Wie es Euch gefaellt, Mylady
Heath Boscastle hätte sie auch unter tausend fremden Gesichtern herausgefunden. Er sah immer noch umwerfend gut aus. Einige der jungen Damen waren sich nicht zu schade, in auffallend gezierten Posen direkt unter der Galerie zu flanieren und ihm kokette Blicke über ihre Fächer hinweg zuzuwerfen.
Auch ihr Verlobter zog begehrliche Blicke auf sich. Julia fielen zwei junge Damen auf, die kichernd in ihrer Nähe stehen blieben.
„Ob sie uns bemerken?“, flüsterte eine.
Die Freundin warf wieder einen verstohlenen Blick zur Galerie hinauf. „Boscastle hat mir direkt in die Augen gesehen.“
„Und Sir Russell?“
„Er hat sich ja kürzlich verlobt. Aber auch er schaut zu uns herunter.“
„Himmlisch. Lass uns ihre Blicke erwidern. Sie sind zwei anbetungswürdige Götter.“
Julia räusperte sich vernehmlich. Die jungen Mädchen erschraken und drängten sich schüchtern aneinander. „Aber meine Damen“, sagte sie im Ton einer strengen Gouvernante, „hat man Ihnen nicht gesagt, dass es nicht nur unhöflich, sondern unverzeihlich dreist ist, fremde Herren anzustarren selbst wenn es sich um Götter handelt.“
Die jungen Dinger senkten beschämt die Köpfe und suchten hastig das Weite, während Julia, sich ihrer Heuchelei ohne Gewissensbisse bewusst, die beiden Männer weiterhin heimlich beobachtete. Sie konnten doch nicht die ganze Zeit über sie reden? Jedenfalls wirkten sie indes völlig gelassen, woraus zu schließen war, dass Heath ihr Geheimnis nicht verraten hatte.
In diesem Augenblick richtete Heaths Blick sich in ihre Richtung. Blitzschnell huschte Julia hinter die Säule. Wenn Russell erfuhr, was zwischen Heath und ihr vorgefallen war, wäre er entsetzt. Allein der Umstand, dass sie ein Geheimnis daraus gemacht hatte, verschlimmerte ihre Schuld.
Sie hatte guten Grund, sich schuldig zu fühlen. Schließlich hatte sie auf einen Mann geschossen und ihn anschließend ermutigt, ihr Avancen zu machen. Nicht nur das, sie hatte ihn geradezu provoziert, sie an jenem unvergesslichen Nachmittag zu entehren.
Das Bild, wie Heath zwischen den Felsen lag, bleich und reglos, ließ ihr immer noch das Blut in den Adern gefrieren. Bis heute verspürte sie die schwindelerregende Erleichterung, als sie sich über ihn geworfen und festgestellt hatte, dass er am Leben war. Sehr lebendig sogar. Der Blick seiner blauen Augen hatte sie versengt wie eine Flamme. Er war fassungslos, wütend … und verwirrend männlich.
Sie hatte das deutliche Gefühl gehabt, von seinen Blicken entkleidet zu werden, und das, obwohl sie ihn um Haaresbreite ins Jenseits befördert hätte.
„Sie haben auf mich geschossen.“
„Kein Wunder.“ Sie war vor Entsetzen wie gelähmt gewesen. Der Schuss aus ihrer Pistole hatte ihm womöglich die Schulter zerfetzt. Wenn Ihr Vater davon erfuhr, würde er ihr die Waffe wieder wegnehmen. „Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, mich von hinten anzuspringen?“
„Ich hielt sie für einen Freund von mir.“
„Und ich hielt Sie für den tollwütigen Fuchs, der letzte Nacht in den Hühnerstall eingebrochen ist.“
„Sehe ich aus wie ein tollwütiger Fuchs?“, fragte er.
Nein, dachte sie und biss sich auf die Zunge. Er sah aus wie ein wütender Panther auf dem Sprung, gefährlich und kraftvoll. Mit einer magischen Ausstrahlung. Sie war natürlich vor ihm gewarnt worden. Jede Debütantin wollte sich einen Boscastle angeln. Und sie hatte auf einen geschossen. Zählte das?
Und dann machte sie alles nur noch schlimmer und zerrte ihm das Hemd von den Schultern. In ihre Erleichterung, dass die Kugel seine Schulter nur gestreift hatte, mischte sich ein erregendes Prickeln beim Anblick seines muskulösen Oberkörpers.
„Sieht weniger schlimm aus, als ich befürchtete.“ „Sie haben gut reden.“ „Es tut mir leid.“
Und damit hatte alles begonnen. Ein peinliches Versehen hatte zum köstlichsten sinnlichen Abenteuer in ihrem Leben geführt.
Seine berauschenden Küsse, die sündige Erregung, an seinen harten männlichen Körper gepresst zu sein, verfolgten sie bis zum heutigen Tag, sogar bis in ihre Träume. Nie hätte sie sich vorgestellt, nicht vorher und auch später nicht, dass ein Mann sie so wehrlos machen konnte, sie so sehr in seinen Bann zu ziehen vermochte.
Und nun wusste sie beim besten Willen nicht, was sie sagen sollte, wenn sie ihm heute Abend begegnen würde.
Wenn sie gelegentlich darüber nachdachte, wie ihr Leben bisher verlaufen war, wünschte sie sich beinahe, er
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