Wie es uns gefällt
nicht fertig, sich unter die Zuschauer zu mischen, und hatte sich für einen Aufenthalt hinter der Bühne entschieden. Er hatte entsetzliches Lampenfieber. Das Stück stand ihm viel zu nahe, deshalb hatte er darin keinen Platz, weder als Zuschauer im Publikum noch als Schauspieler auf der Bühne.
Hinter dem Theatervorhang herrschte geschäftiges Treiben. Der Inspizient schob einen großen Felsbrocken weiter in die Mitte, der Requisiteur bog die Äste eines künstlichen Baums zurecht. Die Szene stellte eine Waldlichtung in Britanniens grauer Vorzeit dar. Mehrere Bühnenarbeiter verteilten geschäftig Büsche und moosbewachsene Felsen auf den Holzbrettern. Mithilfe eines Flaschenzugs brachte man den Mond in die richtige Position. Daraufhin stimmte der Inspizient prompt den uralten Gassenhauer an: «Warum gibt’s auf dem Mond keine Affen?» Plötzlich musste William wieder daran denken, wie sein Vater dieses Lied an einem heißen Nachmittag auf einem Ruderboot in der Nähe von Hammersmith gesungen hatte. Er konnte förmlich den Schweiß seines Vaters riechen, während dieser sich beim Rudern abmühte.
«Das wird ein grandioser Abend, Mr Ireland.» Sheridan stand direkt hinter ihm im Schatten einer knorrigen Eiche. «Ich hege große Hoffnungen.»
«Was glauben Sie, wird uns das Publikum wohlgesinnt sein?»
«Selbstverständlich. Welchen Engländer würde es bei einem neuen Shakespeare-Stück nicht vom Sitz reißen? Die Leute werden jubeln, Mr Ireland, und Hurra schreien. Vielleicht rufen sie sogar nach dem Autor.»
«Leider wird der Autor nicht vortreten.»
«War doch nur ein Scherz, Sir. Allerdings könnten Sie sich beim Schlussapplaus als Entdecker verbeugen.»
«O nein, ausgeschlossen.»
«Nicht einmal, um das Wie und Wann Ihrer Entdeckung zu erläutern?»
«Das ist unmöglich, Mr Sheridan. Das kann ich nicht.» Offensichtlich jagte Sheridans Vorschlag Ireland tatsächlich Angst ein. «Für ein solches Publikum fehlen mir die Worte. Das ist viel zu – viel zu eindrucksvoll.»
«Gut, gut, Mr Ireland, wenn Sie möchten, können Sie im Garderobenbereich bleiben. Dann werde eben ich an Ihrer Stelle sprechen müssen. Einjunger Mann, den eine glückliche Fügung des Schicksals zu mehreren, bislang unbekannten Shakespeare-Manuskripten geführt hat, die noch niemand zu Gesicht bekommen hat, und so weiter. Wunderbares Material. Vielleicht gestalte ich daraus einen Epilog für eine spätere Vorstellung.
Wie wäre es damit?» Er stellte sich in Pose:
«Stumm zolle ich, dem nie das Wort gebrach,
Tribut dem Dichterfürst und seinem jungen Freund.
Shakespeare und Ireland, im Musenrund vereint,
Genießen sie verdient den Beifall unsres Lands.»
«Glauben Sie, das könnte passen?»
«Und dann, Sir, könnten Sie noch hinzufügen –
Wo sind sie, die begehren seines Namens Ruhm?
Wie füllen sie der Musen köstlich’ Horn?
Mit matten Bildern einer schwachen Zeit,
Die schon dahin, eh’ sie der Bühne Licht erblickt.»
«Mr Ireland, Sie sind begabt. Trotzdem dürfen wir die schwache Zeit nicht beklagen. Das wäre nicht gut fürs Geschäft. Stattdessen könnten wir vielleicht die Kritiker verdammen. Wie klingt das?
Und Kritiker, gepeitscht von Bosheit immerdar,
Vernichten ganze Stücke kleinster Fehler wegen.»
William beendete das Gedicht für ihn:
«Ihr aber, bedenkt das ganze Stück, und urteilt klug,
denn der ist blind auf einem Aug, der nur noch Fehler sieht.»
«Herzlichen Glückwunsch, Mr Ireland, Sie sind ein Dichter.»
«Nichts liegt mir ferner, Sir.»
«Unsinn. Sie werden eines Tages ein Theaterstück schreiben. Das weiß ich.»
Der Inspizient trat zu Sheridan und pries die Requisiten als «hinreißend» und «unglaublich». «Mr Sheridan, das Publikum wird dahinschmelzen. Das nenne ich eine Waldlandschaft, das ist die gute, alte Zeit.»
«Haben Sie Kemble genug Platz für schwungvolle Gesten gelassen?»
«Er hat ein ganzes Felsplateau zur Verfügung.»
«Und Mrs Siddons? Beim Anblick dieser ganzen Äste mache ich mir Sorgen um ihre Perücke. Sie erinnern sich doch noch an die Katastrophe in den Zwillingen von Tottenham?»
«Sie wird nicht hängen bleiben. Ich habe die Äste ganz weit oben angesetzt.»
«Und trotzdem ist noch genug Platz für die Krieger? Samt Speer und Schild?»
«Sir, sie werden furchterregend wirken. Einer der Kulissenmaler hat sie indigoblau angepinselt.»
Jetzt war es Zeit, dass sämtliche Bühnenarbeiter, Garderobiers, Handlanger,
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