Wie ich Brad Pitt entführte
empfindsame Seele. Es war Hass. Abgrundtiefer Hass und Ekel und Abscheu. Ja, all dies empfand sie momentan für diesen Verräter: Max! Diese unmoralische Kanaille. Wie hatte er sie doch getäuscht!
»Nicole, das kannst du ruhig selbst entscheiden!« Dieser Satz klang ihr noch immer im Ohr. Das hatte dieser ruchlose Mistkerl auf ihre Frage geantwortet, ob sie Mehlmann-Larsen die gefundenen Fotos zeigen sollte. Nach einigen Minuten des Nachdenkens hatte sie sich dagegen entschieden; wollte die Fotos als verdecktes Beweismaterial lieber erst mal für sich behalten.
Und jetzt das … auf ihrem Weg zu dieser komischen Galerie sah sie zufällig, wie Max mit einer der abgebildeten Frauen – der jungen, schönen natürlich – im Café saß und schäkerte, was das Zeug hielt. Nur … sie hatte ihm mit voller Absicht diese Bilder ebenfalls NICHT gezeigt. Das hieß, dass er sich hinter ihrem Rücken heimlich Zugang zu ihrem Schreibtisch verschafft haben musste. Und dann hatte er wohl diese … Zeugin …? Nein, Nicole nannte die zierliche Rothaarige beim Namen: diese Schlampe! Dann hatte er wohl diese Schlampe hinter ihrem Rücken kontaktiert und war sogar mit ihr frühstücken gegangen. Um den Fall Hagedorn doch noch alleine aufzuklären? Jedenfalls amüsierten sich die zwei anscheinend ganz wunderbar … und wahrscheinlich auch noch auf ihre Kosten! Max hatte wie zufällig seine Hand kurz auf die ihre gelegt, und sie hatte ihn mit diesem gespielt weidwunden Blick angeguckt! Es war zum Kotzen. Denn Max hinterging ja nicht nur sie selbst, seine Kollegin. Was ehrlich gesagt schon schlimm genug war. Nein, er betrog durch das eindeutige Fremdflirten mit diesem Flittchen auch noch seine hübsche dunkelhaarige Freundin, die ihm erst vorgestern Nacht so vertraut den Kopf auf die Brust gelegt hatte. Und da sah Nicole – nicht erst seit ihrer unglücklichen Liebschaft mit dem verheirateten Thorsten – absolut rot! Oh, dieses Aas!
Gegen eine Hausfront an der nächsten Straßenecke gelehnt, hielt sie ihren pochenden Kopf in beiden Händen. Durch den gleichmäßigen Druck schien der Schmerz etwas nachzulassen. Was war jetzt zu tun? Sollte sie in das Café stürmen und ihn zur Rede stellen? Diese Schlampe mit aufs Revier schleppen und zum Fall Hagedorn befragen? Verdammt, sie wusste ja noch nicht einmal, wie die Tussi überhaupt hieß! Nein, diese Blöße würde sie sich nicht geben. Sie musste erst rausfinden, wer diese Person war, und würde Max dann mit ihrem Wissen überraschen. Allerdings hätte sie nicht wenig Lust, Benningers Freundin über ihren tollen Freund aufzuklären. Stichwort: Männer sind Schweine. Nun, eine passende Gelegenheit hierzu würde sich bestimmt noch ergeben. Sie atmete einmal tief durch und richtete sich wieder auf.
Ihr Plan stand fest: Sie ging einfach, wie geplant, in diese Galerie und vertagte die ganze Max-Schlampen-Betrugsgeschichte. Sollte Max doch einfach alle Frauen auf den Fotos durchnudeln. Sie wünschte ihm dabei viel Glück. Besonders bei der mit der Duschhaubenfrisur. Da! Ging doch! Sie konnte bei dem Gedanken sogar schon wieder grinsen. Sie war eben doch aus einem härteren Holz geschnitzt, als die meisten Leute dachten.
Als Nicole an der großen eleganten Fensterfront der Galerie K. Przelomski ankam, der Name stand in steilen goldenen Lettern auf der Ebenholztür des Eingangs, überkam sie so etwas wie Schwellenangst. Unwillkürlich blickte sie an sich hinunter und wünschte, sie hätte heute Morgen doch etwas Schickeres angezogen. Durch die blank geputzten Scheiben erspähte Nicole ein Luxuspärchen in teuren Gucci-Pucci-Ducci-Klamotten, das Champagner trinkend die ausgestellten Gemälde betrachtete. Champagner am Vormittag! »Nobel geht die Welt zugrunde«, murmelte sie verbissen. Dann straffte sie ihre Schultern und drückte die schwere Eingangstür auf.
Wow, in der Galerie roch es sogar vornehm. Nach diesen duftenden weißen Blumen. Wie hießen die noch mal? Richtig: Lilien. Dort hinten stand ein großer Strauß Lilien auf einem schwarzen Tresen. Sie blickte sich um. An den schneeweißen Wänden hingen farbenfrohe abstrakte Gemälde, zum Teil gerahmt. Vereinzelt standen auch bunte Skulpturen im Raum, jede auf einem schwarzen Holzsockel montiert. Vor dem Hintergrund des ebenfalls schwarz-weißen Marmorbodens hob sich die gesamte Farbenpracht der ausgestellten Kunst noch intensiver ab. Nicole besah sich ein etwa ein mal ein Meter großes Bild etwas genauer. Es gefiel ihr
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