper, ein ausgestreckter Arm. Nach außen hin ein Mensch. „Willste ausprobieren, ob ich’s ernst meine?“
    „Schon gut, schon gut“, heulte Eoin und begann das Band von der Spule zu reißen. „Mir egal, war doch eh alles gelogen.“
    Was zum Teufel? Dally schnaubte. Für mehr Emotionen hatte er keine Kraft mehr.
    „Wo ist Seán?“
    Das hektische Surren der Bandspulen ging weiter.
    „Rooney ist bei ihm.“
    „Sag mir wo, verdammt!“
    Der Knauf bewegte sich immer noch nicht. Irgendwie schien das zu viel des Glücks. Unangebracht für einen Anlass wie diesen.
    „Wo du auch warst, die Waschküche, übern Gang!“ Wie besinnungslos zerrte Eoin noch einmal am Band, das mit einem Schnappen auseinanderriss, zerlegte die Hülle in ihre Einzelteile, zerknüllte den ganzen Haufen mit zwei Händen. „Rooney sollte ihn ruhigstellen, bis Brian kommt, weil er was über Liams Flucht wusste.“
    „Ruhigstellen?“, hatte Dally noch für genau ein Echo Zeit. Dann sah er im Fenster einen Schatten aus seiner eigenen Reflexion in der Scheibe treten, noch etwas dunkler als die Wiese draußen. Wozu es über die Zimmertür versuchen, wenn Dally ohnehin freiwillig im Rampenlicht der Badezimmerbeleuchtung stand, Scherenschnitt eines Mannes, der mit einer Waffe herumfuchtelte? Der Schatten hob die Arme, kippte den Kopf seitlich gegen die Schulter, so als würde er durch ein Visier Ziel nehmen. Sah verdammt nach Kopfhöhe aus.
    Weg. Schnell. Ob er die Fensterscheibe zuerst splittern sah oder hörte, wusste er nicht mehr.
     
    ***
     
    Die Stille nach einem Schuss, wie kurz auch immer sie war, empfand Will stets als absolut. Als würde die ganze Welt sich fragen, wie es nun weiterging.
    Inspector, was machen wir? Soll ich schießen?, hatte Sergeant Byrne vorhin gemurmelt, Hand am Funkgerät, Kinn gesenkt, Blick auf den Umriss im Fenster fixiert, der gerade eine Waffe gegen etwas oder jemanden richtete. Ein Umriss, der aussah wie Dallas Ferguson. Hugh hatte das nicht sehen können, aber Will schon. Jetzt war kein Umriss mehr im Fenster. Nichts schien sich zu bewegen, auch nicht die Luft. Nur wenn man sich konzentrierte, hörte man hektisches Atmen, das Rascheln von einem Körper, der sich auf Teppichboden fortbewegte. Zum Ausgang.
    Sergeant Byrne fluchte leise.
    „Er hat mich zu früh gesehen, Inspector“, murmelte er ins Funkgerät, die Waffe noch immer auf das Fenster gerichtet. „Schicken Sie uns mal Hilfe.“
    Bevor er den Kopf heben und fragen konnte, wohin er denn gehe, war Will schon um die Ecke des Nebenhauses verschwunden.
    Egal, wie kurz – er musste Ferguson alleine sehen.
    Durch den milchverglasten Hinterausgang des Haupthauses sickerte Licht. Jemand war auf dem Weg, wie angefordert.
    Die Tür zum Nebenhaus war geschlossen, aber unversperrt. Durch den Spalt roch es nach Moder, Schweiß und Urin. Will erweiterte den Spalt, nutzte den letzten Rest Tageslicht, um sich notdürftig zu orientieren.
    Eine Tür links, eine rechts, ein schemenhafter Mini-Altar mit Marienstatue am Ende des Flurs. Und Dallas Ferguson, buchstäblich ein Schatten seiner selbst, der vor der Tür rechts kauerte und etwas in der Hand hielt. Es klapperte, als würde er den Schlitten einer Pistole nach hinten ziehen, um den Lauf zu kontrollieren.
    „Fallen lassen.“
    Das Klappern hörte auf, als Ferguson ihm das Gesicht zuwandte, doch nichts fiel zu Boden. Will konnte das Weiß seiner Zähne sehen, als er ihn erkannte.
    „Das ist kein Zufall oder?“
    Fergusons rechter Arm hob sich, die Pistole noch immer in der Hand.
    Das Splittern von Holz. Schuss. Ein klatschender Körper. Augen aus Glas.
    Will senkte die Waffe und drückte ab, sah das Mündungsfeuer seiner Dienstwaffe aufleuchten, gemeinsam mit Fergusons Gesicht, das sogar für einen Aufschrei zu konsterniert schien.
    Daneben. Er brauchte mehr Licht.
    „Fallen lassen, hab ich gesagt.“
    Die Pistole donnerte zu Boden.
    Er tastete nach dem Schalter an der Tür links. Klick. Eine einzige nackte Glühbirne hing von der Decke, und deren Licht war staubig.
    Ferguson saß noch immer in der Hocke, in einem halb angezogenen Arbeitsoverall, atmete rasselnd, sein Gesicht ausdruckslos vor Erschöpfung, die Haare strubbelig und halbnass. Er stützte sich mit dem nackten linken Arm gegen die Mauer, wie um sich nach einer großen Anstrengung zu erholen. Der rechte ruhte auf seinem

Weitere Kostenlose Bücher