Wie ich Brad Pitt entführte
Augen fest zu und dann wieder auf. Es ist doch nur ein dummer Spiegel und kein unmoralisches Rumpelstilzchen, das mich da anblickt. Tja, und im Übrigen habe ich auch schon mal besser gereimt.
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50.
H err von der Bodenschwingh …«
»Bitte, sagen Sie Zack zu mir. Tom nennt mich ja auch so.« Galant lächelte er die ihm gegenübersitzende Moderatorin Famke Ludwig an.
»Also, Zack! Erzählen Sie uns von Tom. Was ist er für ein Mensch?«
Sofort legte von der Bodenschwingh seine Stirn in besorgte Dackelfalten. »Es ist einfach eine Tragödie. Ausgerechnet Tom. Tom, der sein letztes Hemd für einen Bedürftigen spenden würde. Das hat er nicht verdient. Wenn ich nur wüsste, wo er steckt! Seine Mutter macht sich auch solche Sorgen um ihn.«
Die Miene der Moderatorin spiegelte ihre bestürzte Anteilnahme wider.
»Wie lange kennen Sie sich denn schon?«
»Vor zehn Jahren sah ich Tom das erste Mal auf einer Bühne und wusste sofort, was für ein unglaubliches Talent ich da vor mir hatte. Seitdem manage ich ihn.« Zack sagte das mit dem väterlichen Stolz des wesentlich älteren Impresarios.
»Südstadt bricht als Serie alle Zuschauerrekorde. Wie viel von diesem Erfolg gebührt eigentlich dem Hauptdarsteller Tom Schneider?«, wollte die Fernsehtante nun wissen.
Während Zack zu einer langatmigen Antwort ansetzte, in der er sehr geschickt allen Erfolg der Serie allein Tom zuschrieb, ohne dabei überheblich zu wirken, beobachtete Blitzi amüsiert das Interview. Er saß, dezent vor der Kamera versteckt, weiter hinten in der Dom-Hotel-Suite und bewunderte Zacks unaufgeregte Eloquenz. Toms Manager machte seine Sache wirklich ausgesprochen gut. Er wirkte sehr authentisch. Glaubhaft. Und das, obwohl nicht ein Wort aus seinem Mund der Wahrheit entsprach. Zum einen waren Zack und Tom fast auf den Tag genau gleich alt, obgleich Zack – » Zacharias von der Bodenschwingh« war sein Künstlername, eigentlich hieß er Karl Schmidt – mit seiner speckigen Wampe tatsächlich etwas älter wirkte als der durchtrainierte Tom. Zum anderen kannten sie sich seit ewigen Zeiten. Beide hatten gemeinsam die Schulbank gedrückt und waren dann zusammen aus ihrem norddeutschen Kaff nach Köln gezogen, um ihr Glück in der Entertainment-Branche zu versuchen. Tom hatte natürlich nicht ein einziges Mal Theater gespielt, sondern vor allem als Komparse und Teilzeitmodel Arbeit gefunden. Jahre später hatte Zack, der sich gleichzeitig um ein paar Starlets aus der Erotik-Ecke kümmerte, Tom durch einen Zufall die erste kleine Rolle bei einer Soap besorgt. Da Schneider seine Sache als Herzensbrecher vom Dienst ganz gut machte, und weil er außerdem recht großzügig die breithüftigen Produzentinnen diverser anderer Soaps beschlief, hatte er schließlich die Hauptrolle von »Südstadt« angetragen bekommen.
Die Serie war wie eine Bombe beim vorwiegend weiblichen Publikum eingeschlagen. Traurig, aber wahr: Toms Mutter kümmerte sich nicht die Bohne um ihn und er sich nicht um sie. Es herrschte absolute Funkstille zwischen den beiden, und Frau Schneider Senior saß hauptberuflich zuhause vor der Glotze und versoff ihre kleine Rente. Vater Schneider hatte dafür schon bereits kurz nach dem Zeugungsakt das Weite gesucht. Aber Blitzi wusste aus Erfahrung, dass sich die Mehrheit der Schönen und Berühmten im Showgeschäft mit einer solch bitteren Vita herumschlugen. Fast alle haderten mit dem zentnerschweren Ballast ihrer Kindheit. Und es war genau das darin begründete, verzweifelte Streben nach Erfolg und Anerkennung, das ab und an von Erfolg gekrönt wurde. Tom Schneiders Werdegang war also keine Ausnahme, sondern bestätigte vielmehr die Regel. Und er würde es noch weit bringen. Da war sich Blitzi ganz sicher. Besonders, wenn er selbst mit dem Aufmotzen von Toms Geschichte fertig war!
»Unsere Zuschauerinnen interessieren sich natürlich auch brennend für die Frage, ob der talentierte Schauspieler Tom Schneider bereits in festen Händen ist? Sagen Sie, Herr von der Bodenschwingh, gibt es eigentlich diese eine ganz besondere Frau in seinem Leben, die wahrscheinlich gerade vor Sorge um ihn vergeht?«
Zack faltete betulich die Hände vor seinem Speckbauch und blinzelte verschämt in die Kamera. »Was soll ich sagen? Tom liebt es nicht, wenn man über sein Privatleben spricht.« Er strahlt Frau Ludwig verschwörerisch an. »Aber wenn es unter uns bleibt … Tom ist immer noch Single.«
»Oh«, entfährt es der Moderatorin
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