Wie man mit einem Lachs verreist
seine
Vorstellungskraft bemüht, um sich einen Führerschein bildlich vor Augen zu halten: ein Büchlein von zwei bis drei Seiten, mit Foto, aus schlechtem Papier. Diese Büchlein werden nicht in Fabriano hergestellt wie die bibliophilen Kostbarkeiten von Franco Maria Ricci, sie werden nicht handgepreßt von
erlesenen Spezialisten, sie können in jeder beliebigen Klitsche gedruckt werden, und seit Gutenbergs Zeiten ist die westliche Zivilisation in der Lage, Zigtausende davon in wenigen Stunden zu produzieren.
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Was also hindert uns, sie in genügender Menge verfügbar zu halten, das Foto des Opfers einzukleben und sie, warum nicht, per Münzautomaten zu verteilen? Was geschieht in den
labyrinthischen Gängen der zuständigen Behörde?
Wir alle wissen, daß ein Rotbrigadist imstande ist, in wenigen Stunden Dutzende von falschen Führerscheinen zu fabrizieren -
und man beachte, daß es mühsamer ist, einen falschen zu fabrizieren als einen echten. Also: Wenn wir nicht wollen, daß brave Bürger, denen ihr Führerschein abhanden gekommen ist, übelbeleumdete Bars frequentieren in der Hoffnung, dort Kontakte mit den Roten Brigaden zu knüpfen, gibt es nur eine Lösung: die »reuigen« Rotbrigadisten in den
Führerscheinämtern anzustellen. Sie haben das nötige Know-how, sie haben genügend Zeit, Arbeit macht frei, wie man weiß, auf einen Schlag werden viele Gefängniszellen verfügbar, Personen, die bei erzwungener Untätigkeit in gefährliche Allmachtsphantasien zurückfallen könnten, leisten
gesellschaftlich nützliche Dienste, sowohl dem Bürger mit vier Rädern als auch dem Hund mit sechs Beinen wäre gedient.
Aber vielleicht ist das alles zu einfach gedacht. Ich sage, hinter dem mysteriösen Mangel an Führerscheinen steckt die finstere Hand einer auswärtigen Macht.
(1982)
Wie man Gebrauchsanweisungen befolgt
Gewiß hat jeder schon mal in einer italienischen Bar unter jenen Zuckerdosen gelitten, bei denen, sobald man den Löffel herauszuziehen versucht, der Deckel wie eine Guillotine herunterknallt und den Löffel hochspringen läßt, so daß der Zucker ringsum über alle Anwesenden verstreut wird. Gewiß hat jeder schon mal in solchen Momenten gedacht, daß der Erfinder dieser Höllenmaschine in ein Straflager gehört. Statt dessen genießt er jetzt vermutlich die Früchte seiner Untat an einem exklusiven Privatstrand. Der amerikanische Humorist Shelley Berman hat einmal vorausgesagt, als nächstes werde
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jener Zeitgenosse ein Sicherheitsauto erfinden, bei dem die Türen sich nur von innen öffnen lassen.
Ich habe jahrelang einen Wagen gefahren, der in vieler Hinsicht hervorragend war, nur daß er den Aschenbecher des Fahrers an der linken Tür hatte. Wie jeder weiß, hält man beim Fahren die linke Hand am Lenkrad, während die rechte frei bleibt, um den Schaltknüppel usw. zu bedienen. Wenn man beim Fahren raucht (was man nicht tun sollte, ich weiß), hält man die Zigarette in der rechten Hand. Um die Asche mit der rechten Hand im Aschenbecher links neben der linken Schulter
abzustreifen, muß man eine komplexe Operation vollführen und den Blick für den Bruchteil einer Sekunde von der Straße abwenden. Wenn der Wagen, wie es bei meinem der Fall war, hundertachtzig schafft, impliziert diese Operation das Risiko, sich der Sodomie mit einem Lastzug zu versündigen. Der
Erfinder dieser Teufelei war ein Profi, der den Tod vieler Menschen verursacht hat, nicht an Raucherkrebs, sondern infolge Aufpralls auf Fremdkörper.
Ich vergnüge mich seit einiger Zeit mit der Prüfung diverser Textverarbeitungssysteme für Computer. Wer eins von diesen Systemen kauft, erhält ein Paket mit Disketten, die
Gebrauchsanweisung und die Benutzerlizenz, das Ganze
kostet je nach Fabrikat zwischen ein- und dreitausend Mark, und man kann sich die Bedienung entweder von einem
Instrukteur der Firma erklären lassen oder das Handbuch studieren. Der Instrukteur ist gewöhnlich instruiert vom Erfinder der oben erwähnten Zuckerdose, es empfiehlt sich daher, mit einer Magnum auf ihn zu schießen, sobald er einen Fuß in die Wohnung setzt. Man kriegt dafür rund zwanzig Jahre
Zuchthaus, mit einem guten Anwalt auch weniger, aber man hat Zeit gewonnen.
Schlimm wird es, wenn man das Benutzerhandbuch studiert -
und meine Beobachtungen betreffen jedes beliebige Handbuch für jedes beliebige Fabrikat. Ein Benutzerhandbuch für
sogenannte »Personalcomputer« präsentiert sich als ein
schwerer
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