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Wie es uns gefällt

Wie es uns gefällt

Titel: Wie es uns gefällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ackroyd
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für unangebracht, sich den impertinenten Fragen irgendwelcher Individuen auszusetzen. Ihr Ehemann ist erst kürzlich verstorben und hat keine Erklärung zu seinen gesammelten Papieren hinterlassen. Mehr hat sie dazu nicht zu sagen. Außerdem möchte sie als Dame nicht an die Öffentlichkeit treten.»
    Naserümpfend machte sich Rosa daran, die Teller abzuräumen.
    Samuel Ireland schenkte sich noch ein Glas ein. «Das ist hochanständig von ihr, davon bin ich überzeugt», sagte er. «Trotzdem wird es Fragen geben.»
    «Die ich beantworten werde.»
    «Ihr Ehemann muss ein höchst bemerkenswerter Sammler gewesen sein.»
    «Gewiss. Keiner, der unüberlegt irgendwelche Trivialitäten aufkaufte. Vater, ich stehe kurz vor einer Schlussfolgerung. In Shakespeares Testament steht kein Wort über Bücher oder Papiere.»
    «Ich weiß.»
    «Vermutlich hat Shakespeares Tochter Susannah mit dem Haus und dem Grundbesitz auch seine persönlichen Gegenstände geerbt.»
    «Sie hat Doktor Hall geheiratet.»
    «Exakt. Und diese beiden haben alles Elizabeth vermacht, ihrem einzigen Kind, das noch in Stratford gelebt hat.»
    Rosa Ponting kam wieder ins Zimmer. «Wahrscheinlich wirst du uns wenigstens erzählen, wo ihr Haus steht.»
    «Dieses Haus wurde während des Bürgerkriegs von Cromwells Truppen beschlagnahmt. Das wissen wir. Von den Papieren ist nie wieder die Rede.»
    «Du glaubst also, die Soldaten hätten sie an sich genommen? Oder sie zum Anzünden ihrer Harkebusen verwendet?»
    «Nein, nicht direkt. Aber unter den Parlamentariern gab es Antiquitätensammler. Als einer von ihnen erfuhr, dass die Soldaten Shakespeares altes Haus besetzt hatten, ging alles ganz leicht. Ein Wort zum Befehlshaber der örtlichen Truppen und schon – »
    «Darf er hinein. Wer sollte sich darum scheren, was mit den Kritzeleien eines Theaterdichters geschah, mit einem Parteigänger des Teufels?»
    «Ganz genau, Vater. Und doch blieben sie erhalten. Diese Papiere sind ein privater Schatz und keine Leihgabe an die ganze Welt. Man vererbt sie weiter. Und dann entdeckt sie der Ehemann meiner Gönnerin.»
    «Kann man sich etwas Schöneres kaufen? Ich frage mich nur, wie viel sie wohl gekostet haben?» Samuel Ireland trat an das kleine Fenster mit Blick auf die Holborn Passage und starrte aufs Pflaster hinunter.
    Rosa Ponting hatte es sich in einem Sessel bequem gemacht und betrachtete ihre Stickerei. «Nun, Sammy, du hast mir ja erklärt, sie könnten nur noch wertvoller werden. Nett. Wenigstens hat einer was davon.»
     
     
    Binnen einer Woche hatte Edmond Malone das Shakespeare-Fragment zurückgegeben und verkündet, es sei echt. Daran könne niemand ernsthaft zweifeln. Er überreichte es nicht Samuel Ireland, sondern ganz betont William. «Sir, ich muss Ihnen zu Ihrem Eifer gratulieren. Wir stehen alle in Ihrer Schuld.»
    «Und die Verse selbst?»
    «Verkörpern den erhabenen Genius des Dichters. Es heißt, bei ihm würde sich zu viel Farce in tragische Situationen einschleichen; er stelle Narren an Gräber und mische Hanswurste unter Könige.»
    «Besteht da ein Unterschied?»
    Auf diese Frage ging Malone nicht ein. «Aber dieses Gedicht ist die personifizierte Keuschheit.»
    Man merkte William seine Begeisterung an. Er schüttelte Malone die Hand und lief dann mit den Worten nach oben: «Ich habe noch etwas anderes für Ihre Gelehrtenaugen.» Mit dem Liebesbriefchen und der Haarlocke kam er wieder. «Berühren Sie diese Haare, Mr Malone.»
    Der Gelehrte weigerte sich und hob abwehrend die Hände. Er hatte den Text rasch überflogen und seine Bedeutung erkannt. «Damit käme ich ihm zu nahe. In meiner Vorstellung ist diese Locke noch warm. Darin kann man ihn spüren.»
    «Heißt das, man würde ihn damit praktisch berühren?»
    «Jawohl.»
    Diese Vorstellung schien William zu amüsieren. «Mr Malone, ich habe diese Locke einem betagten Perückenmacher gezeigt. Er hat mir versichert, sie sei echt. Solche Haare hatte man damals. Sie waren etwas kräftiger als unsere eigenen.»
    «Das bezweifle ich nicht. Inzwischen überrascht mich gar nichts mehr. Das Ganze ist eine einzige, unendlich große Freude.»
    «Und da wäre noch etwas.» Samuel Ireland duckte sich unter den Ladentisch und kam mit einem Bündel Blätter wieder hervor. «Ein vollständiges Manuskript.» Man hatte die Blätter vierfach gefaltet und mit einem seidenen Band zusammengebunden. Die Handschrift war klar zu erkennen. «Das ist Lear.» Er betonte die Wörter, als würde er sie auf der

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