Wie, du stillst nicht
welches diese elementaren Bedürfnisse nicht hat! Wenn sie sich äußern könnten, würden sich alle Neugeborenen nach der Geburt einfach schnell alles Vertraute wieder zurückwünschen.
Während der Schwangerschaft wird ein Baby über die Nabelschnur und das Fruchtwasser rund um die Uhr mit Nahrung versorgt. Es kennt keinen Hunger und keinen Durst, wird getragen und geschaukelt. Deshalb schlafen die meisten Babys im Mutterbauch tagsüber und werden erst munter, wenn Mama sich hinlegt. Das Schaukeln ist nicht mehr da! Der Bauch der Mutter ist ein nahezu perfekter Ort, fast das Paradies. Nach der Geburt ist alles anders. Das Baby muss sehr viel Neues verarbeiten: neue Gerüche, Geräusche, Licht, Farben, ein Durcheinander neuer Eindrücke und starker Gefühle: Hunger, Durst, Kälte, Einsamkeit sowie das Fehlen des beruhigenden ständigen Rauschens der mütterlichen Blutgefäße, des rhythmischen Herzschlags und der ständigen, leichten Bewegungen der Mutter.
© Fancy RF
Wird der »Mutterleibservice« nach der Geburt verlängert, desto weniger wahrscheinlich sind Probleme. Was in der Schwangerschaft Uterus und Nabelschnur automatisch übernehmen, müssen Eltern ihrem Kind nach der Entbindung bewusst geben: Sie sind angehalten zu lernen, die Zeichen richtig zu deuten und die Bedürfnisse des Kindes prompt zu befriedigen. Hierbei helfen der Mutter die Hormone, insbesondere das Hormon Oxytocin, auch »Liebeshormon« genannt, das beim Stillen ausgeschüttet wird. Es erleichtert intuitiv zu verstehen, was das Kind braucht. Das alles ist für Eltern nicht immer einfach, aber es gibt Methoden, die helfen, wie z. B. füttern nach Bedarf, gemeinsames Schlafen, Tragen mit dem Tragetuch oder -sack, damit der Übergang von der »Innenwelt« zur »Außenwelt« sanft und problemlos stattfinden kann.
Doch manchmal können nicht alle Bedürfnisse des Kindes gestillt werden. Der Satz »Wenn es mir gut geht, geht es auch meinem Kind gut« ist richtig, aber auch umgekehrt wird ein Schuh draus. Bei der Entscheidungsfindung ist es genauso wichtig, dass das Baby und seine Bedürfnisse berücksichtigt werden. Manche Mütter wiederum denken »Hauptsache, meinem Kind geht es gut«, aber auch hier sollten Gesamtsituation der Familie und die der Mutter bedacht werden. Es gilt also eine für alle akzeptable Balance zu finden.
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Ich möchte Ihnen an dieser Stelle den Babybedürfniskreis vorstellen. Er knüpft an die vertrauten Erfahrungen des Kindes im Mutterleib an. Er ist ganz bewusst nicht in Kuchenstücke aufgeteilt, damit jedes Elternpaar die Intensität flexibel gestalten kann. Wenn nicht gestillt wird, fällt ein wichtiger Punkt weg, und uns wird klar, wie wichtig es ist, das Fehlende mithilfe der anderen Punkte noch intensiver auszugleichen. Ich habe bewusst einen Kreis gewählt, weil eine Pyramide, wie sie es schon gibt, unstabil wäre bzw. zusammenbrechen würde, wenn eines der elementaren Babybedürfnisse nicht gestillt werden würde. Ich bin jedoch der Meinung, dass heutzutage alle Punkte durch eine höhere Intensität der anderen Punkte ausgeglichen werden können. Zwar nicht immer unbedingt optimal, aber doch zumindest so, dass das Kind keinen Schaden nehmen muss, wie es früher der Fall gewesen wäre. Beispiele: Hätte ein Baby früher alleine schlafen müssen, hätte es kaum überlebt (wegen Kälte, Hitze und wilder Tiere). Wäre ein Baby früher nicht gestillt worden (durch die Mutter oder eine Amme), wäre es verhungert. Denn industrielle Säuglingsnahrung gab es noch nicht. Wäre ein Säugling damals nicht immer nah am Körper getragen worden, wäre er ebenfalls dem Tod geweiht gewesen, genauso, wie es bei allen anderen Punkten der Fall gewesen wäre.
Nur einer dieser Punkte ist hingegen lebenswichtig: die sichere Bindung an die Eltern (Attachment) und die sichere Bindung der Eltern zu ihrem Kind (Bonding). Beide können, auch wenn nicht gestillt wird, durch bindungsbezogene, bewusste Verhaltensweisen ausgeglichen werden. Wie das geht, erfahren Sie auf Seite 95.
Das Anfertigen einer Liste, welche die Bedürfnisse jedes Familienmitgliedes berücksichtigt, kann helfen, sich über die Möglichkeiten der Befriedigung der verschiedenen Wünsche und Bedürfnisse klar zu werden!
Eine Bedürfnisliste könnte in etwa so aussehen:
Babys Bedürfnisse (Bindung)
Ideale Lösungsansätze
Mama fühlen, riechen, sehen, hören, schmecken
Ausschließlich Stillen (natürliche Nahrung = Muttermilch mit vielen
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