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Wie ich Brad Pitt entführte

Wie ich Brad Pitt entführte

Titel: Wie ich Brad Pitt entführte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Grünig
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dem Tisch. Dann war Linda an der Reihe. Das klappte genauso gut. Nun wollten wir es zu zweit probieren: Wie zwei kleine Äffchen hingen wir beide am Kronleuchter und stießen uns ab. Der Leuchter schnellte wie ein Blitz zur Mitte des Zimmers und … krachte samt Passagieren und Deckenputz auf den Fußboden. Meine erste Erfahrung mit angewandter Schwerkraft und … vier Wochen Hausarrest.
    Der Kommissar schaut mich mitfühlend an.
    »Ich wollte immer unbedingt wie Little Joe aus ›Bonanza‹ sein und am Lagerfeuer unter freiem Himmel schlafen«, gibt er zum Besten.
    Ich summe leise den Song der Serie.
    »Nachts habe ich meinen Schulranzen auf den Balkon geschleppt und mir vorgestellt, es sei Little Joes Sattel«, fährt er fort. »Dann zündete ich unser hölzernes Salatbesteck in einem Kochtopf an und bin seelenruhig beim Lagerfeuer und gegen meinen Sattel gelehnt eingeschlafen.« Er nimmt noch einen Schluck Kaffee. »Das gab vielleicht ein Donnerwetter am nächsten Morgen.« Er lächelt. Es scheint trotzdem eine schöne Erinnerung zu sein.
    »Und ›Zorro‹ war auch nicht schlecht.« Der Kommissar schneidet sich noch ein Brötchen auf.
    »Zorro«? Das erinnert mich irgendwie an was. Aber an was?
    Benninger schmiert Butter auf seine zwei Brötchenhälften. »Hast du den Film mit Antonio Banderas gesehen?«
    Ob er mich jetzt absichtlich duzt? Ich schüttle den Kopf. Komisch, ich bin mir ziemlich sicher, dass die meisten Männer diese Zorro-Verfilmung als »die mit Catherine Zeta-Jones« beschrieben hätten, denn die sieht darin höllisch sexy aus. Ob der Kommissar am Ende auf Männer steht?
    Normalerweise funktioniert mein Schwulenradar tadellos. Ich habe viele gute Bekannte, die schwul sind – in Köln nicht gerade ungewöhnlich –, und habe bisher immer gewusst, wann ich mir von einem schönen Mann – zumindest liebestechnisch – nicht zu viel erhoffen darf. Aber vielleicht bin ich wirklich zu beschäftigt, nichts Verräterisches von mir zu geben. Außerdem versucht mein Unterbewusstsein immer noch, herauszufinden, an was mich das Bild von Zorro, dem Rächer der Armen und Bedürftigen, erinnert. Ich schaue den Kommissar noch etwas genauer an. Eigentlich sieht er gar nicht so schlecht aus. Jedenfalls hat er schöne, sensible braune Augen. Also vielleicht doch schwul?
    Da! Jetzt hab ich’s. An meine Skimütze. Zorro erinnert mich an meine schwarze Skimütze mit den reingeschnittenen Augenlöchern. Ich hatte sie bei Toms Entführung am Ende doch nicht gebraucht, und sie liegt bestimmt immer noch im Porsche. Allmächtiger! Hat der Kommissar sie etwa dort liegen sehen?
    Wie auf glühenden Kohlen sitzend, suche ich verzweifelt nach einem Vorwand, um endlich aus diesem Café abhauen zu dürfen. Benninger scheint das zu spüren, denn er gibt sich alle Mühe, die Konversation am Laufen zu halten. Dabei wünsche ich mir nichts sehnlicher, als endlich meine Skimütze und die restlichen Entführungsklamotten beseitigen zu können. Ob ich sie im Rhein versenken sollte? In eine Plastiktüte verpackt mit beschwerendem Stein? Verbrennen? Im Wald vergraben?
    Der Kripomann erzählt gerade eine weitere Geschichte aus seiner Kindheit. Die Bruchstücke, die ich mitkriege, scheinen lustig zu sein, aber ich kann mich einfach nicht konzentrieren.
    Ich springe auf und blicke gespielt erschrocken auf meine Uhr. »Nein, wirklich schon so spät?! Mein Blumenbindekurs fängt gleich an.« Es klingt leider doch gekünstelter und an den Haaren herbeigezogener, als mir lieb ist. Aber für den Moment muss es reichen. Würde er versuchen, mich aufzuhalten?
    »Sie nehmen ein Taxi, ja?« Ich greife in meine Jeanstasche, in der ich immer Wechselgeld verwahre, und lasse einen Fünfzig-Euro-Schein auf den Tisch flattern.
    Der Kommissar schaut mich konsterniert an, aber wenigstens bleibt er sitzen. Oder ist er sauer wegen der Kohle? Aber fünfzig Euro sollten doch nun wirklich fürs Frühstück und Taxi langen! Entschlossen greife ich meine Autoschlüssel, die der Kommissar zwischen uns auf dem Tisch deponiert hat, und verschwinde. Gott sei Dank macht Benninger keine Anstalten, mir zu folgen.

[home]
    40.
     
     
     
    N icole fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Was sie ja leider auch war. Der Zusammenprall mit diesem blonden Idioten vor dem Café hatte ganz schön weh getan, aber das war nichts im Vergleich zu diesen anderen Gefühlen, die momentan in ihr hochkochten. Die brannten wirklich wie Feuer. Fraßen sich wild lodernd durch ihre

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