Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)
keine große Mühe gegeben. Ich hatte wohl mit den schlechtesten Notendurchschnitt in der Geschichte meiner High School. Die beste Note bekam ich im Fahrunterricht. Natürlich überhäuften mich die Colleges nicht gerade mit Stipendienangeboten. Schließlich habe ich noch nicht einmal mit meiner Klasse zusammen den Abschluß geschafft.
Das machte mir allerdings nicht viel aus. Ich bekam einen Job als Verkäufer in einem Büdchen und belegte ein paar Abendkurse in Englischer Literatur - wahrscheinlich um herauszubekommen, was denn so mit meinen Schriftstellerkonkurrenten wie D.H. Lawrence und Herman Melville los war. Ich achtete nicht sehr auf das, was die Dozenten sagten - schließlich wußte ich es ja besser als sie - und bekam schlechte Noten, was mich nicht im mindesten entmutigte. Ich beging natürlich Todsünde Nummer sechs: falscher Lebensstil. Mein Vater, der merkte, daß ich ein hoffnungsloser Träumer war, war verzweifelt. Er hielt meinen Wunsch, Romanschriftsteller zu werden, sowieso für ein bißchen verrückt. Er wollte, daß ich Zahnarzt werde oder Versicherungsvertreter. Oder Banker, so wie er. Irgend etwas, das Zukunft hatte.
Ich zog aus dem Norden des Staates New York nach Kalifornien, um weiter meinen Phantasien nachhängen zu können, einen verdammt guten Roman zu schreiben, berühmt zu werden und mich auf meine Jacht zurückzuziehen, noch bevor ich fünfundzwanzig wäre.
Statt dessen wurde ich Maschinenbaulehrling auf der Werft der U.S.-Marine in Vallejo, Kalifornien. Ich mußte schließlich etwas essen, während ich auf den Ruhm wartete, und das war der einzige Job, den ich bekommen konnte. Allmählich schlich sich ein bißchen Rea - litätssinn in mein verschwommenes Bewußtsein.
Während meiner Lehre mußte ich einen Abendkurs in Englisch am örtlichen Junior College besuchen. Ich machte einen für mich vernichtenden Einstufungstest, wonach ich in die unterste Klasse für Armleuchter mußte. Ich war natürlich entrüstet. Meine Mitschüler waren zum größten Teil erst kürzlich von den Philippinen ausgewanderte Immigranten, deren Muttersprache Tagalog war. Rasch stellte ich fest, daß sie mehr über englische Grammatik wußten als ich. Deshalb beschloß ich, mich endlich einmal auf den Hosenboden zu setzen und ein bißchen was zu lernen. Da ich ja schon bald größer sein würde als Hemingway, könnte es vielleicht ganz sinnvoll sein, ein bißchen was über die Technik zu wissen. Und mein Genie zu vergrößern.
Während dieser Jahre konnte ich nicht viel schreiben: Todsünde Nummer sieben. Im Grunde hatte ich, als ich dreiundzwanzig war, überhaupt noch nichts geschrieben. Ich lernte gerade, wie man U-Boote baut, Golf und Poker spielt und Bier trinkt. Schließlich schrieb ich eine Kurzgeschichte und schickte sie an die Literaturzeitschrift, die das Junior College seit kurzem herausgab. Von sechs Einsendungen wurden fünf veröffentlicht. Ganz recht, meine wurde abgelehnt.
Ich war am Boden zerstört. Schließlich begann mir in meinem Spatzenhirn zu dämmern, daß ich nicht der nächste Hemingway sein würde. Das war 1965. Ich schrieb nichts Literarisches mehr, bis ich 1969 meinen Bachelor of Arts machte. Dann begann ich mit meinem ersten Roman. Ich war zu einem Entschluß gekommen. Da Kurzgeschichten offensichtlich nicht meine Sache waren, würde ich mich bemühen, Romanschriftsteller zu werden. Darin würde ich alles investieren.
Als erstes versuchte ich, in ein Graduiertenprogramm für Kreatives Schreiben zu kommen. Ich versuchte es bei den großen und beliebten Universitäten wie lowa, Irvine, San Francisco State, the University of California at Davis und so weiter. Es waren insgesamt zehn oder zwölf, und alle haben mich abgelehnt.
Manchmal taten diese Ablehnungen so weh, daß ich einige Tage, eine Woche oder sogar einen ganzen Monat nichts schrieb. Ich hatte noch nicht gelernt, daß Ablehnungen zum Handwerk gehören, und beging Todsünde Nummer fünf: ich verlor den Glauben an mich.
Während der nächsten Jahre habe ich zwar nicht sämtliche Fehler gemacht, die ein
angehender Romanschriftsteller machen kann, aber ein paar schwere. Und einige davon hatten es richtig in sich. So schrieb ich die falsche Sorte Bücher. Ernsthafte, philosophische Werke, voller Existenzangst und überladen mit Symbolen, von denen ich keinen Schimmer hatte, für was sie stehen sollten. Also Todsünde Nummer zwei: der Versuch, literarisch zu sein. Wenn ich gute Ratschläge bekam, versuchte ich gar nicht
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