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Wie es uns gefällt

Wie es uns gefällt

Titel: Wie es uns gefällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ackroyd
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nichts davon gesagt – » Er schnäuzte sich noch einmal. «Diese Überraschung verheißt ganz und gar nichts Gutes.»
    «Nun, Sir, wo ist es?»
    «Es?»
    «Das Gedicht, das Ihr Sohn so prächtig beschrieben hat. Das Manuskript. Ich muss es sehen, Mr Ireland.»
    «Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wo es sein könnte, Mr Malone. William hielt es nicht für angebracht – » Mit jedem Wort wurde Samuel wütender. «Mein Sohn hatte nicht die Güte, mir auch nur ein Wort davon mitzuteilen. Er hat mir diese Sache bewusst vorenthalten. Er hat mich betrogen.»
    «Dieses Gedicht gehört nicht Ihrem Sohn, sondern der ganzen Welt.»
    «Das weiß ich, Mr Malone.»
    In diesem Augenblick betrat William Ireland die Buchhandlung. Da er noch immer vom Anblick seines Namens in den Westminster Words berauscht war, reagierte er gelassen auf die feindselige Miene der beiden Männer. Dann entdeckte er die Wochenzeitschrift auf dem Ladentisch.
    «Vater, hast du es gelesen?»
    «Was hat das zu bedeuten?»
    «Wenn du es gelesen hast, musst du es wohl wissen. Guten Tag, Mr Malone.»
    «Ich frage dich noch einmal: Was hat das zu bedeuten?»
    «Das werde ich dir erklären. Ich habe lediglich getan, wozu ich deiner Meinung nach nie imstande sein würde. Ich habe einen Essay geschrieben. Und man hat ihn veröffentlicht.»
    «Wie konntest du mir so etwas verheimlichen?»
    «Vater, du hättest es doch nur an dich gerissen und mir unterstellt, ich könne keinen guten Aufsatz schreiben. Jetzt habe ich dich widerlegt. Das ist alles.»
    Wütend starrte Samuel Ireland seinen Sohn an, sagte aber kein Wort.
    Edmond Malone war inzwischen ungeduldig geworden. «Das Ganze ist keine Angelegenheit zwischen Vater und Sohn. Wo ist das Gedicht?» Er wandte sich an William. «Sir, Sie haben sehr übereilt und hastig gehandelt und sich in eine Veröffentlichung gestürzt, ehe Sie sicheren Boden unter den Füßen hatten. Woher wissen Sie, dass das Gedicht echt ist?»
    «Ich bin mir seiner Herkunft sicher.»
    «Ach ja? Und den Beweis für die Echtheit liefert vermutlich der Instinkt. Gelehrte haben bei dieser Verhandlung nichts zu suchen.»
    «Der Bettelmann schwingt sich aufs hohe Ross», sagte sein Vater.
    Lächelnd blickte William beide an. «Mr Malone, hätten Sie die Güte, einen Augenblick zu warten?» Er lief eilends hinauf. Kurz danach kam er mit einem großen Umschlag zurück. «Mr Malone, dieses Stück vertraue ich Ihrer Obhut an! Untersuchen sie es gründlich nach allen Regeln der Kunst. Sollten Sie auch nur ein Jota an Shakespeares Autorschaft zweifeln, dann dürfen Sie diesen Zweifel getrost an die große Glocke hängen.»
    Malone ergriff eilfertig den Umschlag und zog das Manuskript heraus. «Sir, in Ihrem Essay behaupten Sie, es handle sich um ein Liebesgedicht.»
    «Lesen Sie selbst.»
    «Dieses Vergnügen hatte ich bereits. In den Westminster Words.» Trotzdem las er es noch einmal. «Gott sei Dank finde ich hier nichts, was das Zartgefühl verletzen könnte. Ich hatte schon befürchtet – »
    «Das Zartgefühl verletzen?»
    «Bei Shakespeare wimmelt es von Derbheiten. Wir leben ständig in der Angst, man könnte irgendetwas herausfinden. So viele Ferkeleien besudeln seine Dichtkunst.»
    «Ich versichere Ihnen, dieses Gedicht ist ganz keusch. Mr Malone, Sie müssen mir versprechen, dass Sie es binnen eines Monats wieder zurückbringen werden.»
    «Sie werden es schon früher wieder in den Händen halten, Mr Ireland. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass dem Blatt nicht das Geringste widerfahren wird.»
    «Wir müssen eine Quittung ausstellen.»
    «Wie Sie sehen, neigt mein Vater in solchen Angelegenheiten zu Nervosität.»
    «William, es handelt sich um etwas Kostbares. Das ist schließlich keine Kleinigkeit.»
    Prompt stellte man das kurze Schriftstück aus. Dann verließ Edmond Malone die Holborn Passage und drückte dabei den Umschlag fest an seine Brust.
     
     
    Samuel Ireland kam von der Ladentür zurück, wo er Malone winkend verabschiedet hatte. «Du hättest ihm dieses Dokument nicht geben sollen, William.»
    «Und warum nicht?»
    «Überlege doch mal, wie wertvoll es ist. Genauso gut hättest du ihm einen Sack Guineen überreichen können.»
    «Mr Malone ist ein Ehrenmann, etwa nicht?»
    «Ehre kann man kaufen und verkaufen.»
    Doch dann schien Samuel Ireland seine Worte zu bedauern. Er nahm die Westminster Words zur Hand und vertiefte sich wortlos in den Essay seines Sohnes. Als er fertig war, reichte er William die

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