Wie entführt man einen Herzog?
kann. Ich bin fest entschlossen, zumindest einen Versuch zu machen. Und dazu brauche ich das Buch, das ich bestellt habe. Es kostet ja nur ein paar Pfund.“
„Hast du dir jemals klargemacht, wie viel Zeit du mit Lesen verschwendest?“
Hector, der selbst nur das Allernötigste las, betrachtete das Studium von Büchern grundsätzlich als Zeitverschwendung. Penelope konnte sich noch gut daran erinnern, wie unbehaglich er sich im Schulzimmer gefühlt und wie sehr er sich stets bemüht hatte, dem Unterricht so schnell wie möglich zu entfliehen. Ungeduldig hatte er auf den Tag gewartet, an dem ihr Vater ihm die Führung des Geschäfts überlassen würde. Penelope hatte nie begriffen, warum ein Mensch, dem so wenig an Büchern lag wie Hector, überhaupt den Wunsch verspürte, eine Druckerei zu leiten.
„Einige Menschen betrachten Lesen nicht als Zeitverschwendung, Hector. Für mich jedenfalls ist es das größte Vergnügen, das ich mir vorstellen kann.“
„Sich zu vergnügen ist nicht der Sinn des Lebens, Penny. Ich bin sicher, du kannst eine sinnvollere Beschäftigung finden.“ Er musterte seine Schwester eingehend. „Ich bin ganz zufrieden damit, dass du nicht so oberflächlich bist wie einige der jungen Damen, die sich nur dafür interessieren, wie sie sich möglichst schnell einen reichen Gatten angeln können. Aber statt mit Büchern, könntest du dich mit wohltätigen Werken beschäftigen. Glaubst du nicht, dass es gut wäre, dich um die Armen und Kranken zu kümmern?“
Sie biss die Zähne zusammen und begann erneut, lautlos zu zählen. Wohltätigkeit war sicher etwas sehr Wichtiges. Allerdings überließ Penelope es gern anderen, den Bedürftigen zu helfen. Sie selbst verbrachte ihre Zeit lieber in der Gesellschaft von Büchern als von Menschen. Im Umgang mit Letzteren war sie nämlich nicht besonders geschickt. Auch wusste sie, dass Damen, die sich wohltätigen Werken widmeten, im Allgemeinen jede Hoffnung auf einen Ehemann und auf eigene Kinder aufgegeben hatten. Sie galten als alte Jungfern. Und zu diesem Kreis zählte Penelope sich noch nicht. Oder war es womöglich doch an der Zeit, sich damit abzufinden, dass sie niemals heiraten würde?
Nun, sagte sie sich, wenn ich mich wirklich damit abfinden muss, ledig zu bleiben, dann kann ich das auch daheim tun, vor dem flackernden Kaminfeuer und in Gesellschaft von Homer.
Diesmal war es ihr gelungen, bis acht zu zählen, ehe sie herausplatzte: „Es ist keineswegs so, dass ich mich davor drücken möchte, etwas für die Gesellschaft zu tun. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass mein Beitrag genauso wertvoll ist, wenn ich ihn für die Wissenschaft leiste und nicht für die Kranken und Unglücklichen. Im Übrigen spende ich schon seit Längerem regelmäßig für die Kirche. Mein Geld ist eine größere Hilfe, als meine Arbeitskraft es je sein könnte. Niemand hat also einen Grund, sich über mich zu beklagen.“
Ihr Bruder schaute sie missbilligend an. „Im Gegenteil! Ich habe allen Grund, unzufrieden mit dir zu sein. Und ich wünschte, du würdest meine Beschwerden ernster nehmen. Schließlich hat unser Vater mir die Verantwortung für dich und dein Erbe übertragen.“
Sie seufzte. „Diese Regelung gilt nur bis zu dem Tag, da ich heirate.“
„Wir wissen beide, wie unwahrscheinlich es ist, dass dieser Tag je kommen wird. Ich fürchte, Penny, damit müssen wir uns beide abfinden.“
Da er sie von jeher für einen unverbesserlichen Blaustrumpf ohne Heiratschancen gehalten hatte, sollte das wohl heißen, dass jetzt auch sie sich damit abfinden musste.
„Es mag ja angehen, dass man sich eine Zeit lang nur für Bücher interessiert“, fuhr Hector fort – gerade so, als wolle er ihre Überlegungen bestätigen –, „aber ich hatte gehofft, du würdest diese unglückliche Vorliebe nach einer Weile überwinden. Natürlich erwarte ich nicht, dass du ein Vermögen für Kleider ausgibst, Schnittmustertafeln studierst und mit Freundinnen stundenlang über die Vorteile verschiedener Stoffe diskutierst. Aber du legst überhaupt keinen Wert auf dein Äußeres! Stattdessen füllst du deinen Kopf mit gänzlich unweiblichen Gedanken. Du glaubst, du müsstest zu allem eine eigene Meinung haben. Das, meine Liebe, ist völlig absurd! Und nun willst du auch noch Griechisch lernen!“
Sie starrte ihn an.
„Irgendwer muss diesem Unsinn ein Ende setzen“, verkündete Hector würdevoll. „Da du offenbar nicht zur Vernunft kommst, sehe ich mich gezwungen,
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