Wie man Freunde gewinnt
Angestellten, seinem Kind oder auch zu seinem Ehepartner, er sei für gewisse Dinge zu dumm, zu ungeschickt oder unbegabt und mache alles völlig falsch, so erstickt man damit in ihm jeden Versuch im Keim, es jemals besser zu machen. Wendet man jedoch die entgegengesetzte Taktik an, indem man den andern kräftig ermuntert, die zu bewältigende Aufgabe als leicht hinstellt und ihm zu spüren gibt, daß man Vertrauen in seine Fähigkeiten hat und sogar eine ausgesprochene Begabung auf dem betreffenden Gebiet in ihm vermutet - dann wird er bis zum Morgengrauen üben, um der Vorstellung gerecht zu werden, die wir uns von ihm machen.
Genau dieser Methode bediente sich jeweils auch Lowell Thomas, ein wahrer Meister im Umgang mit Menschen. Er baute sie buchstäblich auf, gab ihnen Mut, Zuversicht und Selbstvertrauen. Als ich einmal ein Wochenende bei Lowell Thomas und seiner Frau verbrachte, forderten sie mich am Samstag abend zu einer freundschaftlichen Bridgepartie vor dem knisternden Kaminfeuer auf. Ich und Bridge? O nein! Von Bridge verstand ich nichts. Dieses Spiel war für mich immer ein unlösbares Rätsel gewesen. Nein! Unmöglich!
«Aber, Dale, das ist doch gar nicht schwierig», hielt mir Lowell entgegen. «Du brauchst weiter nichts dazu als ein gutes Gedächtnis und ein bißchen Überlegung. Du hast doch Artikel darüber geschrieben, wie wichtig ein gutes Gedächtnis ist. Für dich ist Bridge ein Kinderspiel. Du bist direkt dazu prädestiniert.»
Ehe ich wußte, wie mir geschah, saß ich zum erstenmal in meinem Leben an einem Bridgetisch. Nur weil mir jemand gesagt hatte, ich hätte dafür eine natürliche Begabung und das Spiel sei für mich überhaupt nicht schwer.
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Apropos Bridge - das erinnert mich an Ely Culbertson. Seine Bücher über Bridge wurden in ein Dutzend Sprachen übersetzt und erreichten eine Auflage von über einer Million. Dabei erzählte er mir, daß er nie im Leben aus diesem Spiel einen Beruf gemacht hätte, hätte ihm nicht eine gewisse junge Dame versichert, daß er eine ausgesprochene Begabung dafür besitze.
Als er 1922 in die Staaten kam, bemühte sich Culbertson vergeblich um eine Stelle als Lehrer für Philosophie und Soziologie. Schließlich versuchte er sich als Vertreter für Kohlen, später für Kaffee. Beides ohne Erfolg.
Wohl hatte er gelegentlich Bridge gespielt, aber daß er jemals Bridgeunterricht erteilen könnte, wäre ihm damals nicht im Traum eingefallen. Er war nicht nur ein schlechter Spieler, er war außerdem eigensinnig, stellte zu viele Fragen und nachträglich so viele Überlegungen an, daß niemand mit ihm spielen mochte.
Da lernte er Josephine Dillon, eine hübsche Bridgelehrerin kennen, verliebte sich in sie und heiratete sie. Josephine fiel auf, wie sorgfältig Culbertson seine Karten studierte, und sie überzeugte ihn davon, daß er ein angehender Meister am Kartentisch sei. Diese Aufmunterung allein war schuld daran, wie mir Culbertson später sagte, daß er beschloß, Bridge zu seinem Beruf zu machen.
Clarence Jones berichtete, wie durch Ermunterung und Bestärkung darin, daß er seine Fehler spielend leicht verbessern könne, das Leben seines Sohnes völlig verändert wurde. «1970
kam mein Sohn David zu mir nach Cincinnati. Er war damals fünfzehn Jahre alt und hatte bis dahin kein leichtes Leben gehabt. 1958 hatte er bei einem Autounfall eine offene Kopfwunde erlitten, die auf der Stirn eine unschöne Narbe zurückließ. 1960 wurden seine Mutter und ich geschieden, und er ging mit ihr nach Texas. Bis zu seinem fünfzehnten Lebensjahr hatte er die meiste Schulzeit in Sonderklassen verbracht. Vielleicht, weil die Schulbehörde aufgrund seiner
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Narbe glaubte, er hätte einen Hirnschaden und vermöchte dem normalen Unterricht nicht zu folgen. Er war zwei Jahre hinter seiner Altersgruppe zurück, also erst in der siebten Klasse. Aber er beherrschte das Einmaleins immer noch nicht, brauchte zum Zählen die Finger und konnte kaum lesen.
Doch es gab einen großen Pluspunkt. Er bastelte liebend gern an Radio- und Fernsehapparaten. Er wollte Fernsehtechniker werden. Ich bestärkte ihn in diesem Vorhaben und betonte, er müsse für eine solche Ausbildung rechnen können. Ich beschloß, ihm zu helfen. Wir beschafften uns vier Kartenspiele mit lauter Rechenaufgaben: Multiplikationen, Divisionen, Additionen und Subtraktionen. Löste David die auf der Karte gestellte Aufgabe richtig, wurde die Karte abgelegt. Wußte er die richtige Antwort nicht,
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