Wie eine Rose im Morgentau
es.“ Sie musste sich nicht dafür schämen, dass sie ihrem Schwur treu geblieben war.
Schweigend lag er einen langen Augenblick da. „Warum hast du mir nichts gesagt?“, meinte er schließlich. „Ich hätte dir wehtun können? War es so?“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Zu Anfang war es nur ein bisschen unangenehm …“
„Ich hätte es wissen müssen“, murmelte er.
„Ich dachte, du hättest es geahnt. Als wir verlobt waren, hast du nie … du hast nie vorgeschlagen, dass wir miteinander schlafen.“
„Es schien mir richtig, dich erst zu heiraten. Ich hoffte, dass du mich nicht wieder beschuldigen würdest, dich zu benutzen, wenn ich dich nicht bedränge. Und irgendwie war es auch eine Art Buße“, fügte er leiser hinzu.
„Für was denn?“
„Für die Vergangenheit.“ Er stockte. Sein Ton hatte etwas Verzweifeltes, als er fragte: „Bin ich der Grund dafür, dass du mit siebenundzwanzig noch Jungfrau bist? Wegen dem, was ich getan habe …“
„Bilde dir nur nichts ein“, sagte sie schnell. Anscheinend hatte er sich immer noch nicht verziehen. „Viele Frauen haben andere Interessen, für die sie ihre Energie verwenden. Außerdem ersparen sie sich so viel Schmerz und Komplikationen.“
Er zog sie näher zu sich. „Trotzdem, es schmeichelt mir, dass du geglaubt hast, ich sei es wert.“
Weil ich dich liebe. Doch sie sagte es nicht laut. Vermutlich war er der Wahrheit gefährlich nahe gekommen, als er fragte, ob er der Grund dafür sei, dass sie noch nie mit einem Mann geschlafen hatte. Nicht, weil sie traumatisiert gewesen wäre oder sich in ihrer romantischen Vorstellung für die große Liebe aufheben wollte. Vielmehr hatte sich nie ein anderer Mann mit ihrer Erinnerung an Bryn Donovan messen können.
Nun war sie Bryns Frau. Selbst wenn er nicht so fühlen sollte wie sie, würde er sein Versprechen halten, sie zu lieben, zu ehren und aufrichtig zu ihr sein.
Sollte damit nicht jede Frau zufrieden sein?
Sie liebten sich nun jeden Tag, oft sogar mehrmals, und lernten ihre Körper kennen.
Als das Meer sich ein wenig beruhigt hatte, vergnügten sie sich in den Wellen und kehrten dann lachend auf ihr Zimmer zurück. Nachts gingen sie ab und zu mit einer Decke zum Strand hinunter und liebten sich im Rhythmus der Wellen.
Die Zeit verging viel zu schnell, und schließlich kam der Tag, an dem sie nach Rivermeadows zurückkehren mussten.
Rachel zog in Bryns Zimmer und überzeugte Pearl, dass sie nicht umziehen müsse. „Vielleicht später mal“, meinte sie lachend zu ihrer frisch gebackenen Schwiegermutter. „Wenn das Haus voller Kinder ist und du den Lärm nicht mehr ertragen kannst.“
Pearl gab sich entrüstet. „Es ist mir völlig egal, wie viel Krach meine Enkel machen.“
Nachdem Rachel wieder mit ihrem Unterricht begonnen hatte, blieben sie und Bryn oft über Nacht in der Stadt, aber sie spürte doch, dass Rivermeadows ihr eigentliches Zuhause war.
Die Geschichte der Donovans wurde unter Pearls Regie der Öffentlichkeit vorgestellt. Pearl schien ganz in ihrem Element und stellte jedem die Frau seines Sohnes vor, die sie noch nicht kennengelernt hatten.
Nach ihrem ersten Semester fühlte Rachel sich bereit für eine Schwangerschaft, doch als die Zeit verstrich, machte sie sich allmählich Sorgen.
Auch wenn Bryn beteuerte, keine Eile damit zu haben, quälte sie sich, weil sie ihm noch nicht das geben konnte, was er sich von der Ehe mit ihr versprochen hatte.
Im Internet holte sie sich Ratschläge, was sie zu tun oder zu lassen hatte, um eine Empfängnis möglich zu machen. Mangel an Sex war sicherlich nicht das Problem. Zwar hatten sie nicht mehr so viel Gelegenheit wie in den Flitterwochen, aber es war immer noch wundervoll, und Rachel war zuversichtlich, dass Bryn sie eines Tage sogar lieben würde.
Nicht dass er sie mit Koseworten oder Blumen überhäufte. Aber wenn er sie ansah, lag Wärme in seinem Blick, und sprühendes Verlangen lauerte in den Tiefen seiner dunklen Augen. Er lachte oft, und wenn er aus geschäftlichen Gründen ein oder zwei Tage nicht da war, schienen seine Augen beim Wiedersehen aufzuleuchten. Und ihr Liebesspiel war noch leidenschaftlicher und aufregender geworden.
„Die Ehe bekommt Bryn“, meinte Pearl. „Seit Jahren habe ich ihn nicht mehr so entspannt und glücklich gesehen.“
An ihrem ersten Jahrestag bestellte Bryn einen Tisch in einem exklusiven Restaurant in Auckland, für das Rachel sich extra ein neues Kleid gekauft hatte. Es war
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