Wie keiner sonst / ebook (German Edition)
festlicher anziehen?«, fragt Petra mit einem Seitenblick auf mein T-Shirt und meine Jeans.
Ihre hohen Absätze klackern über den Asphalt, die Sonne blendet uns.
Vor der Galerie stehen Menschen mit Weingläsern in der Hand und rauchen.
Wir kommen kaum durch die Tür, die Galerie ist voll, alle haben sich auf ihre Weise herausgeputzt. Ein Jackett über einer fleckigen Hose, ein T-Shirt mit großen Löchern, die eine halbe Brustwarze enthüllen. Sie reden laut, lachen und verbergen die Zigaretten in den Handflächen, um niemanden zu verbrennen. Petra fragt, ob ich meine Bilder sähe, ich schaue mich um und schüttle den Kopf. Sie zieht mich am DJ vorbei, der elektronische Musik auflegt, wieder und wieder der gleiche Beat, unterlegt mit monotonem indischen Gesang. Wir betreten den nächsten Raum.
»Vielleicht sollten wir später wiederkommen«, rufe ich. »In einer Stunde oder einem halben Jahr.«
»Sind sie da drinnen?« Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und schüttle wieder den Kopf.
»Vielleicht sollten wir wirklich …«
Petra zieht mich weiter zwischen den Menschen hindurch, bis in den hintersten Raum, aber auch dort kann ich meine Bilder nicht finden. Nun ziehe ich an ihr, sodass sie fast über ihre Absätze stolpert. Ich will raus, aber dann entdecke ich sie. Meine Bilder hängen rechts und links von der Tür, etwas zu dicht am Türrahmen.
»Es sind die da, nicht wahr?«, fragt Petra.
Ich lasse sie vor den Bildern stehen, drängle mich zum Büfett und hole zwei Gläser Weißwein. Sie betrachtet immer noch die Bilder, ich muss ihr Glas halten.
Dann schmiegt sie sich an mich und küsst mich auf die Wange. Der Wein schwappt über und läuft an meinen Armen hinab.
»Jetzt können wir gehen«, sagt sie. Wir bewegen uns langsam durch die schwitzende Menschenmasse. Kurz vor der Tür spüre ich eine Hand auf der Schulter.
»Gut, dass du gekommen bist«, sagt Michael. »Wir wollen ein paar Fotos machen.«
Zuerst will ich protestieren, aber ich habe keine Chance. Wir werden auf die Straße geschoben und vor der Galerie aufgestellt.
Eine Frau mit schwarz gefärbten Haaren und etlichen Piercings soll in der Mitte stehen. Neben ihr wird ein großer Typ platziert, dessen Jacke und Hose zu kurz sind und der ständig seine Brille richtet. Auf die andere Seite kommt ein dunkelhäutiger junger Mann mit einem Pferdeschwanz. Er trägt einen dünnen Poncho, vielleicht aus Seide.
Ich stehe ganz links, als Teil der Komposition.
Einige Gäste sind mit nach draußen gekommen. Sie stellen sich hinter die Fotografen auf die Straße und kümmern sich nicht um die hupenden Autofahrer, die auf den Gehweg gegenüber fahren müssen, um vorbeizukommen.
Wir werden gebeten zu lächeln. Wir werden gebeten, nicht zu lächeln. Kannst du nicht ein wenig nach vorn treten? Dreh dich zur Seite. Zieh die Kapuze auf. Du kannst ruhig rauchen. Michael geht vor uns in die Hocke, und die Kameras klicken.
»Denkt an den Hintergrund. Das Schild der Galerie muss mit drauf!«
Michael bittet alle, wieder hineinzukommen, er möchte ein paar Worte sagen.
Die Leute weichen zur Seite, Michael steht mitten im Raum und hebt sein Weinglas. Er richtet den nicht vorhandenen Schlips und verspricht, es kurz zu machen.
»Es ist fantastisch, völlig neue Talente auszustellen. Später werde ich sagen können, dass ich derjenige war, der sie entdeckt hat.« Er lächelt die gepiercte Frau und den großen, dünnen Mann an.
»Auch wenn es vielleicht nicht hundert Prozent stimmt. Kleine Lügen müssen erlaubt sein.«
Dann wendet er sich dem Mann im Poncho zu.
»Alonso, ich freue mich, dass ich dich zu Gast habe, du bist ja nicht oft hier.« Sie heben ihre Gläser und lächeln einander an.
»Und Mehmet Faruk.« Er sucht mich vergeblich in der Menge. »Seine Bilder hängen im letzten Raum, man sollte sie sich nicht entgehen lassen.«
Petra drückt meine Hand.
Ich begleite sie nach draußen. Sie hat Frühschicht gehabt und ist müde, sagt aber, dass ich unbedingt bleiben solle.
Ich solle es mir gutgehen lassen.
Sie will ein paar Stunden schlafen und auf mich warten. Auch wenn es spät wird.
Es dürfe gern spät werden. Ich muss versprechen, dass ich meinen Spaß haben und mich betrinken werde. Sie will mich erst sehen, wenn ich nach Alkohol stinke.
Ich küsse sie, verabschiede mich von ihr und schaue ihr hinterher, bis sie um die Ecke verschwindet.
Ich gehe zurück ans Büfett, nehme zwei Weingläser und halte eines in jeder Hand, als würde ich auf
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