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... Wie Gespenster in der Nacht

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Titel: ... Wie Gespenster in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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erinnere.“
    Sie hob den Kopf. Das Licht war schwach, nur der Schein einer Laterne draußen auf der Straße warf Schatten auf sein Gesicht. „Aber du warst in jener Nacht doch gar nicht hier.“
    „Nein, in der Nacht nicht. Aber am nächsten Tag, nachdem ich gehört hatte, was passiert war. Da warst du schon nach Glasgow gebracht worden. Deine ganze Familie war bei dir. Mir war gesagt worden, ich solle nicht zum Hotel gehen. Um genau zu sein, man hatte es mir strikt verboten. Doch kaum dass mein Dad nicht hinschaute, kam ich her. Es war ein trüber Tag, so als hätte die Sonne keine Lust zu scheinen, nach dem, was in der Nacht geschehen war. Ich bin gelaufen, weil ich Angst hatte, dass mein rostiges Fahrrad zu viel Lärm machen würde. Schließlich wollte ich ja nicht erwischt werden. Im ersten Moment, als ich vor dem Hotel stand, glaubte ich zuerst, man hätte alles nur erfunden. Nichts sah anders aus. Ich wartete praktisch darauf, dass du jeden Moment aus dem Haus hüpfen würdest.“
    Ihr Gesicht war dem seinen so nah; fast konnte sie die Bilder in seinen Augen sehen. „Ich wünschte, du hättest recht gehabt.“
    „Als ich dann hineinging, wusste ich allerdings sofort, dass es nicht gelogen war. Männer trugen verkohlte Balken und mit Wasser vollgesogene Möbel nach draußen. Sie gingen mit etwas Länglichem, Schmalem an mir vorbei, das immer noch rauchte. Zuerst konnte ich nicht ausmachen, was das sein sollte. Dann wurde mir klar, dass es dein Bett war.“
    Beide schwiegen sie für einen Moment. Fiona erschauerte, und Andrew zog sie enger an sich. „Und daher weiß ich es“, sagte er leise. „Zumindest etwas davon. Ich weiß, was du in jener Nacht durchgemacht hast. Und ich weiß, es ist ein Wunder, dass du überlebt hast und heute Nacht wieder hier stehst.“
    „Es gab Zeiten, da wünschte ich, ich hätte nicht überlebt. Natürlich war ich zu jung, um es so auszudrücken. Ich habe mir gewünscht, es würde alles aufhören – die Schmerzen, die Hauttransplantationen, die Operationen. Ich dachte an die Bilder vom Himmel, die ich in den Büchern gesehen hatte, und wünschte mir, dort zu sein.“
    „Aber das ist doch jetzt anders, oder?“
    Sie dachte an das kleine Mädchen, das er gerettet hatte, und an das Gespräch, das sie danach geführt hatten. „Ja, es ist anders.“
    Sie drehte sich wieder zum Zimmer um, und er ließ die Arme sinken. Es war ein schlichtes Zimmer. Hier gab es keine düsteren Geister mehr. Es war einfach nur ein Zimmer.
    Und dann erzählte sie ihm etwas, was sie bisher noch niemandem erzählt hatte. „Ein defekter Heizlüfter hat das Feuer ausgelöst. Als ich nach meiner Geburtsurkunde gesucht habe, um meinen Reisepass zu beantragen, habe ich in den alten Unterlagen den Bericht der Versicherung entdeckt. Ich weiß nicht, warum Mum die Unterlagen behalten hat. Vielleicht glaubte sie, sie würde sich noch schuldiger fühlen, wenn sie die Papiere beseitigte. In dem Bericht stand, dass das Gebläse aufgrund des Defekts überhitzte und einen Kurzschluss verursachte. Der Teppich vor meinem Bett fing Feuer. Das hat man weder Duncan noch mir je gesagt. Die Brandursache wurde immer als Mysterium dargestellt.“
    „Noch schuldiger?“, hakte Andrew nach.
    „Mum glaubt, sie trägt die Verantwortung für … für alles, was passiert ist.“
    „So etwas habe ich Duncan nie sagen gehört.“
    „Duncan weiß nichts davon, und ich habe auch nicht vor, es ihn wissen zu lassen. Mutter hat es all die Jahre geheim gehalten. Sie erträgt die Vorstellung nicht, dass wir die Wahrheit kennen. Sie war es, die den Heizlüfter aus dem Schrank geholt hat. Sie war es, die ihn aufgestellt hat. Sie war es, die ihn die ganze Nacht hat laufen lassen.“
    „Woher willst du das wissen, Fiona?“
    „Weil ich mich erinnere.“ Sie erwartete Widerspruch von ihm. Schließlich schien es unmöglich, dass eine Frau von fünfundzwanzig sich daran erinnerte, was genau sich zugetragen hatte, als sie ein Kind von drei gewesen war. Doch es kam kein Widerspruch.
    „Gibst du ihr die Schuld?“
    „Wofür? Nein, natürlich nicht. Sie hasste das schottische Klima. Sie empfand das Hotel immer als kalt und feucht, und sie wollte nicht, dass ich friere. Ich kann es nur vermuten, aber ich denke, sie hatte vor, später zurückzukommen und das Gebläse auszuschalten. Sie muss wahrscheinlich eingeschlafen sein. Oder sie hat es einfach vergessen.“ Sie wandte sich wieder ihm zu. „Ihr Schuldgefühl war schlimmer als jedes

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