Wie man mit einem Lachs verreist
enthielt fünfzig Minibouteillen Whisky, Gin, Drambuye, Courvoisier, Grand Marnier und Calvados, acht Flaschen Perrier, zwei Flaschen Vitelloise und zwei Evian, drei Halbliterflaschen Champagner, diverse Dosen Stout, Pale Ale, deutsches und holländisches Bier, italienischen und französischen Weißwein sowie
Erdnüsse, Salzstangen, Mandeln, Schokolädchen und Alka
Seltzer. Kein Platz für meinen Lachs.
Ich öffnete zwei geräumige Fächer, packte den ganzen Inhalt des Kühlschranks hinein, versorgte den Lachs und vergaß ihn.
Als ich am nächsten Tag gegen vier zurückkam, lag der Lachs auf dem Tisch und der Kühlschrank war wieder randvoll mit teuren Spirituosen. Ich öffnete die zwei Fächer und sah, daß alles, was ich tags zuvor dort versteckt hatte, noch da war. Ich rief in der Rezeption an und sagte, man möge dem
Etagenpersonal bitte ausrichten, wenn es den Kühlschrank leer finde, sei das nicht, weil ich alles getrunken hätte, sondern wegen dem Lachs. Man antwortete mir, die Information müsse in den Zentralcomputer eingespeist werden - auch weil der
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größte Teil des Personals kein Englisch spreche und keine mündlichen Aufträge annehmen könne, sondern nur solche in Basic.
Ich machte zwei weitere Fächer auf, packte erneut den ganzen Inhalt des Kühlschranks hinein und versorgte wieder meinen Lachs. Tags darauf um vier lag der Lachs wieder auf dem Tisch und roch schon etwas verdächtig.
Der Kühlschrank war bis zum Rand voller Flaschen und
Fläschchen, und die vier Fächer erinnerten mich an den
Panzerschrank eines »Speakeasy« während der
Prohibitionszeit. Ich rief in der Rezeption an und erfuhr, es habe leider erneut einen Zwischenfall mit dem Computer gegeben.
Ich läutete nach dem Etagenkellner und versuchte, meinen Fall einem Typ zu erklären, der die Haare zu einem Knoten im Nacken zusammengebunden trug. Aber er sprach nur einen
Dialekt, der, wie mir ein Anthropologe später erklärte, in Kefiristan zu der Zeit gesprochen wurde, als Alexander der Große die schöne Roxana heimführte.
Am nächsten Morgen ging ich die Rechnung bezahlen. Sie war astronomisch. Ihr zufolge hatte ich in zweieinhalb Tagen mehrere Hektoliter Veuve Cliquot, zehn Liter Scotch
verschiedener Marken, darunter einige rare Malts, acht Liter Gin, fünfundzwanzig Liter Perrier und Evian nebst einigen Flaschen San Pellegrino getrunken und so viele Fruchtsäfte, daß es gereicht hätte, sämtliche von der Unicef betreuten Kinder am Leben zu erhalten, dazu Mandeln, Crackers und Erdnüsse in solchen Mengen verdrückt, daß ein Mitwirkender bei der Autopsie des Personals aus dem „Großen Fressen“ sich übergeben hätte. Ich versuchte den Fall zu erklären, aber der Angestellte versicherte mir lächelnd mit betelgeschwärzten Zähnen, der Computer habe es so registriert. Ich verlangte nach einem Advokaten, und man brachte mir eine Avocado.
Mein Verleger tobt jetzt und hält mich für einen Schmarotzer.
Der Lachs ist ungenießbar. Meine Kinder sagen, ich solle nicht soviel trinken.
(1986)
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Wie man ein Inventar erstellt
Die Regierung verspricht, man werde bald etwas tun, um die Autonomie der Universitäten zu sichern. Im Mittelalter waren die Universitäten autonom und funktionierten besser als heute.
Die amerikanischen Universitäten, von deren Perfektion so fabelhafte Dinge erzählt werden, sind autonom. Die deutschen Universitäten sind von den Bundesländern abhängig, aber regionale Regierungen sind beweglicher als
Zentralverwaltungen, und bei vielen Fragen, wie etwa der Berufung von Professoren, ratifiziert die Landesregierung nur noch pro forma, was die Universität beschlossen hat. In Italien läuft ein Wissenschaftler Gefahr, wenn er aufdeckt, daß das Phlogiston nicht existiert, am Ende Axiomatik des Phlogistons zu lehren, denn ist der Begriff erst einmal in die ministeriellen Listen gelangt, kann er nur noch geändert werden um den Preis langwieriger Verhandlungen zwischen sämtlichen Hochschulen des ganzen Landes, dem Obersten Wissenschaftsrat, dem
Ministerium und einigen anderen Behörden, deren Namen mir entfallen sind.
Die Forschung schreitet voran, wenn jemand einen Weg sieht, den vorher niemand gesehen hatte, und ein paar andere Leute mit großer Entscheidungsfreiheit beschließen, ihm Glauben zu schenken. Bedarf es aber, um einen Stuhl in Sterzing zu verrücken, erst einer Entscheidung in Rom, nach Anhörung von Chivasso, Terontola, Afragola, Montelepre und Decimomannu, so
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