Wie man die richtige Arbeit für sich findet
Anita damals noch mit ihrem Mann Gordon führte, bestand darin, die Lastwagenflotte der Firma für die Unterstützung von sozialen Zwecken zu benutzen. Einmal wurden beispielsweise an den Ladeflächen Fotos vermisster Personen und die Telefonnummer einer Helpline angebracht. Binnen weniger Wochen gingen über 30 000 Anrufe ein, und mehrere Vermisste wurden wiedergefunden. Im Jahre 1988 gründete Anita Roddick die Seifenfabrik Soapworks, die zugleich ein soziales Unternehmen war, in einem benachteiligten Viertel von Glasgow, so dass Firmengewinne in die Kommune zurückflossen. 1991 wurde mit Kapital aus der Body Shop Foundation die Gründung von Big Issue finanziert, einer Zeitung, die von Obdachlosen verkauft wird und von der heute in acht Ländern 300 000 Exemplare wöchentlich abgesetzt werden. The Body Shop gehörte auch zu den Pionieren des fairen Handels und arbeitete mit indigenen Kommunen in Brasilien und anderen Ländern zusammen, aus denen man die Inhaltsstoffe für seine Produkte im Direktvertrieb bezog. Später benutzte Anita Roddick das Unternehmen für Kampagnen, die auf die Lage des Volkes der Ogoni aufmerksam machen sollten, dessen Lebensgrundlagen Shell durch seine Ölförderung im Nigerdelta zerstörte.
In den Jahrzehnten, die Anita Roddick ihre Firma leitete, zog sie – und viele ihrer Angestellten – Erfüllung und Zufriedenheit aus der radikalen sozialpolitischen Ausrichtung des Unternehmens. In der Privatwirtschaft steckt also ein enormes Potential für diejenigen, die eine sinnvolle, auf Werten beruhende Berufstätigkeit anstreben. Aber nicht so hastig. Sogar eine so außergewöhnliche, charismatische – und dominante – Frau wie Anita Roddick konnte mit ihrer Firma nicht überleben, ohne erhebliche ethische Kompromisse einzugehen.
»Der Börsengang und die Aktienausgabe war einer meiner größten Fehler«, räumte sie später ein. Die gegenüber Anteilseignern, Investoren und Unternehmensmanagement entstandenen Verpflichtungen wurden schließlich so groß, dass sie das moralische Fundament von The Body Shop angriffen. Erste Probleme traten in den neunziger Jahren auf, als das obere Management sich Roddicks Kampagne gegen den Krieg am Persischen Golf mit dem Argument widersetzte, dies würde dem Absatz schaden. Externe Unternehmensberater krempelten die Struktur der Firma um, um sie profitabler zu machen, was den Spielraum für soziale Initiativen einengte. Nachdem Roddick Ende der Neunziger von ihrem Posten als CEO zurücktrat – manche behaupten, sie sei aus dem Unternehmen gedrängt worden –, verlor The Body Shop sein ethisches Rückgrat. Heute gehört die Firma zur Unternehmensgruppe L’Oréal und legt bestenfalls Lippenbekenntnisse zu den Werten ab, denen es einst verpflichtet war.
Es ist eine lehrreiche Geschichte über die Konflikte, die entstehen können, wenn man Geld verdienen und zugleich etwas verändern will: Unternehmertum und ethische Grundsätze gehen nicht leicht zusammen.
Statt auf eine harmonische Verbindung des Strebens nach Geld und nach Werten zu setzen, sollten wir vielleicht lieber versuchen, Werte und Talente zusammenzubringen. Dieser Gedanke knüpft an Aristoteles an, dem der Satz zugeschrieben wird: »Wo deine Talente und die Bedürfnisse der Welt sich kreuzen, dort liegt deine Berufung.« Vielleicht ist das der nützlichste Rat für die Berufswahl aus den vergangenen dreitausend Jahren – Anita Roddick hätte ihn vermutlich unterschrieben. Vielleicht wollen wir ja alle unsere individuellen Begabungen und Fähigkeiten für die Lösung der großen sozialen, politischen und ökologischen Probleme unserer Zeit einsetzen und glauben nur, es gäbe keine ethischen Berufe, in denen unsere Talente und unser Sachverstand gefragt sind. Berufliches Knowhow lässt sich aber fast überall für Veränderungen nutzen: Wir können unsere Marketing-Kenntnisse in der Arbeit für eine Fastfood-Kette oder für eine in der Krebsforschung tätige Stiftung anwenden; wir können unsere Erfahrung in der betrieblichen Rechnungsführung einer Investmentbank oder einer karitativen Stiftung anbieten. Letzten Endes sind wir es, die das entscheiden.
– Wo kreuzen sich Ihre Talente und die Bedürfnisse der Welt?
Wie man Leidenschaften und Talente einsetzt
Ethische Arbeit ist, wie wir gerade gesehen haben, ein intrinsisch interessanter Weg zu einem guten Leben, eine zweite Option ist die Fokussierung auf die eigenen Leidenschaften und Talente. Vergessen Sie Geld, beruflichen Status
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