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Wie es uns gefällt

Wie es uns gefällt

Titel: Wie es uns gefällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ackroyd
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Bühne deklamieren. «Das ist keine Abschrift, sondern die Originalhandschrift.»
    «Ich habe sie mit dem Text verglichen», sagte William. «Erstaunlicherweise entspricht sie in allen Einzelheiten der Folioausgabe. Mit einer Ausnahme: Sämtliche gotteslästerlichen Flüche wurden gestrichen.»
    Sein Vater griff den Faden auf. «Sir, der Barde hat im Stillen sämtliche derben Stellen gestrichen, die Sie uns geschildert haben.»
    Und William fügte hinzu: «Vermutlich handelt es sich um Shakespeares Abschrift für den Master of the Revels. Er wollte die Zensur umgehen.»
    «Höchstwahrscheinlich. So hat man das oft gemacht. Bei den Aufführungen wurden dann die anstößigen Zeilen wieder eingefügt.» Malone untersuchte die Handschrift sehr sorgfältig. «Das ist also der Barde ohne derbe Zoten. Damit steht zweifelsfrei fest, dass er als Dichter noch vollendeter war, als man bisher geahnt hat.»
    «Davon bin ich voll und ganz überzeugt», erwiderte William. «Daran glaube ich felsenfest.»
    «Ich halte jene Blätter in den Händen, auf denen Shakespeare gearbeitet hat. Kaum zu glauben.»
    «Und doch ist es so, Mr Malone.»
    «Zeit meines Lebens hätte ich mir nie träumen lassen – » Er brach ab und fing plötzlich heftig zu weinen an. William half ihm auf einen Stuhl, wo er sich mit einem Taschentuch die Augen wischte. «Pardon. Verzeihung.»
    «Sir, es gibt überhaupt keinen Grund, sich zu entschuldigen.» Samuel Ireland strahlte ihn an. «Das haben wir doch alle getan. Es ist eine natürliche Reaktion, die sich nicht unterdrücken lässt. Ich habe oft geweint.» Lächelnd sah er William an. «Ich bin nicht imstande gewesen, meine Gefühle zu bändigen. Mein Sohn ist vermutlich aus härterem Holz geschnitzt.»
    «Nein, Vater, du irrst dich. In den letzten Monaten hätte ich jedes Mal vor Freude weinen können. Es ist überwältigend.»
    «Dieses Wort trifft es genau.» Malone stand auf. «Überwältigend. Es gestattet mir erneut meine Frage an Sie: Woher stammen diese Schätze?»
    «Eine Antwort steht mir nicht zu.»
    «Ich muss mich wiederholen. Können Sie uns sagen, aus welcher Quelle diese Papiere stammen? Woher kommen sie?»
    «Und ich kann nur das wiederholen, was ich bereits meinem Vater gesagt habe: Mein Gönner wünscht nicht, namentlich an die Öffentlichkeit zu treten. Das würde zu übermäßigem Interesse und Spekulationen über einen Menschen führen, der sich aus der Welt zurückgezogen hat und es bei diesem Zustand unbedingt belassen möchte.»
    «Besagte Person», fügte Samuel Ireland hinzu, «genießt unsere tiefste Loyalität und unser vollstes Vertrauen.» Verblüfft musterte William seinen Vater. «Er hat uns um äußerste Diskretion gebeten, die wir gelobt haben. Sir, das ist uns eine heilige Ehre. Und zum Dank dafür erhalten wir diese Geschenke.»
    «Das bedauere ich zutiefst. Dennoch wird die vornehme Gesellschaft ihren Ansichten sicher Beifall zollen.» Malone wollte gehen, zögerte aber dann doch. «Wo wir gerade von der Gesellschaft sprechen, Mr Ireland. Ich hätte da einen Vorschlag. Es genügt nicht, über diese Shakespeare-Memorabilien zu lesen. Man sollte sie auch sehen können. Man sollte sie ausstellen.»
    «Sir, ich bin Ihnen einen kleinen Schritt voraus. Mein Sohn und ich haben entschieden, die Stücke hier zu präsentieren.» Wieder sah William seinen Vater erstaunt an. «Diese schlichten Räumlichkeiten werden zum Wallfahrtsort für Shakespeare-Freunde werden. Waren das nicht deine eigenen Worte, William?»
    «Im Augenblick bin ich sprachlos, Vater.»
    «Ein Schrein für den Barden.»
    «Das freut mich. Ich bin entzückt.» Malone wischte sich die letzten Tränen aus dem Gesicht. «Sie müssen eine Anzeige im Morning Chronicle aufgeben. Den lesen wir alle. Mr Ireland, dürfte ich noch vor Erscheinen der Anzeige ein oder zwei Verehrer zu Ihrem Schrein schicken?»
    «Selbstverständlich, Sir. Das wäre uns eine große Ehre.»
    Kaum war Edmond Malone fort, wandte sich William an seinen Vater. «Was sollte die Sache mit meinem Gönner? Ein Gentleman? Vater, du verrennst dich in etwas.»
    «Mr Malone fühlt sich geschmeichelt, wenn er glaubt, er genieße unser Vertrauen.»
    «Es ist mir restlos egal, wodurch Mr Malone sich geschmeichelt fühlt.» William hieb mit der Faust auf eines der unteren Regalbretter. «Und was meinst du mit einem Schrein?»
    «Ich wollte dir nicht die Überraschung verderben. Deshalb habe ich dir nichts davon erzählt.» William merkte gar nicht, dass man

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