Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)
kann ich doch wohl eine Mauerblockade kriegen.«
Orinda geht in die Küche, nimmt das Nudelholz aus dem Schrank, geht zurück ins Wohnzimmer und haut es Big Jake mit solcher Wucht auf den Schädel, daß der mit vierunddreißig Stichen wieder zusammengeflickt werden muß.
Big Jake hat nie wieder eine Mauerblockade gehabt.
Falls Sie jemals jemanden getroffen haben, der unter einer Schreibblockade »litt«, dann werden Sie wissen, daß diese Leute einem alle möglichen Geschichten erzählen, wie sie dasitzen und auf ein leeres Blatt Papier oder auf ihren Computerbildschirm starren und einfach nichts zustande bekommen, so sehr sie sich auch bemühen. Damit wollen sie sagen, wenn sie dieses Problem nicht hätten, würden sie Meisterwerke produzieren. Aber ihr Genie steht ihnen im Weg. Sie werden von ihrer eigenen menschlichen Schwäche behindert, weil sie sich mit nichts Geringerem zufriedengeben als mit dem Abbild der Perfektion, die sie im Kopf haben (ihr Anspruch ist eben soviel höher als der von uns nicht blockierten Sterblichen, die Scheiße schreiben), aber es will einfach nicht heraus.
Es ist wohl offenkundig, welchen Zweck die Schreibblockade für diese Leute erfüllt. Sie erlaubt ihnen, auf der einen Seite Mitgefühl für diese furchtbaren Qualen zu erheischen und sich andererseits als Genie auszugeben, ohne jemals der Öffentlichkeit etwas vorgelegt zu ha - ben.
Lassen Sie sich von solchen Leuten nicht einwickeln.
Jedesmal wenn ich eine dieser gequälten Seelen treffe, sage ich, ich hätte eine andere Umschreibung für Schreibblockade: F-E-I-G-L-I-N-G.
Der blockierte Autor hat keine Angst vor Erfolg oder Mißerfolg. Er hat Angst davor, daß seine Arbeit nicht seinen eigenen Ansprüchen genügen wird. Doch bei wem tut sie das schon? Um solche Fallen zu vermeiden, also nicht die Zeit verrinnen zu lassen oder von einer Schreibblockade behindert zu werden, sollten Sie das Schreiben so betrachten, wie ein richtiger Maurer seinen Job betrachtet. Schreiben ist ein Job. Er verlangt Zeit und Mühe, genau wie jeder andere Job. Setzen Sie sich Ziele. Bei drei Seiten pro Tag schaffen Sie in drei Monaten einen Romanentwurf von zweihundertsiebzig Seiten.
Das Schreiben eines Romans ist ein zweistufiger Prozeß. In der ersten Stufe wird er entworfen, in der zweiten wird dieser Entwurf korrigiert. Schreiben und überarbeiten. Erst entwerfen, dann redigieren. Ein großer Teil der sogenannten Schreibblockaden resultiert aus einer Verwechslung dieser beiden Prozesse. Fangen Sie nicht an zu redigieren, bevor Sie alles
hingeschrieben haben. Wenn Sie den Entwurf schreiben, blicken Sie nicht zurück. Schalten Sie den Redakteur in Ihrem Kopf ab.
Nehmen Sie sich vor, daß Sie nie in die Falle der Unproduktivität geraten werden. Von jetzt an werden Sie schreiben, schreiben, schreiben, schreiben, schreiben - jeden Tag der Woche und jede Woche im Jahr.
Und um es gut zu machen, sollten Sie mit Leidenschaft schreiben. Das ist das Thema des letzten Kapitels.
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SCHREIBEN MIT LEIDENSCHAFT
WARUM ES NIEMALS BESSER WAR ALS HEUTE, SCHRIFTSTELLER ZU SEIN
Autoren sind gut dran. Wir leben im Informationszeitalter, und die Ware des Autors ist Information. In der gesamten Geschichte der Menschheit hat es nie eine bessere Zeit gegeben, Schriftsteller zu sein, als gerade jetzt.
Ein Grund dafür ist die Erfindung der Textverarbeitung sowie schneller und qualitativ hochwertiger Drucker. Redigieren, Text einfügen oder verschieben war ein Alptraum, als Autoren noch auf Tontafeln oder mit Feder, Füller oder Kugelschreiber auf Papier oder mit der Schreibmaschine schrieben. Jetzt braucht man dafür nur noch ein paar lustige Symbole anzuklicken. Wenn einem in den alten Zeiten (die eigentlich erst ein paar Jahre zurückliegen) ein Abschnitt in einem fertigen Entwurf nicht gefiel, konnte man ihn nicht ändern, ohne das
ganze Manuskript neu zu schreiben. Heutzutage zack zack zack - und schon hat man es geändert und neu ausgedruckt, bevor man auch nur WordPerfect 3.1 sagen kann.
Ein weiterer Grund, warum es die bisher beste Zeit in der Geschichte ist, Schriftsteller zu sein, liegt darin, daß es heute mehr Hilfe im kreativen Bereich gibt als je zuvor. In den Vereinigten Staaten bieten mehr als sechshundert Colleges und Universitäten Kurse für Krea - tives Schreiben an. Außerdem gibt es unzählige private Selbsthilfegruppen für Autoren. In den Buchhandlungen gibt es jede Menge Bücher über das Schreiben. Und überall im Lande werden
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