Wie es Euch gefaellt, Mylady
dass du mich bei unserer ersten Begegnung beinahe totgeschossen hättest.“
„Deine eigene Schuld. Hättest du dich nicht hinter dem Felsen versteckt. Ich hielt dich für einen Fuchs.“ Nun, da sie ihre Stimme wiedergefunden hatte, sprudelten die Worte aus ihr heraus. Der warme Glanz in seinen Augen nahm ihr die Hemmungen. „Ach Heath, hast du mir verziehen? Hast du eine bleibende Narbe davongetragen?“
„Ja. Und noch mal ja. In der Zwischenzeit sind ein paar Narben dazugekommen, wobei deine Narbe die einzige ist, mit der mich angenehme Erinnerungen verbinden.“
Es entstand eine Pause. Sie war sich ihres klopfenden Herzens bewusst, der Blicke einiger Gäste, die sie neugierig musterten, und der Tatsache, dass die Zeit seine magische Anziehungskraft nur verstärkt hatte. Sie hatte verblüfft reagiert, als Russell ihr erzählte, Heath habe nie geheiratet. Aber er war noch jung und konnte es sich leisten, abzuwarten, um die beste Wahl unter den Schönen des Landes zu treffen.
Wieder ertappte sie sich dabei, ihn anzustarren. Er lächelte, und in seinem Lächeln entdeckte sie keine Spur von Selbstgefälligkeit oder Überheblichkeit. Der perfekte Gentleman, dem nichts daran lag, in hämischer Schadenfreude an eine sündige Episode aus seiner Vergangenheit zu denken.
Dieses Wiedersehen gestaltete sich noch schwieriger, als sie es sich ausgemalt hatte. Er war der charmante Herzensbrecher geblieben. Der Krieg hatte so viele Männer aus ihrem Bekanntenkreis verändert, und Heath war, wie sie wusste, in Gefangenschaft geraten und hatte viel gelitten. Aber seine unbeschwerte Heiterkeit schien er nicht verloren zu haben.
Er räusperte sich.
Julia gab sich einen Ruck und wandte den Blick von ihm ab.
„Möchtest du etwas trinken?“, fragte er und zog sie in den Flur.
„Trinken?“ Sie wünschte, ihn nicht ständig halb nackt vor sich zu sehen, nicht daran zu denken, wie die Hand, die nun höflich ihren Ellbogen umspannte, die intimsten Stellen ihres Körpers berührt und liebkost hatte. Er wirkte so gelassen. Die Erinnerung an ihre verbotenen Spiele schien ihn lediglich zu amüsieren.
„Ja“, entgegnete er leichthin. „Ein Getränk. Du weißt, etwas Flüssiges, das man gelegentlich aus einem Glas schlürft.“
„Ein Getränk“, wiederholte sie mechanisch.
„Soll ich dir eine Zeichnung machen?“ Er bewegte die freie Hand vor ihrem Gesicht. „Julia?“
Seine neckende Stimme klang ebenso verführerisch dunkel wie in ihrer Erinnerung. Er hatte diesen trockenen, ein wenig sarkastischen Humor, der es ihr schwer machte, klar zu denken und sich nicht anmerken zu lassen, dass jedes seiner Worte, jede Geste die Vergangenheit wieder in ihr aufleben ließ. Sie wich seinem Blick aus, in der Befürchtung, er ahne, was in ihr vorging. Es war geradezu absurd und lächerlich, dass sie sich an jedes Wort von damals erinnerte.
Ich habe ein Glas Rotwein getrunken, Heath.
Ja, und der ist dir zu Kopf gestiegen.
Nein, ist er nicht.
Es muss so sein, sonst würdest du mich nicht so wild küssen.
Stört dich das?
Natürlich nicht, aber ich wette, morgen wirst du es bereuen.
Keine Sorge. Ich bereue nie etwas. Jedenfalls bis heute nicht…
Er hatte seine Finger durch ihr Haar gleiten lassen und sie sanft ins Sofa gedrückt. Seine sinnlichen Lippen an ihrer Kehle hatten sie berauscht. Die Hausgäste waren zu einem Jagdausflug ausgeritten, und sie war mit Heath drei Stunden in der Bibliothek eingeschlossen gewesen, ohne die Tür öffnen zu können, zumindest hatten sie sich eingeredet, das Schloss würde klemmen. Drei schicksalhafte Stunden, die ihr Leben verändert hatten. Bis heute begleiteten sie die verbotenen Wonnen dieses Intermezzos. Die bittersüße unerfüllte Sehnsucht in ihr verstärkte sich. Er strahlte etwas aus, das Vertrauen in ihr weckte und ihre Abwehr schwächte. Und er hatte sein Versprechen gehalten.
Sie zwang ihre wirren Gedanken in die Gegenwart zurück. Er hatte ihren Arm freigegeben, aber die Wärme seiner starken Finger hatte sich in ihr ausgebreitet und machte ihr die Knie schwach.
Sie begegnete seinem wachsamen Blick und seufzte innerlich. Sie könnte sich ohne Weiteres in den Tiefen seiner Augen verlieren, genau wie damals. Die umstehenden Gäste musterten sie neugierig. Viele von ihnen wussten, dass Julia mit Sir Russell verlobt war, und kannten Heath Boscastle - den begehrten Junggesellen, den zu erobern sich jede heiratsfähige junge Dame von Herzen wünschte.
Julia begann zu lachen.
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