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Wie man Freunde gewinnt

Wie man Freunde gewinnt

Titel: Wie man Freunde gewinnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Carnegie
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Persönlichkeit:
    «Ich habe herausgefunden, daß es etwas vom Wichtigsten ist, daß ich mir erlaube, den andern zu verstehen. Sie finden die Wahl meiner Worte vielleicht seltsam. Ist es nötig, daß man es sich erlaubt, einen andern Menschen zu verstehen? Ich finde es.
    Unsere erste Reaktion auf die meisten Äußerungen (die wir von andern Leuten zu hören bekommen) ist viel eher eine Bewertung oder Beurteilung als ein Verstehen. Wenn jemand eine Empfindung, eine Einstellung oder eine Meinung äußert, neigen wir fast unmittelbar zu einer gefühlsmäßigen Reaktion wie ‹das stimmt) oder ‹das ist dumm›, ‹das ist abnormal», ‹das ist unvernünftig), ‹das ist falsch), ‹das ist nicht nett›. Nur selten erlauben wir es uns, genau zu verstehen, welche Bedeutung seine Äußerung für den andern hat.»
    Ich habe einmal einen Innendekorateur damit beauftragt, in meiner Wohnung einige neue Vorhänge anzubringen. Als er mir
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    die Rechnung dafür schickte, hielt ich den Atem an.
    Einige Tage später besuchte mich eine Bekannte und besah sich die Vorhänge. Ich nannte ihr den Preis, worauf sie mit einer Spur von Schadenfreude ausrief: «Was? Der Mensch ist wohl wahnsinnig? Der hat Ihnen ja nicht schlecht das Fell über die Ohren gezogen.»
    Was sie sagte, stimmte. Aber wenige Leute hören gerne die Wahrheit über ihre eigene Urteilsfähigkeit. Und da ich auch nur ein Mensch bin, fing ich an, mich zu verteidigen. Ich wies sie darauf hin, daß das Beste selten das Billigste sei und daß man Qualität und künstlerischen Geschmack nirgends für einen Spottpreis bekommen könne und so weiter und so fort.
    Am folgenden Tag kam zufällig eine andere Bekannte vorbei.
    Sie bewunderte die Vorhänge und war ganz außer sich vor Begeisterung und meinte, sie wollte, sie könnte sich ein so exklusives Material für ihr Heim leisten. Darauf reagierte ich nun ganz anders und sagte: «Ehrlich gestanden kann ich es mir selber nicht leisten. Ich habe viel zuviel dafür bezahlt und bereue es, daß ich sie überhaupt bestellt habe.»
    Haben wir unrecht, so geben wir es vor uns selber manchmal zu. Manchmal sogar vor andern, sofern sie sich freundlich und taktvoll benehmen. Dann sind wir stolz auf unsere Offenheit und Großzügigkeit. Entreißen aber lassen wir uns das Geständnis unseres eigenen Irrtums unter keinen Umständen.
    Horace Greeley, der berühmteste amerikanische Journalist zur Zeit des Bürgerkrieges, bekämpfte Lincolns Politik aufs heftigste. Er bildete sich ein, daß er durch Beweise, Spott und Beschimpfungen Lincolns Einstellung andern könne. Monat für Monat, Jahr für Jahr griff er ihn unerbittlich an. Er schrieb sogar noch in jener Nacht, als Lincoln von Booth erschossen wurde, eine erbarmungslose, harte und sarkastische Attacke gegen den Präsidenten.
    Aber alle diese Angriffe konnten Lincoln nicht umstimmen.
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    Mit Spott und Beschimpfungen kann man einen Menschen niemals von einem Irrtum überzeugen.
    Wenn Sie wissen wollen, wie man mit Menschen umgehen und sich selber verhalten muß, dann lesen Sie Benjamin Franklins Memoiren - eine der großartigsten Autobiographien, die je geschrieben worden sind und ein klassisches Werk der amerikanischen Literatur.
    Benjamin Franklin erzählt darin, wie er selber die üble Gewohnheit der Rechthaberei überwunden und sich zu einem der geschicktesten, höflichsten und diplomatischsten Menschen umerzogen hat.
    Als er noch ein unbesonnener junger Mann war, nahm ihn eines Tages ein alter Quäkerfreund beiseite und gab ihm ein paar bittere Tatsachen zu schlucken:
    «Ben, du bist unmöglich. Jedem, der nicht mit dir einiggeht, teilst du geistige Ohrfeigen aus. Niemand hat mehr Lust, mit dir zu diskutieren, und deine Freunde finden, daß sie sich besser unterhalten, wenn du nicht dabei bist. Du weißt so viel, daß du dir von keinem etwas sagen läßt. Es versucht schon gar keiner mehr, denn er würde sich damit doch nur Unannehmlichkeiten bereiten. Aber auf diese Weise wirst du nie im Leben mehr lernen, als du jetzt schon weißt - und das ist herzlich wenig.»
    Wie Ben Franklin auf diesen schmerzlichen Tadel seines Freundes reagierte, ist bewundernswert. Er war klug genug, einzusehen, daß der Mann die Wahrheit gesprochen hatte und daß ihm sein Verhalten unweigerlich berufliche und gesellschaftliche Schwierigkeiten bereiten würde. Folglich machte er kehrt und legte sein anmaßendes und eigensinniges Benehmen ab.
    «Ich machte es mir zur Regel, den Ansichten anderer

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