Wie funktioniert die Welt?
Psychologe, und sein Spezialgebiet waren die Jugendlichen; er leitete ein Fortgeschrittenenseminar in Psychoanalyse. Sein Schwerpunkt war eine ganz bestimmte Schule des analytischen Denkens: die britische Objektbeziehungstheorie. Diese psychoanalytische Denkschule betrachtete vor allem eine täuschend einfache Frage: Wie holen wir Menschen und das, was sie uns bedeuten, in unser »Inneres«? Wie trägt eine solche Internalisierung dazu bei, dass wir wachsen und uns wandeln? Bei den »Objekten« im Namen der Theorie handelte es sich in Wirklichkeit um Menschen.
Mehrere Unterrichtsstunden waren den Arbeiten von David Winnicott und seinem Begriff der Übergangsobjekte gewidmet. Als diese bezeichnete Winnicott die Objekte der Kindheit – Plüschtiere, Stoffstückchen von einer Babydecke, das Lieblingskissen –, die für das Kind sowohl zum eigenen Ich als auch zur Außenwelt gehören. Nach Winnicotts Ansicht sind solche Objekte die Vermittler zwischen dem Gespür des Kindes für die Verbindung mit dem Körper der Mutter und der wachsenden Erkenntnis, dass es ein eigenständiges Wesen ist. Die Übergangsobjekte des Kleinkindalters müssen irgendwann aufgegeben werden; ja, sagt Winnicott, aber sie hinterlassen Spuren, die sich im ganzen späteren Leben bemerkbar machen. Insbesondere haben sie Einfluss darauf, wie leicht jemand die Fähigkeit entwickelt, sich zu freuen, ästhetische Erfahrungen zu machen und eine spielerische Kreativität zu entwickeln. Übergangsobjekte zeigen dem Kind mit ihrer gleichzeitigen Verbindung zum Ich und zum Anderen, dass man Objekte in der Außenwelt lieben kann.
Winnicott glaubt, dass wir in allen Lebensstadien weiterhin nach Objekten suchen, die wir gleichermaßen als innerhalb und außerhalb des Ich wahrnehmen. Wir geben die Babydecke auf, aber wir streben nach dem Gefühl des Einsseins, das sie vermittelt hat. Wir finden es in Augenblicken, in denen wir uns »eins mit der Welt« fühlen – Freud sprach vom »ozeanischen Gefühl«. Solche Augenblicke erleben wir, wenn wir ein Kunstwerk, ein Naturpanorama oder ein sexuelles Erlebnis genießen.
Als wissenschaftliche Überlegung hat die Theorie der Übergangsobjekte ihre Grenzen. Aber als Gedanke über Verbindungen stellt sie ein leistungsfähiges Hilfsmittel dar. Mir bot sie insbesondere einen Weg, um allmählich zu verstehen, welche neuen Beziehungen Menschen zu ihren Computern eingehen – eine Frage, mit deren Erforschung ich Ende der 1970 er und Anfang der 1980 er Jahre begann. Als ich mich mit der entstehenden digitalen Kultur beschäftigte, erkannte ich von Anfang an, dass Computer nicht »nur Werkzeuge« sind. Sie sind Maschinen unseres Vertrauens. Menschen nehmen sie als Teil ihrer selbst wahr, der vom Ich getrennt, aber auch mit ihm verbunden ist.
Ein Romanschriftsteller, der mit einem Textverarbeitungsprogramm arbeitete, sprach von »meiner außersinnlichen Wahrnehmung mit der Maschine. Die Worte strömen heraus. Ich teile den Bildschirm mit meinen Worten.« Noch weiter ging ein Architekt, der seine Pläne am Computer zeichnete: »Ich sehe das Gebäude erst dann vor meinem geistigen Auge, wenn ich anfange, auf der Maschine mit Formen herumzuspielen. Es wird in dem Zwischenraum zwischen meinen Augen und dem Bildschirm lebendig.« Und ein 13 -jähriges Mädchen, das Programmieren gelernt hatte, sagte über die Arbeit mit dem Computer: »Da ist ein kleines Stück von deinem Geist, und jetzt ist es ein kleines Stück vom Geist des Computers, und auf einmal siehst du dich selbst anders.« Ein Programmierer sprach davon, mit dem Computer würde bei ihm eine »vulkanische Schmelze des Geistes« eintreten.
Als ich erstmals die besondere anregende Wirkung von Computern erforschte, fiel mir die Zeit mit George Goethals wieder ein und dem kleinen Kreis von Doktoranden, die sich in Harvard mit Winnicott beschäftigten. Computer dienen als Übergangsobjekte. Sie bringen uns das Gefühl zurück, eins mit der Welt zu sein. Musiker hören häufig die Musik im Geist, bevor sie sie spielen, das heißt, sie erleben die Musik von innen und von außen. Ganz ähnlich der Computer: Man kann ihn als Objekt an der Grenze zwischen Ich und Nicht-Ich wahrnehmen. Wie Musikinstrumente, die manchmal eine Erweiterung der geistigen Klangkonstruktion sind, so können auch Computer eine Erweiterung der geistigen Gedankenkonstruktion sein.
Eine solche Sichtweise für den Computer als Objekt, das Dinge heraufbeschwört, bringt uns zu einem neuen Witz über
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