Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie ein stummer Schrei

Wie ein stummer Schrei

Titel: Wie ein stummer Schrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dinah McCall
Vom Netzwerk:
Kamins gerichtet. Ob sie wegen des toten Mädchens so aufgewühlt war, oder ob es damit zusammenhing, dass er der Cop war, der sie befragen würde, vermochte er nicht zu sagen. Doch das war auch nicht von Bedeutung, denn er hatte seine Arbeit zu erledigen, und je eher das geschah, desto früher konnte er gehen. Schließlich kam Marcus zu ihnen und setzte sich zu seiner Enkelin aufs Sofa. Trey sah mit an, wie der alte Mann Olivias Hand sanft drückte und sich dann zurücklehnte.
    “Nun, Detective, wie kann ich Ihnen behilflich sein?”
    “Ich muss Ihnen einige Fragen stellen”, antwortete er und zog einen Notizblock aus der Tasche. Dass die damaligen Eigentümer des Hauses nichts mit dem Tod des Kindes zu tun haben konnten, darüber herrschte Einigkeit, dennoch durfte er keine Spur außer Acht lassen. “Kannten Sie mal ein Ehepaar namens David und Carol Lehrman?”
    “Nein, wieso?” gab Marcus ohne Zögern zurück. “Wer sind diese Leute?”
    “Sind Sie sich ganz sicher? Das ist immerhin Jahrzehnte her.”
    Unüberhörbar ungehalten konterte Marcus: “Ich bin alt, aber nicht senil. Jedenfalls noch nicht. Wenn ich sage, ich kenne sie nicht, dann kenne ich sie auch nicht.”
    Sichtlich verärgert über die von Trey geäußerten Zweifel wollte Olivia etwas hinzufügen, doch ihr Großvater schüttelte wortlos den Kopf. Es kostete sie all ihre Zurückhaltung, zu schweigen.
    Er hörte den Sarkasmus in Marcus’ Stimme, und er fühlte die Wut dieses Mannes. Doch Olivias Großvater war nicht der Einzige, der Grund hatte, um wütend zu sein. Da war dieser Koffer mit den Knochen eines toten Kindes, und beim Gedanken daran konnte Trey kein Mitgefühl mit einem Mann haben, dem es lediglich zu viel war, ein paar Fragen zu beantworten.
    Äußerlich konnte man Trey nichts von diesem Zorn anmerken, doch sein Tonfall war deutlich gereizt. “Hören Sie, Mr. Sealy. Es tut mir sehr Leid, wenn es Sie stört, einige Fragen gestellt zu bekommen. Aber mich stört es noch viel mehr, dass jemand ein totes Kleinkind in einen Koffer gesteckt und eingemauert hat und dass offenbar niemand in den letzten fünfundzwanzig Jahren dieses Kind vermisst hat. Mich stört es, dass jemand glaubt, er sei ungeschoren mit einem Mord davongekommen.”
    “Sie haben natürlich Recht, Detective Bonney”, gab Marcus betreten zurück. “Entschuldigen Sie mein Verhalten. Es ist nur so, dass Olivia und ich seit Tagen von Journalisten bestürmt werden, und allmählich ist meine Geduld erschöpft. Aber ich sollte das nicht an Ihnen auslassen. Es tut mir Leid.”
    Trey zuckte mit den Schultern und nickte verstehend. “Ich bin selbst auch ein wenig gereizt. Was halten Sie davon, wenn wir einfach noch mal von vorn anfangen?”
    “Einverstanden.”
    Als er Olivia ausatmen hörte, hätte er sich am liebsten ihr zugewandt, doch das wagte er nicht. Stattdessen konzentrierte er sich auf sein Notizbuch und sah wieder zu Marcus.
    “Sie hatten nur ein Kind, stimmt das?”
    Marcus nickte bedächtig. “Ja, einen Sohn. Michael.”
    “Und er und seine Frau Kay hatten ebenfalls nur ein Kind?”
    “Ja, meine Enkelin Olivia.”
    Vorsichtig sah Trey in ihre Richtung. Sie saß auf der äußersten Kante des Sofas, die Hände in den Schoß gelegt, die Miene angespannt. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hätte sie ihn wohl am liebsten geohrfeigt.
    “Sonst noch jemand? Irgendwelche Cousins oder Cousinen? Jemand, der ein Kind hatte, das damals genauso alt war wie Liv… wie Ihre Enkelin?”
    Der alte Mann stieß einen von Herzen kommenden Seufzer aus und stützte die Ellbogen auf seine Knie. “Früher waren die Sealys zahlreich, doch drei Kriege und diverse Naturkatastrophen haben ihren Preis gefordert. Ich habe eine Cousine zweiten Grades, aber sie ist Nonne, womit von ihr natürlich kein Nachwuchs zu erwarten ist. Ich hatte einen Bruder, der homosexuell war. Mit neunundzwanzig nahm er sich in einem Hotel in Paris das Leben, nachdem sein Geliebter ihn verlassen hatte. Damit blieben nur meine jüngere Schwester und ich, um unsere Familie fortbestehen zu lassen. Mit meiner Frau hatte ich nur den einen Sohn, und meine Schwester hat nie geheiratet, auch wenn ich mir sicher bin, dass sie zu ihrer Zeit vielen Männern das Herz gebrochen hat.”
    “Wo lebt sie?” wollte Trey wissen.
    “Zusammen mit einem Dutzend Katzen in einem alten Leuchtturm vor der Küste von Maine”, antwortete er grinsend. “Sie malt den Leuchtturm und verkauft die Bilder an Touristen. Kein

Weitere Kostenlose Bücher