Wie eine Rose im Morgentau
versprochen hatte, schmeckten ihre Muscheln in Weißwein und das geröstete Lamm vorzüglich. Und die Crème brûlée mit dem Karamellüberzug war ein Gedicht. Sie hatten sich über Pearl und Rachels Recherchen unterhalten. Dann erzählte Bryn von einer Holzverarbeitungsfabrik, die er kürzlich in Amerika erworben und die früher auch ein Familienbetrieb gewesen war. Nachdem man dort unter anderer Leitung weitergemacht hatte, war es abwärts gegangen.
„Nur durch schlechtes Management“, erklärte er. „Aber mit dem richtigen Mann an der Spitze können wir es wieder profitabel machen.“
„Und woher weißt du, wer der Richtige ist?“
„Im Grunde sagt mir das mein Instinkt und die Erfahrung. Ich habe nicht oft falsch gelegen, aber wenn jemand nicht die Erwartungen erfüllt, ist er mit einer ansehnlichen Abfindung draußen, ehe er weiteren Schaden anrichten kann.“
„Ach wirklich? So einfach wirst du die Leute wieder los?“
„Manchmal macht das Arbeitsrecht es einem fast schwerer, einen nutzlosen, unredlichen Angestellten loszuwerden als eine Ehe aufzulösen. Aber wir haben faire Verträge, und ich versuche immer, Streitigkeiten auf friedlichem Weg zu regeln.“
„Indem du die Leute ausbezahlst?“
Bryn zuckte die Schultern. „Das ist eben der Preis, den ich zahlen muss, wenn ich den Falschen angestellt habe. Wir alle zahlen in irgendeiner Form für unsere Fehler. Und Geld vereinfacht das Ganze.“
„Aber mit Geld kann man nicht alles geradebiegen.“
„Das meiste schon“, widersprach Bryn unbekümmert. „Du glaubst gar nicht, wie leicht Menschen zu beeinflussen sind, wenn du bereit bist, dich von genügend Barem zu trennen.“
Der alte Song der Beatles „Can’t Buy Me Love“ fiel Rachel ein und ging ihr den ganzen Abend nicht mehr aus dem Kopf.
Nachdem sie nach Rivermeadows zurückgekehrt waren, bedankte sie sich bei Bryn für den Abend. „Du hast nicht zu viel versprochen.“
„Gern geschehen.“ Er ging neben ihr die Treppe hinauf. „Wir sollten das irgendwann mal wiederholen.“
Als sie oben vor ihrer Schlafzimmertür angekommen waren, griff er nach ihrer Hand. „Rachel?“
Sein fragender, erwartungsvoller Blick ruhte auf ihr. Ein Teil von ihr sehnte sich danach, ihm die Antwort zu geben, die er sich wünschte – und vielleicht erwartete. Ihr Mund war plötzlich trocken, und sie wich ein kleines Stück zurück. „Noch mal danke, Bryn. Es war sehr nett, obwohl du mir eigentlich nichts schuldest.“
Ihm war die Zurückweisung nicht entgangen, und er verzog den Mund. „Jederzeit gern“, meinte er, ohne ihre Hand loszulassen. „Gute Nacht, Rachel.“ Er beugte sich vor, gab ihr einen sanften Kuss auf den Mundwinkel und verharrte lange genug, damit sie sich umbesinnen und ihn ebenfalls küssen würde.
Sie tat es nicht, auch wenn sie hin und her gerissen war. Als er ihre Hand losließ und zu seinem Zimmer ging, war sie jedoch nicht nur erleichtert, sondern spürte auch Bedauern.
In den folgenden Wochen schien Bryn öfter zu Besuch nach Rivermeadows zu kommen als üblich. Manchmal erschien er mitten in der Woche, blieb den Abend oder sogar die ganze Nacht. Vielleicht weiß er nicht, was er mit sich anfangen soll, dachte Rachel, jetzt, wo Kinzi nicht mehr da ist und er noch keinen Ersatz gefunden hat. Oder er beklagte seinen Verlust und war noch nicht bereit, sich auf eine neue Beziehung einzulassen.
Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, Rachel und auch seiner Mutter einen Kuss auf die Wange zu geben, wenn er kam oder sich wieder verabschiedete. Ein paarmal ging sie mit ihm reiten. War sie mal am Wochenende nicht da, weil sie ihre Familie oder alte Freunde besuchte, erklärte er ihr, dass er sie vermisst habe.
Manchmal konnte er seine Mutter überreden, mit ihm irgendwo zum Lunch zu gehen. Beide bestanden dann darauf, dass Rachel auch mitkam. Es war offensichtlich, dass er seine Mutter wieder zu einem normalen Leben überreden wollte. Sie hatte sogar schon ein paar Leute zum Brunch eingeladen, nachdem sie mit Rachel in der kleinen Dorfkirche gewesen war.
An dem Tag, als Pearl beim Frühstück verkündete, ein neues Auto kaufen zu wollen, glaubte Rachel für einen Moment, dass Bryn Beifall klatschen würde. Aber das freudige Leuchten in seinen Augen wurde von einer gewissen Vorsicht überschattet. „Gute Idee. Ich helfe dir, einen auszusuchen, wenn du mir ein paar Tage Zeit gibst, damit ich mir freinehmen kann.“
„Wenn ich gefunden habe, was ich mir vorstelle“,
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