Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)
eine Augenbraue und murmelte: »Ich werd’s mir merken.« Seine arrogante Art irritierte sie.
Betont professionell gab sie zurück: »Doktor Norwood schickt mich, damit wir über Jennifer sprechen, Mr. Rivington.«
»Nennen Sie mich einfach Drake. Möchten Sie einen Kaffee?« Er deutete auf eine Kaffeemaschine. In der Glaskanne brodelte eine pechschwarze Teerbrühe. Eigentlich wollte sie keinen, aber immerhin hätte sie dann etwas in der Hand zum Festhalten.
»Ja, gern.«
Er steuerte zu einem kleinen Tisch und spähte skeptisch in eine Tasse, weil deren Sauberkeit wohl einiges zu wünschen übrig ließ. Fragend hob er eine Braue. »Sahne? Zucker?«
»Sahne.«
Nachdem er ordentlich Kaffeeweißer in die heiße Flüssigkeit
geschüttet hatte, rührte er mit einem fleckigen Plastiklöffel um, der offenbar schon häufiger benutzt worden war. Er reichte ihr die Tasse. Sie wollte die Finger um das warme Porzellan schließen, aber er hielt die Tasse fest, bis sie die Lider hob. Sie schluckte unwillkürlich, als sie in die meergrünen Tiefen blickte, in denen sie sich schemenhaft spiegelte.
»Ihre Haare und Ihre Augen sind von einer ungewöhnlichen Farbe«, bemerkte er.
Lauri war stolz auf ihre schönen kastanienbraunen Locken, auf die das Sonnenlicht kupferfarbene Reflexe zauberte. Dazu die braunen Augen, durchschimmernd wie funkelnde Rauchtopase. Der gelbe Leinenanzug unterstrich beides und betonte ihren honigfarbenen Teint.
Sollte sie sich jetzt etwa bedanken? Zumal es bestimmt kein aufrichtig gemeintes Kompliment war. Stattdessen lächelte sie nur spröde, versuchte krampfhaft, ihm die Kaffeetasse aus der Hand zu ziehen. Er gab sie ihr und goss sich selber eine Tasse ein.
»Erzählen Sie mir von meiner Tochter, Mrs. Parrish«, meinte er, indem er die Anrede bewusst spöttisch dehnte. Er trat hinter den Schreibtisch, schwang sich in den leise knackenden Sessel und legte die Füße auf die Tischplatte.
Steif, mit durchgedrückter Wirbelsäule setzte Lauri sich auf den Stuhl ihm gegenüber. Nippte an ihrem Kaffee. Er war so ekelhaft bitter, wie sie vermutet hatte. Als sie unwillkürlich das Gesicht verzog, grinste er matt. »Sie müssen entschuldigen, dass er so schlecht ist.«
»Er ist gut, Mr. Sl … Rivington.«
Sie starrte in die Kaffeetasse, und als er schwieg, sah sie
ihn unschlüssig an. Zu ihrer Verblüffung buchstabierte er seinen Namen im Gehörlosenalphabet: D-R-A-K-E. Sein Stirnrunzeln signalisierte ihr, dass sie ihn mit Vornamen anreden sollte.
Sie befeuchtete sich die Lippen, lächelte nervös und zeigte mit den Fingern Lauri . Er nahm die Füße vom Schreibtisch, beugte sich im Sessel vor, winkelte die Ellbogen auf der Tischplatte an und stützte das Kinn auf die Hände.
Lauri hielt das für einen günstigen Augenblick, seine Kenntnisse in Zeichensprache zu testen. Dr. Norwood war wirklich sehr zurückhaltend gewesen, was Drake Rivington betraf. Bestimmt wollte die Institutsleiterin, dass sie sich ihr eigenes Bild von dem Vater der kleinen Jennifer machte. Mit langsamen und exakten Gesten fragte Lauri ihn in der Zeichensprache: Benutzen Sie die Gebärdensprache im Umgang mit Jennifer?
»Ich habe Jennifer erkannt, mehr nicht«, sagte er, als sie die Hände sinken ließ.
Sie versuchte es erneut: Wie alt ist Ihre Tochter? Darauf reagierte er gar nicht. Er saß nur da, fixierte sie mit einem verständnislosen Blick seiner faszinierend grünen Augen. Lauri buchstabierte: Welche Haarfarbe hat sie? Nichts. Lieben Sie Jennifer?
»Jennifer hab ich erkannt. Den Rest nicht, tut mir leid. Ich glaube, das bedeutet Liebe.« Er kreuzte die Arme über der Brust, wie sie es zuvor gemacht hatte.
»Stimmt, Drake. Und von jetzt an buchstabieren Sie Ihren Namen so, das ist kürzer.«
Sie machte das Zeichen für den Buchstaben D und führte die Hand dann an die Mitte ihrer Stirn. »Das heißt Vater .«
Sie berührte mit dem Daumen ihre Stirn, ihre anderen Finger gespreizt. »Wir kombinieren die beiden. Gesehen?«
Er nickte. Das heißt Lauri. Sie machte den Buchstaben L und strich sich vom Wangenknochen bis zum Kinn. »Das bedeutet Mädchen .« Sie strich sich mit dem Daumen über die Wange, ihre Hand eine lockere Faust. »Sehen Sie, wie wir die beiden Zeichen kombinieren, um einen Namen zu bilden?«
»Ja.« Er hatte sie aufmerksam beobachtet. »Für Jennifer formen wir den Buchstaben J mit unserem kleinen Finger und machen dann ein Symbol für ihre Locken.«
»Exakt!« Sie lächelten einander an, und für
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