Wie ich Brad Pitt entführte
verzückt. »Na, das wird aber viele Frauen im Land glücklich machen. Auf was für einen Frauentyp ist Tom denn abonniert?«
»Er ist ein großer Romantiker. Das Aussehen einer Frau ist ihm eigentlich egal. Es muss einfach etwas in ihrem Herzen geben, das zu seinem spricht, wenn Sie verstehen, was ich meine?«
Die Moderatorin nickte verklärt, während sich Blitzi von innen auf die Wange beißen musste, um nicht laut loszuprusten! Dieser Zack war einfach genial. Genial mit einem großen G.
»Und gibt es schon erste Hinweise für seinen Verbleib?«
Zack machte ein ernstes Gesicht. »Leider nein. Aber wir danken den Damen und Herren von unserer wunderbaren Polizei von ganzem Herzen für ihren unermüdlichen und aufopfernden Einsatz in dieser Sache. Ich bin mir sicher, dass ihre Bemühungen schon recht bald von Erfolg gekrönt sein werden.« Er wischte sich eine imaginäre Träne aus dem Auge und blickte ernst in die Kamera. »Möge Gott Tom schützen, egal, wo er auch gerade steckt.«
Die Moderatorin wirkte sehr ergriffen. »Wie müssen jetzt alle stark sein. Ein so wertvoller Mensch wie Tom Schneider darf nicht einfach so verschwinden. Ich appelliere an Sie dort draußen vor den Bildschirmen! Falls Sie irgendwelche sachdienlichen Hinweise haben … Bitte wenden Sie sich umgehend an die Polizei! Sie erreichen die zuständige Dienststelle unter der nun eingeblendeten Nummer!«
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51.
Samstag, 19.22 Uhr
W ir sitzen beim Abendessen. Tom lobt Lindas Curry. Hat ganz offensichtlich nicht zu viele Kohlehydrate. Ich denke an den Kommissar. Und an den Kuss. Hatte er wirklich
mich
damit gemeint, oder verfolgt er andere Motive? Ob er mich schön findet? Gemäß Jane Fonda kann man gutes Aussehen wie folgt definieren: 30 % gute Gene, 30 % gute Ernährung und Sport, 30 % guter Sex und 10 % guter Schönheitschirurg. Das heißt für mich, dass ich zu ungefähr 30 % gut aussehe, denn meine Gene sind zweifellos erstklassig; über Generationen hinweg hatte sich das Geld meiner Familie mit erlesener Schönheit gepaart, und das muss ja irgendwo Spuren hinterlassen. Aber dann … okay, mit guter Ernährung und Sport habe ich nicht viel im Sinn. Ich esse, was mir schmeckt, und wenn ich Lust habe, gehe ich eben mal schwimmen oder Tennis spielen, aber das ist es dann auch. Also null Punkte für diese Kategorie. Ich hatte nur Glück, dass ich trotzdem nicht dicker wurde.
Aber guter Sex? Langläufig wird ja immer angenommen, dass da eine Korrelation zwischen gutem Aussehen und Sex besteht. Wer gut aussieht, hat viel und guten Sex, und wer weniger gut aussieht, hat entsprechend seltener und schlechteren Sex. Meiner Erfahrung nach ist genau das Gegenteil wahr. Meine ehemalige Schulfreundin Gaby zum Beispiel hat sicherlich ein paar Kilo zu viel auf den Rippen, aber niemand hat mehr Typen im Bett gehabt als sie. Und sie schwärmte pausenlos von ihrem hemmungslosen, mit multiplen Orgasmen erfüllten Sexleben. Ich persönlich kann mich nicht dran erinnern, jemals einen einzigen gehabt zu haben. Das heißt, wenn außer mir noch jemand anderes im Bett war. Also sorry, Jane, kein guter Sex und langweiligerweise auch noch keine Schönheitschirurgie. Eine klassische Doppelnull also.
»Vicki?«, sagt Linda lauter als sonst. Das holt mich zurück in die Gegenwart.
»Ja?«
»Schmeckt es dir nicht, habe ich dich gefragt?«
»Warum?«
»Weil du nur in deinem Essen herumstocherst.«
Erst jetzt fällt mir auf, dass Tom und sie bereits aufgegessen haben. Ich stopfe mir schnell ein paar Gabeln voll in den Mund und helfe beim Abräumen. Danach schauen wir »Wetten dass...?« im Fernsehen an. Aber Moderator und Gäste können mich heute nicht fesseln.
Meine Gedanken driften schon wieder zu Kommissar Benninger. Jedenfalls ist er nicht schwul. Das konnte ich inzwischen mit einiger Bestimmtheit sagen. Aber ob es zwischen uns jemals mehr werden konnte, als … ja, als was? Ich bin nie richtig aufgeklärt worden. Meinen Eltern war das Thema Sex immer zu peinlich, selbst wenn sie selber über Gebühr damit beschäftigt waren. Klar, ich wusste theoretisch, wie man verhütet, aber wie man Spaß hat? Fehlanzeige. Einzig meine Großmutter – zumeist verkatert, aber modisch immer tipptopp – warf mir von Zeit zu Zeit interessante Informationsbrocken zu. Bei einem unserer berühmt-berüchtigten Neujahrsfrühstücke, ich glaube, ich war so vierzehn oder fünfzehn, beugte sie sich einmal vertraulich zu mir rüber, und während ich noch den
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