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Wie immer Chefsache

Wie immer Chefsache

Titel: Wie immer Chefsache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Ruetter
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Schauspielerin, und das Gehalt war wirklich sehr mickrig für den Posten eines Chefredakteurs. Da hätten sie besser recherchieren sollen. Frau Althoff sagte: »Wir sind ein kleines Magazin. Mehr ist nicht drin. Aber die Arbeit ist entsprechend. Sie werden sich nicht überarbeiten.« Er warf ihr einen schnellen Blick zu. Was wollte sie damit andeuten? Sah er aus, als hätte er kein Interesse an intensiver Arbeit? Sie blickte ungerührt zurück. »Sonst noch eine Frage?«, erkundigte sie sich knapp. Mattes überflog den Vertrag. »Nein.« Dann kam ihm blitzartig doch noch etwas in den Sinn. »Oder doch. Warum ist die Stelle frei?« Frau Althoff reichte ihm einen Füllfederhalter. »Der bisherige Chefredakteur musste aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten.«
    »Oh«, sagte Mattes gespielt betroffen, denn auch das war natürlich eine erfundene Geschichte, und er grinste: »Überarbeitet?«
    Seine aus seiner Sicht witzige Bemerkung kam bei Frau Althoff nicht an, sie starrte ohne jede Mimik zurück. Er sah auf die Vertragsblätter und zögerte kurz. Unterschreiben? Aber warum nicht? War ja alles nicht echt. Jetzt würde er es bis zum Ende spielen. Schwungvoll setzte er seinen Namen auf das letzte Blatt. Frau Althoff stand auf und reichte ihm die Hand über den Tisch. Zum ersten Mal lächelte sie. »Herzlich willkommen. Gisela Althoff. Ich bin Ihre Büroleiterin.«
    Mattes stand händeschüttelnd im Büro von Frau Althoff und wartete auf das Öffnen der Bürotüre. Jetzt mussten doch alle hereinstürmen, ihn umarmen, auf die Kameras hinter Bildern und in den Löchern der Aktenordner zeigen und dabei lachen. Frau Althoff würde sich ihre Perücke herunterreißen, eine Silikonnase aus dem Gesicht abziehen und plötzlich Hape Kerkeling sein. Und er, Mattes, würde milde und wissend lächeln und Hape Kerkeling souverän den Arm um die Schulter legen. Als seien sie alte Freunde. Die Fernsehleute würden sich wundern, wie cool er blieb. Frau Althoff sah ihn prüfend an, zog ihre Hand aus seiner und sagte: »Wir sehen uns morgen um 9 Uhr. Dann stelle ich Ihnen die Mitarbeiter vor und führe Sie in Ihren Aufgabenbereich ein.« Mattes sah sie an und versuchte einen klaren Gedanken fassen. Es kam keiner, den er hätte fassen können. Er sah, wie Frau Althoff zur Türe ging, sie öffnete und abwartend stehen blieb. Automatisch setzte sich Mattes in Bewegung, ging an ihr vorbei, hörte sich »Bis morgen dann« murmeln, durchquerte das Foyer, in dem die junge Frau von eben vor dem Kopierer stand und ziemlich schräg Musik mitsang, die aus ihren Kopfhörern dröhnte, und stand dann alleine im Hinterhof. Wenn jetzt nicht die Leute von der ›Versteckten Kamera‹ auftauchten, lief hier etwas ganz, ganz schief.
    Er zählte langsam bis 10 und dann noch weiter bis 23. Bei 27, die Pausen zwischen den Zahlen wurden immer länger, hörte er auf und sah sich um. Er stand immer noch alleine im Hinterhof, aber jetzt wusste er, dass er nicht reingelegt worden war. Irgendwie aber doch. Und vor allem hatte er sich auf total bescheuerte Weise selber reingelegt. Wie blöd bin ich eigentlich?, kam ihm in den Sinn. Ich habe einen festen Job angenommen für ein mieses Gehalt bei einem obermiesen, schmierigen kleinen Magazin. Bei diesem Drachen, dieser Althoff! So ein Vertrag galt doch erst mal nur vorläufig, oder? Da konnte man doch in der Probezeit sofort wieder raus. Verdammt!! Hatte da was von Probezeit gestanden? Was, um Himmels willen, hatte er da eigentlich gerade alles unterschrieben?
    Leise fluchend ging Mattes zu seinem Auto zurück. An welchem Punkt hatte er die Kontrolle verloren? Eigentlich doch in dem Moment, als die Althoff ihn angerufen hatte. Als sein Kaffee kalt wurde und er das labberige Brötchen mit den verbrannten Stellen in der Hand hielt. Er ließ sich auf den Sitz fallen und blieb kurz vor dem Drehen des Zündschlüssels wie erstarrt sitzen. Ganz langsam sickerte die Erkenntnis durch. Wenn er alles richtig verstanden hatte, dann war er jetzt Chefredakteur. Das war doch wenigstens mal was. Dass es ein Hinterhof-Hundemagazin war, musste er nicht jedem auf die Nase binden. Magazin als Bezeichnung war völlig ausreichend. Er grinste. Chefredakteur eines Magazins. Nicht schlecht. Damit würde sogar seine Schwester leben können. Sein triumphierendes Grinsen erstarb. Nein, Astrid würde nicht damit leben können. Sie würde nachfragen. Und sobald ihr klar wäre, dass es dieses Hundeblättchen war, würde er ihren Vorträgen über

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