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Wie es uns gefällt

Wie es uns gefällt

Titel: Wie es uns gefällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ackroyd
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eine pathetische Melodie, die dem ganzen Drury Lane wie ein Wunder erschien. William lehnte sich zurück und staunte über dieses Schauspiel. Dabei stach ihm an der seitlichen Logenwand ein Stich von Garrick ins Auge, der den Schauspieler als Hamlet darstellte, in Betrachtung des Totenschädels versunken.
    Hochgestimmt verließen Vater und Sohn das Theater. In ihnen waren erste Gestaltungsmöglichkeiten für Vortigern gekeimt.
    «Ich sehe Ruinen vor mir», erklärte Samuel William, «und Wälder, die sich bis zum Horizont erstrecken.»
    «Mr Kemble spielt ungemein ausdrucksvoll.»
    «Er verfügt über eine bemerkenswerte Stimme.»
    «Und strahlt immenses Gefühl aus. Er wird den Voltigern großartig darstellen.»
    «Außerdem hat er ein hinreißendes Auftreten. Ich bin restlos überwältigt.» Sie gingen nach Norden, vorbei an der Macklin Street und an Smart’s Garden. «William, du musst mich deiner Gönnerin vorstellen. Ich muss mich bei ihr bedanken, weil sie dir erlaubt – weil sie dir gestattet hat – »
    «Die Manuskripte waren ihr Geschenk an mich. Das habe ich dir bereits erklärt, Vater. Sie will unter keinen Umständen an die Öffentlichkeit treten.»
    «Aber doch wenigstens ein Vater – »
    «Nein, Sir, nicht einmal du.»
    «William, ich habe sehr sorgfältig darüber nachgedacht. Was wäre, wenn irgendein Kritiker – irgendeine undankbare Kreatur – behauptete, dieses Stück sei gar nicht von Shakespeare?»
    «Ich würde es abstreiten.»
    «Aber im Falle eines Disputs wäre sie deine einzige Zeugin.»
    «Im Falle eines Diputs? Vater, hier gibt es keinen Disput. Zu so etwas wird es gar nicht kommen. Jeder, der das Drury Lane betritt und dieses Stück sieht, wird erkennen, dass es von Shakespeare stammt. Daran wird niemand zweifeln.»
    Samuel Ireland war nicht restlos überzeugt. Schon oft hatte er mit Rosa das unvorhersehbare Verhalten seines Sohnes diskutiert. Manchmal schloss sich William ohne jede Begründung stundenlang in seinem Zimmer ein. Das hatte Rosa herausgefunden. Oft hatte man den Eindruck, er würde die ganze Nacht mit irgendeiner Beschäftigung verbringen. Rosa vermutete dahinter eine Frau, auch wenn sie keinerlei Beweise für die Anwesenheit einer weiblichen Person entdecken konnte. Da William keinen von beiden in sein Zimmer ließ, blieb es bei Vermutungen. Als Rosa diese Beobachtung gegenüber Samuel erwähnte, lachte der nur.
    «Rosa, wie könnte er sie an uns vorbeischmuggeln? Denk doch mal nach. Weder kann er sich mit einer Frau treffen noch sie hierher bringen. Denk doch nur an den Lärm. An die knarzenden Bretter.»
    In der Tat konnte man im Esszimmer jedes Geräusch aus Williams Zimmer darüber vernehmen. Allerdings hörten sie ihn immer nur herumlaufen.
    «Und was ist mit Miss Lamb, Sammy? Ist da etwa nichts?»
    «Miss Lamb ist eine gute Freundin. Und eine Kundin.»
    «Warum hat er mitten im Sommer Feuer gemacht?» Sie hatten weißen Rauch aus dem mittleren Schornstein aufsteigen sehen.
    Ihre Frage schien keinem konkreten Gedankengang zu folgen, und so hatte er keine Antwort parat. «Wirklich, Rosa, ich kann nicht für meinen Sohn sprechen.»
    «Irgendwas führt er im Schilde.»
    «Und was genau sollte das sein?»
    «Woher soll ich das wissen?» Rosa tat ganz gleichgültig. «Mich geht es ja nichts an, womit sich dein Sohn beschäftigt.»
    In dem Moment kam William von der Buchhandlung herauf. Und damit war ihr Gespräch beendet.
     
     
    Drei Tage nach der Pzzarro-Aufführung erlebten die Irelands im leeren Zuschauerraum des Drury Lane eine Probe von Vortigern. Sie saßen auf Hockern seitlich in den Kulissen, während Charles Kemble und Clive Harcourt auf der Bühne herumstolzierten. Man hatte die Rolle des Wortimerus mit Harcourt besetzt, einem schlanken Mann mit feinen Gesichtszügen.
     
    «Verstrickt in tiefen Netzen des Verrats, tret ich,
    Mein Vater, vor dich hin und fleh Erbarmen.»
     
    Bisher hatte der Schauspieler so unbedeutend und unwichtig gewirkt, doch nun erwachte er plötzlich, wie von einer unsichtbaren Macht erfüllt, zum Leben. William konnte nur noch staunen. Der Mann schien sogar zu wachsen. Der stämmige, pompöse Kemble hatte sich in Vortigern verwandelt.
     
    «Weh mir! Dereinst hätts dieser Bitte nicht bedurft,
    Doch nun durchbohrt ein schwärend’ Dorn mein Herz,
    Ein düsteres Geheimnis zehrt an mir. Mein Sohn, mein Sohn,
    Wenn einer in dir kühnen Ehrgeiz weckte,
    Auf dass nun Bosheit die Verschwörung lenkt,
    Dann ich. Ich war’s, der zum

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