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Wie keiner sonst / ebook (German Edition)

Wie keiner sonst / ebook (German Edition)

Titel: Wie keiner sonst / ebook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas T. Bengtsson
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jemanden warten. Ich trinke aus beiden, schnappe Gesprächsfetzen auf, die Leute reden über andere Ausstellungen und andere Galerien.
    »Er ist Chilene«, höre ich jemanden sagen. »Sein Vater saß im Foltergefängnis. Er verarbeitet es in seinen Bildern, auch wenn man es nicht immer sieht.«
    Als die Gläser leer sind, gehe ich ins Hinterzimmer. Ich will mich von meinen Bildern verabschieden, bevor ich mich in einer Bar betrinke. Ein Mann steht vor ihnen und schaut sie an. Er trägt ein braunes Wolljackett und wischt sich den Schweiß von der Stirn, ohne den Blick von den Bildern abzuwenden.
    »Gefallen sie dir?«, frage ich.
    Er sieht mich an und entschuldigt sich auf Englisch mit deutschem Akzent. Obwohl ich die Frage schon bereue, wiederhole ich sie auf Deutsch.
    Er tritt zurück, damit er beide Bilder vergleichen kann.
    »Hast du die gemalt?«, fragt er auf Deutsch. Ich nicke, und sofort stellt er viele Fragen, einfache und technische. Welche Farbe ich benutzt habe, wie lange ich dafür gebraucht habe. Ich antworte, so gut ich kann. Er sagt, mein Deutsch sei gut, und dann fragt er, ob ich nicht woanders ein Bier mit ihm trinken wolle.
    Wir betreten das kühle Halbdunkel der Bar, ich bestelle zwei große Bier.
    »Ich wünschte, ich könnte dich einladen«, sagt der Deutsche. »Du solltest heute Abend nichts bezahlen. Aber ich habe meine Geldbörse verloren. Vielleicht liegt sie auch im Hotelzimmer, ich weiß es nicht.«
    Ich lege das Geld auf die Theke, und wir setzen uns in eine Ecke.
    Der Mann trinkt einen großen Schluck Bier, streckt die Hand aus und drückt meine.
    »Ulrich«, sagt er. »Wie du heißt, weiß ich ja.« Er zieht die Jacke aus und faltet sie zusammen. Große Schweißflecken kommen zum Vorschein. »Ich glaube, ich habe deine Frage noch nicht beantwortet: Ich finde deine Bilder wirklich gut.«
    Er säubert die Brille mit dem Hemd.
    »Das ist nur meine persönliche Meinung. Ich bin Jurist. Oder ich war Jurist. Aber ich wollte schon immer mit Kunst arbeiten.«
    Je mehr Bier ich spendiere, desto besser werden meine Bilder. Als ich auch noch Schnaps dazu bestelle, sind sie das Beste, was er seit Jahren gesehen hat. Kurz nach Mitternacht schlägt Ulrich mit der flachen Hand auf den Tisch, dass sich die Leute an den Nachbartischen umdrehen.
    »Ich will mehr davon sehen«, ruft er. »Du hast doch sicher noch mehr Bilder?«
    Ich stehe auf, merke erst jetzt, wie viel wir getrunken haben. Ulrich rempelt gegen geparkte Autos und löst mehrere Alarmanlagen aus. Wir gehen durch Petras Straße, ich weiß, dass sie auf mich wartet, und suche nach einer Ausrede, um zu ihr hinaufzugehen. Da höre ich ein lautes, metallisches Geräusch. Ulrich hat den Rückspiegel eines Autos abgerissen. Er hebt ihn auf und will ihn wieder einsetzen, kippt aber immer wieder um. Ich stütze ihn, und wir gehen über die Brücke.
    Ich schließe auf und bitte ihn, ruhig zu sein. Er hält den Finger vor den Mund und tut, als würde er schleichen.
    Ich mache das Licht an, Ulrich bleibt in der Tür stehen und betrachtet die Bilder, die mein Zimmer ausfüllen. Er flucht auf Deutsch und wirkt plötzlich viel klarer im Kopf.
    »Wir brauchen mehr Licht«, sagt er.
    Ich richte die Leselampe auf die Bilder, während er eins nach dem anderen nach vorne stellt und davor in die Hocke geht. »Standen da draußen nicht noch mehr?« Er schleppt sie herein, stellt sie aufs Bett und hält sie ins Licht.
    Wir sitzen auf dem Bett, er hat alle Bilder gesehen, wir teilen meine letzte Zigarette. »Du bist gut«, sagt er und zieht seine Krawatte aus.
    »Ich weiß nicht mehr, wo mein Hotel liegt, ist es in Ordnung, wenn ich hier schlafe?« Er wartet nicht auf die Antwort, faltet die Jacke als Kopfkissen zusammen und legt sich neben dem Bett auf den Boden. Sekunden später ist er eingeschlafen, seine Nasenlöcher pfeifen beim Atmen.
    Ich wache allein auf und nehme ein paar von Kaspers holländischen Pillen.
    Auf dem Tisch am Fenster lagen ein paar Banknoten und Münzen. Sie sind verschwunden. Auf der Rückseite einer Zugfahrkarte steht eine Nachricht für mich. Der Mann von gestern Abend entschuldigt sich vielmals und verspricht, dass ich das Geld wiederbekommen werde.

V or den Cafés werden die Gehwege mit Stühlen vollgestellt. Wer dort wohnt, muss sich zwischen Kaffee trinkenden Menschen hindurchquetschen. Wenige Wochen später breiten sich die Stühle bis auf die Straße aus.
    Die Kellner werden fast überfahren, wenn sie mit leeren Gläsern und vollen

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