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Wie es uns gefällt

Wie es uns gefällt

Titel: Wie es uns gefällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ackroyd
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unseres Repertoires bekommen.»
     
     
    Und so betraten die Irelands am nächsten Abend das Drury Lane. Unter gleißenden Argand-Lampen stiegen sie über eine Marmortreppe ins große Foyer hinauf, auf dessen Deckengemälde Sir John Hammond vor zehn Jahren Euterpe, die Muse der Musik, Melpomene, die Muse der Tragödie, und Terpsichore, die Muse des Tanzes, im Reigen mit mehreren Putten und Schäfern dargestellt hatte.
    «Gäste von Mr Sheridan!» Mit diesen Worten verkündete Samuel Ireland dem Platzanweiser in der typischen grünen Drury-Lane-Uniform seine Ankunft. Doch dieser machte keinerlei Anstalten, ihn wahrzunehmen. «Persönliche Gäste des Direktors, von Mr Sheridan!»
    Der Platzanweiser kratzte sich unter seiner gepuderten Silberperücke, nahm den gereichten Zettel entgegen und verglich ihn mit einer handgeschriebenen Liste, die an einer der vergoldeten Foyersäulen klebte. Dann sagte er mit einer Verbeugung: «‘amlet-Loge. Folgen Sie mir.»
    Er brachte Vater und Sohn über eine goldverzierte und mit Teppich ausgelegte Ebenholztreppe in den Gang vor dem ersten Rang hinauf, wo auf purpurroten Samttapeten Stiche von Garrick, Betty, Abingdon und anderen Theatergrößen prangten.
    Die Hamlet-Loge roch nach feuchtem Stroh, Lakritzbonbons und Kirschen. So rochen alle Londoner Theater. William sog diesen Geruch ebenso genüsslich ein wie die Parfüm- und Pomadewolken, die aus dem Parterre aufstiegen, wo sich das Publikum angeregt unterhielt. Heute Abend gab man die zweite Vorstellung des musikalischen Dramas Pizarro, das in Peru spielte, zur Zeit des spanischen Feldzugs gegen die Inka. Bereits die ersten Takte der Ouvertüre schlugen das Publikum in Bann. William hatte das Gefühl, als würde er sich in dem Schleier aus Licht und Tönen auflösen, der über den Zuschauern hing. Als sich der Theatervorhang hob, sah man einen Fluss, einen Wald und eine schneebedeckte Gebirgskette. Der Flusslauf wirkte ganz natürlich, und die Bäume raschelten in einer Brise, die über die Bühne wehte. Für William war diese Dekoration schöner, intensiver und bunter als die echte Welt draußen vor der Tür. Und dann marschierte die spanische Armee mit Piken und Musketen auf der Bühne ein. Vor Begeisterung klatschte William in die Hände und beugte sich seitlich über den Logenrand, um einen Blick auf Charles Kemble in der Rolle des spanischen Generals Pizarro zu erhaschen. Während der Schauspieler zur Bühnenmitte schritt, war das Publikum bereits aus dem Häuschen und rief «Bravo!» und «Hurra!» Plötzliches Musketenfeuer steigerte die Stimmung noch.
    Mit einer Handbewegung bat Kemble um Ruhe. «Wir sind gekommen, um eine stolze und fremde Rasse zu unterwerfen – »
    «Das ist großartig», flüsterte Samuel Ireland seinem Sohn zu. «Das übertrifft alles.»
    William beobachtete Kemble fasziniert. Der Mann hatte sich in einen spanischen Konquistador verwandelt. Er sah nicht nur so aus und bewegte sich wie einer, er war es, durch und durch. Hatte Kemble sich in Pizarro verwandelt oder umgekehrt? Beide waren zu einem Wesen verschmolzen. William erlebte einen erhabenen Moment. Hier war der Beweis, dass man aus dem Gefängnis des eigenen Ichs fliehen konnte. De Quincey hatte sich geirrt.
    Jetzt trat unter lang anhaltendem Applaus Mrs Siddons als Inkaprinzessin Elvira auf. Sie wandte sich direkt ans Publikum, als stünde es mit ihr auf der Bühne: «Der Glaube, dem wir folgen, lehrt uns, ein liebend Band zu allen Menschen zu knüpfen und in der Hoffnung auf eine Seligkeit jenseits des Grabes einst zu sterben.» Sie rezitierte ihre Zeilen in einem hohen Singsang und kreuzte dabei die Hände vor der Brust, um zu zeigen, dass sie es durch und durch ehrlich meinte. «Sagt dies euren Anführern, und sagt ihnen auch, wir gieren nicht nach Veränderung. Am wenigsten nach einer, wie ihr sie uns bringen wollt.»
    Jetzt hatte William begriffen: Das war der wahre Sinn des Theaters. Es erlaubte den Schauspielern, eine Verbindung mit den Zuschauern einzugehen und dadurch das eigene Ich abzustreifen. Warum hatte er daran nicht schon früher gedacht? Die stufenweise Erhöhung der Schauspieler im Laufe dieser rituellen Verwandlung über das bloße Dasein als Männer und Frauen hinaus entsprach einer erweiterten Bewusstseinsebene im Publikum.
    Auf der Bühne wurde gerade ein Inkaritual zelebriert. Mrs Jordan war mit Federschmuck und Leopardenfell aufgetreten und tanzte nun mit Mr Clive Harcourt alias Coro. Im Orchester spielte eine Sologeige

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