Wie ein stummer Schrei
Falls muss der Test in einer von unseren Einrichtungen vorgenommen werden.”
“Wo sollen wir hinkommen, Detective Bonney?” fragte Olivia.
“Ich werde Sie beide zum Labor fahren.”
“Das können wir auch selbst machen”, sagte Marcus.
“Nein, Sir. Ich muss Sie zum Labor begleiten.”
“Und wenn wir das nicht wollen?” fuhr Olivia ihn daraufhin an.
Ihre Wut war so unbändig, dass jedes ihrer Worte wie eine schallende Ohrfeige bei ihm ankam. Dabei war es nicht seine Schuld, dass er ihr solche Unannehmlichkeiten bereiten musste. Jeder andere hätte genau das Gleiche getan.
“Hören Sie”, entgegnete Trey und versuchte trotz der persönlichen Anfeindung professionelle Gelassenheit zu wahren. “Das ist nicht meine Idee, und es ist auch nicht meine Schuld. Ich führe lediglich eine Anweisung meines Vorgesetzten aus, und dazu gehört, dass ich beweise oder widerlege, ob es Verbindungen zwischen Ihnen und dem toten Kind gibt. Ich werde Sie beide morgen früh um zehn Uhr abholen, ins Labor fahren und wieder nach Hause bringen. Mit etwas Glück werden Sie mich danach nie wiedersehen.”
In dem Moment kam Rose mit einer Kaffeekanne und drei Tassen auf einem Tablett in die Bibliothek. Trey nickte ihr höflich zu und sagte: “Ma’am, es tut mir Leid, aber ich werde auf den Kaffee verzichten müssen. Trotzdem vielen Dank für die Mühe.”
Die Haushälterin, die nichts von der gereizten Stimmung im Raum wahrnahm, lächelte ihn an. “Dann vielleicht nächstes Mal.”
Marcus stand auf, als Trey zur Tür ging. “Machen Sie sich keine Mühe”, murmelte er. “Ich finde schon allein raus.”
Auch wenn ihm die Begegnung mit dem Detective gar nicht gefiel, wollte Marcus nicht unhöflich sein. “Olivia, Darling”, sagte er. “Würdest du Detective Bonney bitte zur Tür begleiten?”
Sie wollte es nicht, aber ein Nein hätte ihren Großvater nur misstrauisch gemacht, und dann hätte sie ihm Dinge erzählen müssen, an die sie ihn nicht erinnern wollte.
“Selbstverständlich”, antwortete sie, ging an Trey vorbei und blieb nur einmal kurz stehen, um sich zu vergewissern, dass er ihr auch folgte.
Als sie sah, wie er sich auf die Unterlippe biss, wusste sie, dass er sich in ihrer Gegenwart genauso unbehaglich fühlte wie umgekehrt. Sie schwieg beharrlich, doch als sie an der Haustür ankamen, kämpfte sie vergeblich mit den Tränen.
Trey seufzte bei diesem Anblick und fuhr sich durchs Haar. “Livvie … hör zu”, sagte er.
Niemand außer ihm hatte sie je so genannt. Der Name brachte zu viele traurige Erinnerungen zurück. “Trey … ich wusste nicht, dass …”
Er hob eine Hand und unterbrach sie leise: “Es ist schon okay, ich verstehe es.” Dann aber verzog er einen Mundwinkel. “Nein, das stimmt eigentlich nicht. Ich verstehe es nicht. Bestenfalls kann ich erahnen, was ihr beide gerade durchmacht. Es tut mir Leid, wenn ich so schmerzhafte Erinnerungen heraufbeschwören muss, aber wenn du das Haus gesehen hättest … und den Koffer … und seinen Inhalt …” Wieder seufzte er. “Irgendjemand hat ein kleines Kind ermordet, Livvie, und ich werde alles tun, damit er seine gerechte Strafe bekommt.”
“Ich weiß”, erwiderte Olivia. “Das verstehen wir ja auch. Aber es macht mir solche Angst. Jede Frage von dir bedroht meine Existenz … meine Identität. Außerdem hatte ich nicht damit gerechnet, den Detective persönlich zu kennen, der sich um den Fall kümmert.” Sie atmete durch und fügte an: “Es tut mir Leid.”
Trey zuckte mit den Schultern. “Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest.”
“Oh doch, das gibt es. Ich war zuvor nicht stark genug, aber ich werde es dir jetzt sagen, wenn auch Jahre zu spät.”
“Hör auf, Livvie. Das ist so lange her. Du musst nicht …”
“Ich war ein Feigling”, erklärte sie und hob trotzig das Kinn. “Ich wusste nicht, wie ich mich gegen meinen Großvater durchsetzen sollte. Ich fühlte mich immer schuldig, dass man mich entführt hatte.”
“Wieso schuldig?”
“Weil Grampy dadurch seinen einzigen Sohn verlor. Ich gab seinen Forderungen nach, obwohl ich es gar nicht wollte. Mir war nicht klar, was ich dadurch verlieren würde.” Sie stieß einen Seufzer aus. “Ich kann nur sagen, es tut mir Leid. Ich weiß, es ist lange her. Aber ich wäre froh, wenn ich wüsste, dass du es mir nicht nachträgst.”
Trey hätte sie am liebsten in die Arme genommen, begnügte sich aber mit einem Händedruck. “Ich trage dir nichts
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