Wie es uns gefällt
Verrat dich trieb.»
Er brach ab. Er war mit seiner Darstellung nicht zufrieden. «Sheridan, müsste ich nicht unterschwellig andeuten, dass der Sohn mehr Schuld hat als der Vater?» Er klang immer noch wie Voltigern. «Der Sohn hat seinem Vater zuliebe den Onkel ermordet. Das steht fest. Aber warum sollte sich deshalb der Vater Vorwürfe machen?» Sein Blick suchte Unterstützung bei William.
«Der Vater hat ihn dazu angestachelt», sagte William. «Ohne die Anwesenheit seines Vaters hätte er die Verschwörung nicht ausgeheckt.»
«Seine Anwesenheit? Das ist hochinteressant.» Kemble trat an die Bühnenrampe und blickte in den abgedunkelten Zuschauerraum hinaus. Durch die Kuppellaterne fielen ein paar Lichtstrahlen herein, in denen hin und wieder Staubkörnchen flirrend aufblitzten. «Ich muss mich anwesend zeigen, auch wenn ich gar nicht auf der Bühne bin?» Er drehte sich wieder zu Sheridan um. «Ist das möglich?»
«Für dich ist nichts unmöglich.»
«Man könnte mich lachen hören, vielleicht auch singen. Die Kulissen würden das Echo meiner Stimme wiedergeben.»
«Vortigern singt nicht, Sir», warf William ganz leise und vorsichtig ein.
«Mr Ireland, Sie könnten doch sicher ein Lied schreiben, eine zum Stil passende, alte englische Ballade.»
«Ich bin kein Dichter, Mr Kemble.»
«Ach, nein? Ich habe doch etwas aus Ihrer Feder in den Westminster Words gelesen.»
Offensichtlich fühlte sich William geschmeichelt, weil eine so bedeutende Persönlichkeit seine Essays bemerkt hatte. «Vielleicht könnte ich mir eine Strophe ausdenken, wenn Sie so – »
«Lassen Sie es nach Shakespeare klingen. Etwas Aufwühlendes mit Schwertergeklirr und Rabenflug. Sie wissen schon, was ich meine.»
Allmählich wurde Mrs Siddons in der Rolle der Edmunda ungeduldig. «Falls Mr Kemble bereit wäre, könnten wir ein Stück im Originaltext weitermachen.» Sie war eine relativ kleine Frau, aber sobald sie den Mund aufmachte, wirkte sie auf William wie eine Hünin. Ihre Stimme ging ihr gewissermaßen voraus und warnte die Menschen vor ihrem Erscheinen. «Ich halte es immer für einen Fehler, wenn man vom Original abweicht. Finden Sie nicht auch?»
Obwohl sie niemanden direkt angesprochen hatte, trat Kemble zu ihr und sagte: «Wir sind für dich bereit, Sarah.»
Sie nahm ihren Text zur Hand und begann zu lesen:
«Genug. Mit Recht trifft beide euch das Urteil,
Die Ehre ihr, Geschlecht und Vaterland besudelt habt.
Und wie ein Fallbeil möge rasche Straf
Zerschlagen den kühnen finst’ren Plan.
So schändlich nie ein Labyrinth ersonnen ward.»
«Sarah, meine Liebe, du hast etwas in den Haaren.»
Sie legte ihre Hände an den Kopf. Eine Motte flatterte auf. Harcourt fing schallend zu lachen an, ging in die Knie und wälzte sich auf der Bühne.
Sie betrachtete ihn angewidert und meinte: «Für einen kleinen Mann machst du ziemlich viel Lärm.»
Die Proben dauerten bis weit in den Nachmittag hinein. Dann erklärte Mrs Siddons, ohne einen Kamillentee würde sie tot umfallen. William war immer noch in bester Laune. Wörter, die er bisher nur auf dem Papier gesehen hatte, waren zum Leben erwacht und hatten sich, je nach schauspielerischer Gestaltung, in übersteigerte oder vorsichtige Gefühle verwandelt.
An diesem Abend verließ er zusammen mit seinem Vater das Theater. Beide gingen rasch dahin, als wollten sie mit ihren eigenen Gedanken Schritt halten. Plötzlich wäre William beinahe mit einem großen jungen Mann zusammengestoßen, der gerade die Catherine Street überqueren wollte. William erkannte ihn sofort wieder. Er hatte ihn an dem Abend, als er sich mit Charles gestritten hatte, im Salutation and Cat getroffen. «Lieber Himmel, ich kenne Sie», sagte er. «Charles hat uns miteinander bekannt gemacht.»
«Drinkwater, Sir. Siegfried Drinkwater.»
Ireland stellte ihn seinem Vater vor, der sich vor dem jungen Mann verbeugte und damit zum Ausdruck brachte, welch große Ehre es ihm sei, seine Bekanntschaft zu machen.
«Und wie geht es Pyramus und Thisbe?»
«Wissen Sie das denn nicht? Das Spiel wurde abgesagt.»
«Warum?»
«Miss Lamb geht es sehr schlecht. Sie kann ihr Zimmer nicht verlassen.»
«Was?» William hatte von den Lambs nichts gehört. Er bedauerte seinen Streit mit Charles. Der Auslöser dafür war ihm entfallen, aber umso besser erinnerte er sich an die leidenschaftlichen Argumente, die er in seinem betrunkenen Zustand vorgebracht hatte. «Was hat sie denn?»
«Irgendein
Weitere Kostenlose Bücher